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Schaumburger Wochenblatt , 10.08.2011 :

Mit Party-Meile gegen Rechtsextreme / Deutlich weniger Teilnehmer erscheinen zum Trauermarsch / Gegner protestieren lautstark

Bad Nenndorf (bb). Mit einer Reihe von Privatfeiern haben Nenndorfer Bürger eine Möglichkeit gefunden, direkt an der Strecke des so genannten "Trauermarsches" ihren Protest gegen die Kundgebung der Rechtsextremen bunt und vernehmlich zu äußern. Rund 580 Teilnehmer der Rechten waren am Sonnabend zu dem Zug durch die Bahnhofstraße zum Wincklerbad angetreten, deutlich weniger als im Vorjahr.

Die Polizei wertete ihren Großeinsatz in Bad Nenndorf als Erfolg.

Als mehrere Mannschaftswagen der Polizei weit vor Beginn des "Trauermarsches" durch die Bahnhofstraße rollten, wurden die Beamten von den Teilnehmern einer Privatparty im Parkhotel mit "La-Ola-Wellen" begrüßt. Anschließend tanzten die Feiernden zu Pop-Rhythmen auf der Straße. Es waren diese Privatveranstaltungen direkt an der bunt geschmückten Bahnhofstraße, welche die Atmosphäre beim Aufmarsch der Rechtsextremisten in der Kurstadt gegenüber den Vorjahren merklich veränderten.

Zum sechsten Mal hatten diese zu einem so genannten "Trauermarsch" zum Wincklerbad aufgerufen, das in der Nachkriegszeit von den britischen Besatzungstruppen als Internierungslager genutzt worden war. Rund 2.000 Polizisten sicherten Bahnhof und Kundgebungsroute großräumig ab, um Zusammenstöße zwischen Rechtsextremisten und gewaltbereiten Gegendemonstranten zu vermeiden. Etwa 580 Kundgebungsteilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet sammelten sich bis zur Mittagszeit nach Angaben der Polizei am Bahnhof. Dies waren deutlich weniger als im Vorjahr, als etwa 1.000 Rechtsextreme in die Kurstadt kamen. Am frühen Nachmittag setzte sich der Zug in Bewegung und geriet auf der Bahnhofstraße in eine Party-Meile, organisiert von Bürgern aus Nenndorf und den umliegenden Gemeinden. Eine Reihe von Veranstaltern hatten Privatfeiern für den Kundgebungstag angemeldet, die Teilnehmer tanzten und sangen auf verschiedenen Grundstücken längs der bunt geschmückten Kundgebungsstrecke. Fröhliche Musik und geschwenkte Fähnchen, später auch Konfetti-Regen begleiteten die in weißen Hemden und dunklen Hosen bei Trommelklang marschierenden Rechtsextremen. Kurz vorm Wincklerbad empfingen Tröten und Vuvuzelas die Kolonne, von der Atmosphäre eines Trauerzuges konnte vor dem Hintergrund der Privatpartys keine Rede sein. "Ihr solltet euch schämen", kommentierte Marcus Winter, einer der Redner der Rechtsextremisten, vor dem Wincklerbad den lautstarken Protest der Bad Nenndorfer. Die Ansprachen während der Kranzniederlegung wurden von Rufen wie "Nazis raus" oder "Geschichtsbücher lesen" der Kundgebungsgegner begleitet. Dreimal forderte die Polizei die mit Vuvuzelas ausgerüsteten Protestierer auf, die Lautstärke zu senken. Als dies nicht erfolgte, wurde diese "Spontanversammlung" von den Ordnungshütern angewiesen, sich 150 Meter vom Kundgebungsort der Rechten vor dem Wincklerbad zu entfernen. Nach der Kranzniederlegung marschierten die Extremisten zurück zum Bahnhof.

In einer Pressemeldung bewertete die Polizeiinspektion Nienburg-Schaumburg den Gesamteinsatz als Erfolg. Die im Vorfeld mit protestierenden Bad Nenndorfern getroffenen Absprachen seien eingehalten worden, insbesondere bei den Privatfeiern.

Bei einem insgesamt ruhigen "Einsatzverlauf", hätten die Beamten punktuell eingreifen müssen. So hätten 150 auswärtige Gegendemonstranten morgens versucht, im Bereich der Horster Straße die Kontrollstellen zu umgehen. Daran seien die mit Bussen Angereisten von der Polizei gehindert worden. Einer der Rechtsextremisten habe versucht einen Pressefotografen auf dem Bahnhofsvorplatz zu attackieren. Polizeibeamte hätten den Angriff verhindert und ein Strafverfahren eingeleitet.


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