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Nachrichten , 10.08.2011 :

Tages-Chronologie von Mittwoch, 10. August 2011

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www.hiergeblieben.de - Zusammenfassung - Mittwoch, 10. August 2011


Am 6. Oktober 2011 werden an der Wall- und der Obernstraße in Stadthagen Stolpersteine für die ermordeten Mitglieder der jüdischen Familien Rosenfeld und Philippsohn verlegt.

Eine heute veröffentlichte Zuschrift in der Neuen Westfälischen, weist daraufhin, dass die Villen Hecht und Ruben in Lübbecke für die "Arisierung" jüdischen Eigentums stehen.

Vom 23. August bis zum 2. September 2011 wird eine Gruppe aus Lippe für 9 Tage auf dem jüdischen Friedhof Birzai in Litauen arbeiten, um ihn ein wenig dem Vergessen zu entreißen.

Am 14. August 2011 findet eine öffentliche Führung durch die Dauerausstellung "Ideologie und Terror der SS" in der Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933 - 1945 statt.

Am 14. Juli 2011 sprach der Historiker Moritz Pfeiffer über das Thema "Meine Großeltern, die Nazis? - Eine exemplarische Familiengeschichte" vor 80 Zuhörenden im Kreismuseum Wewelsburg.

Am 4. September 2011 lädt der Ortsverband Espelkamp des revanchistischen "Bund der Vertriebenen" (BdV) zum "Tag der Heimat" mit dem Hauptredner Rudi Pawelka aus Königswinter ein.

Am 6. August 2011 wurden mindestens 120 Menschen, die gegen den neonazistischen "Trauermarsch" in Bad Nenndorf protestieren wollten, auf einem Feld von der Polizei stundenlang eingekesselt.

Am 6. August 2011 protestierten über 1.200 Menschen mit einer Demonstration und zahlreichen Privat-Partys gegen den neonazistischen "Trauermarsch" in Bad Nenndorf.

Am 8. August 2011 kritiserte der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn die unzureichende Versorgung von Flüchtlingen mit psychischen Krankheiten in Ostwestfalen-Lippe.

Am 9. August 2011 wurden in der Gemeinde Augustdorf drei Banner zur Begrüßung für Kriegsheimkehrer "an markanten Punkten", eines "am Nordtor der Kaserne", aufgehängt.

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Stadthagen: Verlegung von Stolpersteinen am 6. Oktober 2011

Am 6. Oktober 2011 werden an der Wall- und der Obernstraße in Stadthagen Stolpersteine für die ermordeten Mitglieder der jüdischen Familien Rosenfeld und Philippsohn verlegt. Darüber berichtet heute, am 10, August 2011, die Online-Ausgabe der Schaumburger Nachrichten.

Demnach hatte der Arbeitskreis "Geschichte der Juden in Stadthagen" des Fördervereins ehemalige Synagoge im Herbst 2010 mit den Recherchearbeiten für eine "Stolperstein"-Aktion in Stadthagen begonnen.

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Lübbecke: Arisierung der Villen Hecht und Ruben

Eine heute, am 10. August 2011, veröffentlichte Zuschrift in der Neuen Westfälischen, weist daraufhin, dass die Villen Hecht und Ruben in Lübbecke für die Geschichte der "Arisierung" jüdischen Eigentums stehen.

Die Zuschrift bezieht sich auf die erste Folge der Serie "Markante Bauwerke" ("Kaufmannsvillen bergen ein bewegtes Stück Stadtgeschichte") in der Ausgabe der Neuen Westfälischen vom 8. August 2011.

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Litauen / Kreis Lippe: Jüdischer Friedhof Birzai

Vom 23. August bis zum 2. September 2011 wird eine Gruppe aus Lippe für 9 Tage auf dem jüdischen Friedhof Birzai in Litauen arbeiten, um ihn ein wenig dem Vergessen zu entreißen. Über das Projekt der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe e.V. berichtet heute, am 10. August 2011, die Lippische Landes-Zeitung.

Informationen im Internet: www.r-schleysing.de

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Büren-Wewelsburg: Führung durch die Dauerausstellung "Ideologie und Terror der SS"

Am 14. August 2011 findet eine öffentliche Führung durch die Dauerausstellung "Ideologie und Terror der SS" in der Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933 - 1945 statt. Darüber berichtet heute, am 10. August 2011, die Neue Westfälische.

Die Dauerausstellung bietet - ausgehend von den Ereignissen 1933 bis 1945 in und um Wewelsburg - eine umfangreiche museale Gesamtdarstellung der Geschichte der SS und ihrer Verbrechen. Während der Führung werden Geschichte und Struktur der SS, ihr Personal und dessen Ideologie und Selbstverständnis sowie die zahlreichen Verbrechen der SS thematisiert. Das Schicksal der Opfer der SS-Gewalt wird am Beispiel des Konzentrationslagers Niederhagen-Wewelsburg verdeutlicht.

Informationen im Internet: www.wewelsburg.de

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Büren-Wewelsburg: Nationalsozialismus und Familiengeschichte

Am 14. Juli 2011 sprach der Historiker und wissenschaftliche Volontär des Kreismuseums Wewelsburg Moritz Pfeiffer über das Thema "Meine Großeltern, die Nazis? - Eine exemplarische Familiengeschichte". Darüber berichtet heute, am 10. August 2011, die Neue Westfälische.

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Espelkamp: Mit revanchistischer Tradition nie gebrochen - "Tag der Heimat"

Am 4. September 2011 lädt der Ortsverband Espelkamp des revanchistischen "Bund der Vertriebenen" (BdV) zum "Tag der Heimat" mit dem Hauptredner Rudi Pawelka aus Königswinter ein.

Rudi Pawelka ist der Bundesvorsitzenden der "Landsmannschaft Schlesien".

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Bad Nenndorf: Polizeikessel verhindert Protest gegen neonazistischen "Trauermarsch"

Am 6. August 2011 wurden mindestens 120 Menschen, die gegen den neonazistischen "Trauermarsch" in Bad Nenndorf protestieren wollten, auf einem Feld an der Horster Straße von der Polizei stundenlang eingekesselt. Darüber berichtet heute, am 10. August 2011, die Schaumburger Zeitung.

Demnach wurde zwei Bussen aus Hannover und Göttingen die Teilnahme an den Protesten faktisch verweigert, wogegen ein Rechtsanwalt nun Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben will.

Informationen im Internet: www.badnenndorf.blogsport.de

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"Trauermarsch" - Müde NS-Nostalgiker

Am 6. August 2011 protestierten über 1.200 Menschen mit einer Demonstration und zahlreichen Privat-Partys gegen den neonazistischen "Trauermarsch" in Bad Nenndorf. Darüber berichtet heute, am 10. Augsu 2011, das Schaumburger Wochenblatt.

Zum sechsten Mal in Folge seit dem Jahr 2006 zogen Neonazis durch Bad Nenndorf, um an angebliche "Kriegs- und Nachkriegsverbrechen" der Alliierten zu erinnern. Innerhalb der Szene erwies sich die Demonstration allerdings erneut als Rückschlag.

Demnach nahmen anstelle der bis zu erwarteten 1.200, nur 640 Neonazis und NS-Nostalgiker an der demonstrativen NS-Verherrlichung teil, die von 2.000 Polizistinnen und Polizisten geschützt wurde.

Informationen im Internet: www.bad-nenndorf-ist-bunt.com

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Ostwestfalen-Lippe: Unzureichende Versorgung von Flüchtlingen

Am 8. August 2011 kritiserte der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn die unzureichende Versorgung von Flüchtlingen mit psychischen Krankheiten in Ostwestfalen-Lippe. Darüber berichtet heute, am 10. August 2011, die Neue Westfälische.

Da es kein spezielles Beratungszentrum für Flüchtlinge mit psychischen Krankheiten in OWL gibt, wird der Auf- und Ausbau von örtlichen Netzwerken von Beraterinnen und Beratern, Behörden sowie psychotherapeutischem Fachpersonal vorgeschlagen.

Auch die Möglichkeit, aus einer Gemeinschaftsunterkunft in eine Privatwohnung zu ziehen, trage wesentlich dazu bei, dass sich die "äußere" Sicherheit vor allem von depressiven Flüchtlingen verbessere.

Nähere Informationen auf: www.caritas-paderborn.de

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Augustdorf / Afghanistan: Willkommen an der Heimatfront

Am 9. August 2011 wurden in der Gemeinde Augustdorf drei Banner zur Begrüßung für Kriegsheimkehrer "an markanten Punkten", eines "am Nordtor der Kaserne", aufgehängt. Darüber berichtet heute, am 10. August 2011, die Lippische Landes-Zeitung.

Am 21. Juli 2011 hatte der Rat der Gemeinde Augustdorf mehrheitlich beschlossen, die vom Kriegseinsatz in Afghanistan zurückkehrenden Soldatinnen und Soldaten feierlich zu empfangen.

Zur Zeit befinden sich 1.300 Soldaten und Soldatinnen der Panzerbrigade 21 "Lipperland" aus der nach einem "Wegbereiter des Holocaust" (Guido Knopp) benannten Augustdorfer "General-Feldmarschall-Rommel-Kaserne" im Kriegseinsatz in Afghanistan.

Am 19. Juli 2011 hatte die Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen beantragt, alle Institutionen der Bundeswehr, deren Namensgeber an den NS-Vernichtungskriegen beteiligt waren, umzubenennen. Ausdrücklich namentlich dabei genannt ist die "General-Feldmarschall-Rommel-Kaserne" in Augustdorf.

Spiegel Online, 22.05.2007: Wüstenfuchs als Wegbereiter des Holocaust

Von Jan Friedmann

Selbst seinen Gegnern galt Feldmarschall Rommel als Inbegriff des Gentleman-Kriegers, sein Afrika-Feldzug als vergleichsweise harmloser Ritt eines Haudegens durch den heißen Wüstensand. Eine Fernsehdokumentation korrigiert das strahlende Bild.

Wäre dem Vorzeigekämpfer Erwin Rommel mit seinen Truppen der Durchmarsch durch Nordafrika geglückt, so die These des zweiteiligen ZDF-Films*, hätte er die Juden ausgerechnet dort der Vernichtung anheim gegeben, wohin viele vor dem Terror geflohen waren: in Palästina, auf dem Gebiet des späteren Staates Israel.

Pläne, den Holocaust auf den Nahen Osten auszudehnen, waren in der deutschen Führung weit gediehen, wie zwei Stuttgarter Historiker unlängst herausfanden**. Dabei gingen die NS-Oberen und arabische Nationalisten, die die jüdischen Einwanderer zurück ins Meer treiben wollten, eine unheilvolle Allianz ein - eine mörderische Variante deutsch-arabischer Freundschaft, die auf gemeinsamen Juden-Hass gründete.

Die Juden des Orients zitterten vor den Siegen Rommels. Dieser nahm nach Eroberung der britischen Festung Tobruk in Libyen im Juni 1942 den Suez-Kanal ins Visier, auf dem Weg nach Palästina und zu den Ölfeldern des Mittleren Ostens. "Wer das Judentum bekämpft, kann immer mit den Sympathien der arabischen Bevölkerung rechnen", hieß es in einem Informationsheft, mit dem der Generalstab des deutschen Heeres die eigenen Soldaten auf die Eroberung Palästinas vorbereitete.

"Heil Rommel" als Gruß in der arabischen Welt

Der Massenmörder Hitler wurde in weiten Teilen der arabischen Welt gefeiert, Zeitungen verglichen ihn sogar mit dem Propheten. Fast ebenso populär wie der Führer selbst war dessen Lieblingssoldat, "Heil Rommel" ein geläufiger Gruß in der arabischen Welt.

Von den Deutschen versprachen sich viele Araber die Befreiung vom Joch der Fremdbestimmung durch die alten Kolonialmächte England und Frankreich - Hitler hatte vorgemacht, wie man die Fesseln des Versailler Vertrags abschüttelt. Schon nach dem Sieg der Deutschen über Frankreich im Jahr 1940 waren Schmählieder gegen Franzosen und Briten durch die Straßen von Damaskus geschallt: "Nie mehr Monsieur, nie mehr Mister, im Himmel Allah, auf Erden Hitler."

Die "Vernichtung des im arabischen Raum lebenden Judentums" sei sein Ziel, versicherte Adolf Hitler dem Großmufti von Jerusalem, Muhammed Amin al-Husseini bei einem Treffen im November 1941. Eigentlich hegte der Führer rassistische Vorbehalte gegen Araber. Er verweigerte deshalb dem obersten islamischen Rechtsgelehrten Palästinas den Handschlag und schlug empört den Vorschlag des Dolmetschers aus, den Besucher mit Gesten der Gastfreundschaft nach arabischem Vorbild zu gewinnen: Er lasse nicht zu, "dass überhaupt jemand im Hauptquartier Kaffee" trinke, wütete der Koffein-Feind Hitler.

Muslimische Kämpfer in der SS

Doch ideologisch zeigte sich das Regime flexibler: Der Mufti, ein späterer Förderer von Palästinenser-Führer Yassir Arafat, wurde von den Deutschen mit einem Budget von 75.000 Reichsmark pro Monat ausgestattet, um vom Berliner Exil aus den Dschihad in seiner Heimat zu steuern.

Die SS nahm sogar muslimische Freiwillige auf, denen Heinrich Himmler persönlich zugestand, dass sie auf Schweinefleisch und Alkohol verzichten dürften. Die Muslime des Balkans schlug Himmler kurzerhand den "rassisch wertvollen" Völkern Europas zu. In Sachsen wurde ein eigenes "Imamen-Institut" eingerichtet.

Doch das deutsch-arabische Bündnis erschöpfte sich nicht in Skurrilitäten. Die Luftwaffe bombardierte mehrfach jüdische Siedlungen; auch am damaligen Irak-Krieg nahmen deutsche Soldaten teil - auf Seiten der Freischärler gegen die Briten.

Sonderkommando plante den Juden-Mord

Im Rücken des Afrikakorps plante ab Juli 1942 ein Sonderkommando den Massenmord an den Juden. Angeführt wurde es von SS-Obersturmbannführer Walther Rauff. Der erfahrene Vernichtungsexperte hatte die mobilen Gaswagen mit erfunden, die beim Ostfeldzug zum Einsatz kamen.

Rauff und sein Gefolge waren ermächtigt, "in eigener Verantwortung gegenüber der Zivilbevölkerung Exekutivmaßnahmen zu treffen", im Nazi-Jargon die Direktive zu Mord, Raub und Versklavung. Mit dem wortgleichen Brandbefehl waren die Häscher in der Sowjetunion losgezogen.

Den Juden in Zion blieb dieses Schicksal erspart: Im Oktober 1942 gelang es den Alliierten schließlich, den deutschen Vormarsch bei der ägyptischen Bahnstation El Alamein zu stoppen. Der militärische Mythos Rommel war damit entzaubert. Der Wüstenfuchs musste seine geschlagene Armee nach Tunesien evakuieren, zurück an den Startpunkt des Afrika-Feldzuges. Dort hielt das geschlagene Korps auf Befehl Hitlers noch bis zum Mai 1943 einen Brückenkopf.

In Tunesien errichtete das Einsatzkommando ein System von Arbeitslagern. Über 2.500 tunesische Juden starben in sechs Monaten deutscher Herrschaft, auch die Wehrmacht beteiligte sich an Exekutionen.

Rauffs Schergen erbeuteten Silber, Juwelen und sakrale Gegenstände, allein der Jüdischen Gemeinde auf der Insel Djerba wurden 43 Kilogramm Gold abgepresst. Die SS schaffte das Beutegut außer Landes und versenkte die wertvolle Fracht im Meer, um sie zu verstecken, vermutlich vor der Küste Korsikas. Dort zieht der unentdeckte "Rommel-Schatz" seither Generationen von Schatzsuchern an.

Dass Rommels Name nicht direkt mit noch größeren Verbrechen verbunden ist, dafür sorgte allein das Scheitern seiner Offensiv-Strategie. Rommel wurde nach Italien und später nach Frankreich beordert, wo er Kontakte zu den Hitler-Attentätern des 20. Juli mit dem Leben bezahlte.

Der saubere Krieg in Nordafrika sei "eine Legende", betont Filmautor Jörg Müllner, auch wenn Rommel selbst kein Rassenfanatiker gewesen sei: "Er ebnete mit seinen Siegen den Weg für die Vernichtungsmaschinerie." Der ehrgeizige Militär habe nur den eigenen Kriegsruhm im Sinn gehabt, an die Folgen seines Feldzugs habe er keinen Gedanken verschwendet.

* Rommels Krieg, Rommels Schatz, von Jörg Müllner und Jean-Christoph Caron, am 22. und 29. Mai 2007 im ZDF.

** Klaus-Michael Mallmann, Martin Cüppers: "Halbmond und Hakenkreuz. Das Dritte Reich, die Araber und Palästina". WBG, Darmstadt; 288 Seiten.

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Artikel-Einträge in der Datenbank:


Schaumburger Nachrichten Online, 10.08.2011:
Arbeitskreis / Erinnerung im Alltag

Neue Westfälische 13 - Lübbecke (Altkreis), 10.08.2011:
"Villen stehen auch für Rassenhass"

Lippische Landes-Zeitung, 10.08.2011:
Interview / "Ein Zeichen der Versöhnung" / Gertrud Wagner über ihren Arbeitseinsatz auf einem jüdischen Friedhof in Litauen

Neue Westfälische 14 - Paderborn (Kreis), 10.08.2011:
Die Geschichte endet nicht 1945

Neue Westfälische 14 - Paderborn (Kreis), 10.08.2011:
"Meine Großeltern, die Nazis" / Moritz Pfeiffer und seine exemplarische Familiengeschichte

Neue Westfälische 13 - Lübbecke (Altkreis), 10.08.2011:
62. Tag der Heimat im Bürgerhaus

Schaumburger Zeitung, 10.08.2011:
120 Protestler von Gegendemo ausgeschlossen

Schaumburger Wochenblatt, 10.08.2011:
Bürger beweisen bunt und friedlich Zivilcourage / Braun wird die Kehrseite gezeigt / Jede Menge "La-Olas" für ein gutes Gelingen / Hand in Hand gegen Aufmärsche

Schaumburger Wochenblatt, 10.08.2011:
Mit Party-Meile gegen Rechtsextreme / Deutlich weniger Teilnehmer erscheinen zum Trauermarsch / Gegner protestieren lautstark

Schaumburger Wochenblatt, 10.08.2011:
Die Gegendemonstranten geben gemeinsam den Ton an

Neue Westfälische 14 - Paderborn (Kreis), 10.08.2011:
Caritas hat Situation der Flüchtlinge im Blick / Studie: Jeder vierte hat psychische Probleme

Lippische Landes-Zeitung, 10.08.2011:
Grüße an die Soldaten / Banner in Augustdorf

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Schaumburger Nachrichten Online, 10.08.2011:

Arbeitskreis / Erinnerung im Alltag

10.08.2011 - 22.08 Uhr

Wenn am Donnerstag, 6. Oktober, an der Wall- und der Obernstraße neue, besondere Pflastersteine verlegt werden, dann geht für Florian Grumblies, Jürgen Lingner, Gerd Klugmann und ihre Mitstreiter ein arbeitsreiches Jahr zu Ende.

Stadthagen (aw). Im Herbst 2010 hatte der Arbeitskreis "Geschichte der Juden in Stadthagen" des Fördervereins ehemalige Synagoge mit den Recherchearbeiten für eine "Stolperstein"-Aktion in Stadthagen begonnen. "Unser Vorstand hat das nach langer Überlegung beschlossen", erklärte Lingner.

Das Haus an der Wallstraße 3 gehörte einst der Familie Rosenfeld. Großmutter Bertha, Irma, ihr Mann Wilhelm und Tochter Liesel Rosenfeld lebten dort bis zu ihrer Deportation. Man habe sich bewusst für eine ganz normale Familie entschieden, so Lingner, um zu zeigen, wie weit verbreitet und alltäglich die Juden-Verfolgung war.

"Wir wollten auch auf das Schicksal von Menschen aufmerksam machen, die nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen", so Grumblies. Zugleich ist Liesel Rosenfeld die jüngste, Bertha die älteste deportierte Stadthägerin. Nach Kriegsende kehrte Irma Rosenfeld nach Stadthagen zurück und versuchte, ihr Eigentum wieder zu bekommen - mit geringem Erfolg. 1948 wanderte sie in die USA aus.

Flora Philippsohn wohnte bis zu ihrem Abtransport gemeinsam mit ihrem Mann und den Söhnen Bernhard und Julius an der Obernstraße 17. Sie starb 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt. Ihr Sohn Julius, der mit einer arischen Frau verheiratet war, praktizierte später als Arzt in Ronnenberg. Zu seinem Sohn, der in Garbsen lebte, hatte der Arbeitskreis bis zu dessen Tod vor rund sechs Monaten engen Kontakt. Flora Philippsohns Urenkelin will zur Verlegung der Stolpersteine kommen.

Um die Geschichte dieser Menschen aufzuarbeiten, befragte der Arbeitskreis auch fünf Zeitzeugen. Allerdings, erklärte Grumblies, seien diese Gespräche nicht so erfolgreich gewesen wie erhofft. Viele Zeitzeugen seien schlicht zu alt und vermischten Erinnerung mit Gehörtem oder Gelesenem.

Abhilfe schaffte dagegen der Gang in die Archive, das Staatsarchiv Bückeburg und das Hauptstaatsarchiv in Hannover. Dort sind in den vergangenen zehn Jahren Entschädigungsakten eingegangen, bis vor einigen Jahren gesperrte Unterlagen des hannoverschen Oberfinanzpräsidenten aus der NS-Zeit und Rückerstattungsakten aus der Zeit nach 1945, die erst vor Kurzem von den Behörden abgegeben wurden. "Daraus haben wir die Biografien für die Stolpersteine entnommen", sagte Grumblies.

Maßgebend in Sachen Literatur zur Juden-Verfolgung in Stadthagen während der NS-Diktatur sind Grumblies zufolge ein Artikel aus dem "Handbuch der jüdischen Gemeinden" und Friedrich Bartels’ "Juden in Stadthagen". Letztgenanntes ist allerdings vergriffen, weshalb der Arbeitskreis nach den Worten Lingners darüber nachdenkt, das Buch in einer aktualisierten Form neu herauszubringen.

Bildunterschrift: Das Bild zeigt Wilhelm Rosenfeld (Dritter von rechts) bei seiner Deportation auf der Enzer Straße am 10. November 1938, dem Tag nach der Reichspogromnacht. Wer das Foto machte, ist nicht bekannt.

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Neue Westfälische 13 - Lübbecke (Altkreis), 10.08.2011:

"Villen stehen auch für Rassenhass"

Lübbecke (nw). Zur ersten Folge der Serie "Markante Bauwerke" (NW vom 8. August) merkt ein Leser aus Lübbecke an:

Die Serie begann mit einem "bewegenden Stück Stadtgeschichte", wie der Autor Thomas Merten schreibt. Allerdings bedarf der Text einiger Richtigstellungen und Ergänzungen.

Richtig ist, dass beide Unternehmer-Villen für eine erfolgreiche Wirtschaftsgeschichte in Lübbecke stehen. Sie stehen aber auch für eine Geschichte von Rassenhass, Mord, Enteignung ("Arisierung" jüdischen Eigentums unter Druck durch Dirks) und Vertreibung. Das sollte deutlicher berichtet werden! So erzählte vor Jahren Marianne Ruben (verheiratete Miriam Schimoni, Tel Aviv) von ihren Schrecken und Ängsten, als in der Pogromnacht NS-Schergen die Villa verwüsteten. Sie hatte sich, als Stiefel ihr Kinderzimmer zertraten, zusammengekauert unter ihrem Bett versteckt. Die Eltern flüchteten mit ihr und dem Bruder Thomas nach England. Die Mutter, übrigens 1903 geboren, studierte nicht Jura sondern Soziologie und promovierte in Hamburg zum Dr. phil.

Der Firmengründer Nathan Ruben, von dem es in dem Text diskriminierend heißt, er habe "einen florierenden Hausierhandel" aufgebaut, wurde 1848 als jüdischer Neubürger in Lübbecke vereidigt. Seine Profession wird in der Stadtchronik mit "Leinen- und Drellhändler" angegeben. In der Bürgerrolle der Stadt ist er als "Handelsmann" verzeichnet.

Abschließend seien allen, die sich mit der Geschichte der Jüdischen Kultusgemeinde befassen wollen, die Veröffentlichungen von Dieter Zassenhaus und Volker Beckmann empfohlen. Eine gute Zusammenfassung bietet auch Alexander Räber "Vom Peststein zum Holocaust". Hier und im Anhang von Max Lazarus "Erinnerungen" findet man auch Angaben über die in den KZs Ermordeten, unter anderem der Familie Hecht: Hedwig und Hermann Hecht (in Minsk ermordet), Max Hecht (in Theresienstadt gestorben) und Klara Hecht (in Minsk ermordet).

Gerd H. Nahrwold
Lübbecke

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Lippische Landes-Zeitung, 10.08.2011:

Interview / "Ein Zeichen der Versöhnung" / Gertrud Wagner über ihren Arbeitseinsatz auf einem jüdischen Friedhof in Litauen

18 Lipper brechen im August zu einem Projekt ins litauische Städtchen Birzai auf. Dort wollen sie den verwahrlosten jüdischen Friedhof pflegen.

Detmold. Bis zum Zweiten Weltkrieg waren etwa 40 Prozent der Einwohner Birzais jüdischen Glaubens. Über das Projekt berichtet Gertrud Wagner von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.

Frau Wagner, wie sind Sie darauf gekommen, sich ausgerechnet der Pflege eines jüdischen Friedhofs in Litauen zu widmen?

Gertrud Wagner: Nach unserem ersten Besuch 2003 waren wir 2010 erneut in Birzai bei der kleinen reformierten Gemeinde zu Gast. Wie schon acht Jahre zuvor ist uns wieder der große, aber verwahrloste jüdische Friedhof aufgefallen. Da kam uns die Idee, etwas für die Pflege der Grabstätte zu tun. Das Projekt soll auch ein Zeichen der Versöhnung sein.

Mit Versöhnung meinen Sie die von Deutschen während des Zweiten Weltkriegs begangenen Verbrechen in Litauen?

Wagner: Ja. Das Projekt soll ein Anstoß zur Erinnerung an die jüdischen Menschen und die dunkle deutsch-litauische Geschichte sein. Auch Litauer haben die Deutschen damals bei der Juden Verfolgung unterstützt. Das litauische Parlament hat zwar in diesem Jahr zur Erinnerung an die jüdische Geschichte aufgerufen, trotzdem sind Verfolgung und Vernichtung der Juden in Litauen immer noch ein Tabuthema.

Warum ist das so?

Wagner: Litauen hat nicht nur unter der deutschen Besatzung, sondern auch unter der späteren stalinistischen und sowjetischen Herrschaft gelitten. Das überstrahlt bis heute alles, was davor passiert ist. Das vermute ich, einer von mehreren Gründen, warum sich viele wie in Birzai bis jetzt kaum mit ihrer jüdischen Vergangenheit befasst haben.

Haben Sie keine Angst, als "deutsche Moralapostel" wahrgenommen zu werden, die als eigentliche Verursacher der Juden-Verfolgung jetzt den Menschen zeigen wollen, wie man "richtig" mit seiner Geschichte umgeht?

Wagner: Das ist einen hohe Bürde, über die wir aber intensiv gesprochen haben. Es wird viel von unserem Auftreten abhängen. Uns ist es aber wichtig, etwas zu tun. Und einiges haben wir mit unserem Projekt in Birzai ja schon bewirkt.

Was hat sich denn getan?

Wagner: Zum Beispiel hat eine litauische Schülergruppe bereits mit der Pflege angefangen. Die Bürgermeisterinnen Birzais sind von dem Projekt sehr angetan, die Gerätschaften stellt die Stadt. An einem von zwei Massengräbern in Birzai wird es bei unserem Aufenthalt eine Gedenkfeier geben, bei der auch Landessuperintendent Martin Dutzmann ein Gebet sprechen wird. Außerdem wird er bei einem Gottesdienst predigen und bei der Pflege des Friedhofs mitarbeiten.

Wie genau stellen Sie sich Ihre Arbeit dort vor?

Wagner: Wir wollen in erster Linie die Gräber von Unkraut und Sträuchern befreien. Zwei unserer Reisegruppe waren schon wieder in Birzai und haben mit dem Gartenbauamt der Stadt einen Plan für den Arbeitseinsatz erstellt.

Soll ihr Projekt eine einmalige Aktion bleiben?

Wagner: Nein. Eine Jugendgruppe der evangelischen Gemeinde Bergkirchen will den Friedhof in Birzai kommendes Jahr weiter pflegen.

Das Interview führte LZ-Volontär Patrick Bockwinkel.

Bildunterschrift: Auf nach Litauen: Gertrud Wagner zeigt auf die Stelle im Atlas, wo das litauische Städtchen Birzai liegt. Sie und 17 andere Lipper werden dort den jüdischen Friedhof pflegen.

Im Norden Litauens

Das Städtchen Birzai hat etwa 17.000 Einwohner und liegt im Norden Litauens an der Grenze zu Lettland. Bis zum Zweiten Weltkrieg waren etwa 40 Prozent der Einwohner Birzais Juden. Das Projekt zur Pflege des jüdischen Friedhofs dort wird von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Lippe und der Lippischen Landeskirche organisiert. Letztere trägt die Übernachtung und Verpflegung der 18 Reisenden, den Flug und den Bustransfer zahlen sie selbst.

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Neue Westfälische 14 - Paderborn (Kreis), 10.08.2011:

Die Geschichte endet nicht 1945

Büren-Wewelsburg. Besucher der Wewelsburg können am Sonntag, 14. August, mit Hilfe der Museumspädagogen die neue Dauerausstellung "Ideologie und Terror der SS" kennen lernen. Die Führung beginnt um 15 Uhr. Treffpunkt ist das Eingangsfoyer im ehemaligen Wachgebäude. Es handelt sich um die einzige museale Gesamtdarstellung der Geschichte und Verbrechen der SS. Inhaltlich endet sie nicht 1945, sondern beleuchtet die Aufarbeitung des SS-Terrors nach dem Krieg, die heutige Rezeption der Wewelsburg und das Nachkriegsleben von Tätern und Opfern.

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Neue Westfälische 14 - Paderborn (Kreis), 10.08.2011:

"Meine Großeltern, die Nazis" / Moritz Pfeiffer und seine exemplarische Familiengeschichte

Büren-Wewelsburg (NW). Das Foto zeigt ein glückliches Brautpaar in einer blumengeschmückten Hochzeitskutsche, er in der Uniform eines Leutnants der deutschen Wehrmacht, sie im typischen dunklen Kostüm der Kriegsjahre. Diese beiden jungen Menschen sind die Protagonisten, deren Erinnerungen an den Nationalsozialismus 60 Jahre später die Grundlage einer exemplarischen innerfamiliären deutschen Vergangenheitsaufarbeitung bilden sollten.

Wie haben die eigenen Eltern oder Großeltern den Nationalsozialismus erlebt? Was haben sie geglaubt, übersehen, mitverantwortet und erlitten? In seinem Vortrag vor rund 80 Zuhörern im Burgsaal der Wewelsburg stellte der Historiker Moritz Pfeiffer Methoden und Chancen einer wissenschaftlichen Recherche während seines Geschichtsstudiums anhand seiner mehrjährigen Spurensuche zur NS-Vergangenheit seiner Familie vor. Basis dafür waren die Erinnerungsinterviews und der Abgleich mit zeitgenössischen Quellen wie Urkunden, der Wehrmachts-Personalakte des Großvaters und den Kriegstagebüchern seiner entsprechenden Militäreinheit.

Der international bekannte Sozialpsychologe Harald Welzer referierte bereits des Öfteren in der Wewelsburg. Er geht davon aus die Deutschen erfreulich viel über den Nationalsozialismus wüssten. Die Verbrechen und die deutsche Verantwortung seien allgemein akzeptiert, die eigenen Vorfahren würden jedoch aus diesem historischen Kontext ausgeklammert. Sofern in deutschen Familien überhaupt über die Zeit zwischen 1933 und 1945 gesprochen würde, würden in der Wahrnehmung der Kinder und Enkel häufig aus ursprünglich systemkonformen Eltern oder Großeltern NS-kritische, manchmal gar dem Widerstand zugerechnete, Vorfahren. Eine repräsentative Umfrage 2002 durch Emnid habe diesen Befund bestätigt.

Das Wissen über Nationalsozialismus und Holocaust bezögen vor allen Dingen jüngere Menschen aus TV, Schule, Büchern und Zeitschriften. "Auf dem letzen Platz unter den Informationsquellen rangieren die familieninternen Zeitzeugen", so Pfeiffer.

In ihrer Durchschnittlichkeit und Normalität seien seine Großeltern ein gutes Beispiel dafür, wie sehr Nationalsozialismus, seine Verheißungen, Parolen und Inszenierungen von der breiten Gesellschaft angenommen, und wie letztlich auch seine Ausgrenzung und Verbrechen im Beisein, Mitwirken und Wegschauen der "ganz normalen Deutschen" verübt wurden.

Sprachen die Großeltern in ihren Erinnerungen der Propaganda für Großereignisse wie die Olympischen Spielen eine große Bedeutung zu, so maßen sie den Medien im Bezug auf die Berichterstattung zur Verfolgung der jüdischen Bevölkerung, wie etwa. der Pogromnacht, keine besondere Wirkung bei. Ein anderer Widerspruch zeigte sich bei der Befragung zu Exekutionsbefehlen in der 6. Armee, der der Großvater angehörte. In seiner Erinnerung ging es hier ausschließlich um SS-Befehle nur für SS-Einheiten. So habe sich zunächst bei beiden Befragten eine konsequente Abwehr persönlicher Schuld und eine Verharmlosung der eigenen Rolle gezeigt. Die Parteimitgliedschaft der Großmutter wurde zum Beispiel verschwiegen. "Wo die schlimmen Sachen" passierten, seien sie nicht gewesen.

Diese Analyse seines Wissensstandes bezüglich des Juden-Mords entspricht auch einer Auswertung von Gesprächen von Wehrmachtssoldaten, die in alliierter Gefangenschaft abgehört wurden. Sie belegen, dass die Ermordung der Juden offensichtlich zum allgemeinen Kenntnisstand von Wehrmachtssoldaten aller Waffengattungen gehörte.

Selbst zurückhaltende Schätzungen gehen heute von 20 bis 25 Millionen deutschen "Mitwissern" des Holocausts aus, bei insgesamt 200.000 Täterinnen und Tätern.

Bildunterschrift: Auf Spurensuche: Moritz Pfeiffer in der Wewelsburg.

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Neue Westfälische 13 - Lübbecke (Altkreis), 10.08.2011:

62. Tag der Heimat im Bürgerhaus

Espelkamp (Kas). Zum "Tag der Heimat" lädt der Bund der Vertriebenen (BdV) am Sonntag, 4. September, 15 Uhr, ins Bürgerhaus Espelkamp ein. Die Veranstaltung steht unter dem Leitwort: "Wahrheit und Dialog - Schlüssel zur Verständigung". Hauptredner ist Rudi Pawelka aus Königswinter. Er ist Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Schlesier. Die Heimatkapelle Rahden trägt das musikalische Rahmenprogramm.

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Schaumburger Zeitung, 10.08.2011:

120 Protestler von Gegendemo ausgeschlossen

Bad Nenndorf (tes). Die Zahl der Demonstranten gegen den Neonazi-Aufmarsch am Sonnabend hätte noch höher sein können. Den Insassen aus zwei Bussen aus Hannover und Göttingen ist die Teilnahme an den Protesten verweigert worden, berichtet Rechtsanwalt Sven Adam, der nun Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben will. Mindestens 120 Personen zwischen 14 bis 46 Jahren seien von der Polizei auf einem Feld an der Horster Straße stundenlang eingekesselt worden, darunter auch 20 Mitglieder der Grünen Jugend Niedersachsen.

Es sei eine "unhaltbare Schikane, mit welchen zweifelhaften Methoden über 100 Antifaschisten gekesselt und mehrere Stunden ohne validen Grund festgehalten" worden seien, rügt die Jugendorganisation der Grünen in einer Pressenotiz die "übertriebene Härte" gegen die Protestler. Die Gruppe war auf dem Weg vom Gymnasium zur DGB-Demo an der Polizeisperre gestoppt und mit anderen Gegendemonstranten eingezingelt worden. Warum, blieb lange Zeit unklar.

Erst auf Nachfrage habe die Polizei mitgeteilt, Auslöser sei eine Person gewesen, die dazu aufgefordert habe, Kontrollstellen zu umlaufen, erklärt der Göttinger Anwalt Adam. Das erfülle keinen Tatbestand und rechtfertige nicht, mehr als 120 Menschen stundenlang einzukesseln. "Das war ein bunt zusammengewürfelter friedlicher Haufen, kein Block von Autonomen", betont der Jurist. Menschlich geärgert habe ihn, dass die Polizei nur einen Versorgungswagen schickte, um die eigenen Kräfte zu versorgen. Die Durstigen im Kessel mussten zusehen. "Das ist perfide", berichtet er von Bad Nenndorfern, die den meist jungen Leuten helfen wollten, und von Sanitätern, die vergeblich darum baten, Wasser bringen zu dürfen.

"Wegen des Umdefinierens seitens der Polizei von einem Kessel zu einer Kontrollstelle ist die Verpflichtung weggefallen, Versorgung bereitzustellen, sodass die Gruppe bei 30 Grad bis zu fünf Stunden ohne ausreichend Wasser, Sonnenschutz und Toiletten ausharren musste", wird auch in der Mitteilung der Grünen Jugend die "rechtliche Grundlage" der Maßnahme bezweifelt.

"Dieser Kessel war völlig unverständlich für uns", bestätigt deren Sprecherin Lara Jil Dreyer, "zumal da einige von uns Einladungen zu privaten Feiern an der Bahnhofstraße hatten". Die Polizei habe zwar angeboten, dass die Jugendlichen nach einer selektiven Taschenkontrolle in kleinen Gruppen freiwillig umkehren können. "Aber wir sind nach Bad Nenndorf gefahren, um den friedlichen Protest zu unterstützen", erklärt sie.

Vielen sei in der prallen Sonne schwindelig geworden, einige litten unter Kreislaufproblemen. Erst als eine Anwältin der Grünen mit der Polizei gesprochen habe, seien schleppend kleine Gruppen herausgelassen worden.

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Schaumburger Wochenblatt, 10.08.2011:

Bürger beweisen bunt und friedlich Zivilcourage / Braun wird die Kehrseite gezeigt / Jede Menge "La-Olas" für ein gutes Gelingen / Hand in Hand gegen Aufmärsche

Bad Nenndorf (Ka). "Unser Kreuz hat keine Haken!", mit diesem Satz setzte der Oberlandeskirchenrat Rainer Kiefer während des Ökumenischen Gottesdienstes im Kurpark Maßstäbe gegen Rechts. Das Kreuz des Christentums symbolisiert die Verbundenheit des Menschen mit der Erde und den Mitmenschen. Genau diese Verbundenheit rief über 250 Bürger zum Gottesdienst. Keine Chance und kein Platz für Nazis in Bad Nenndorf, das machte die Stadt eindrucksvoll bei der Zusammenkunft an der Musikmuschel, bei der Kundgebung am Vortag und bei der Gegendemonstration deutlich.

Bereits am Freitag schmückten die Bürger ihre Vorgärten und Häuser mit buntem Equipment. Plüschtiere, Regenschirme, Bänder, Fahnen, Plakate, Krawatten, Tücher und Girlanden zierten die Bahnhofstraße und standen federführend für eine bunte, weltoffene, tolerante und vielfältige Stadt. "Bunt statt Braun" war in großen Lettern auf dem Asphalt zu lesen und über der Straße wehten Banner, die der rechten Szene den Ausgang auf nimmer wiedersehen wiesen. Mit der Kundgebung am Wincklerbad, einen Tag vor dem so genannten "Trauermarsch" der Nazis, richtete Steffen Holz vom DGB aufklärende, Samtgemeindebürgermeister Bernd Reese informative und Marina Jalowaja von der Jüdischen Gemeinde mahnende auch stärkende Worte des Zusammenhaltes an die Bürger.

Die erfolgreiche Bildung einer Menschenkette bis zum Bahnhof wurde mit einer La-Ola-Welle und viel Applaus quittiert. Die Teilnehmer vermittelten mit dieser Haltung eindeutig, dass sie geschlossen und Hand in Hand gegen die Aufmärsche der Nazis sind. Dem Rechtsextremismus den Rücken kehren und hingegen die schönen Feste ausgelassen feiern, wie sie fallen, war das Bündnis-Ziel "Bad Nenndorf ist bunt". Vom Hochzeitstag über eine Geburtstagsparty bis hin zu einem Berufsjubiläum tanzten, sangen und feierten zahlreiche Gäste mit gut gewählter Musik, um den vorbeimarschierenden Nazis das wahre Bad Nenndorfer Leben vor Augen zu führen. Kein Platz für Braun, dafür viel Raum für ein buntes Leben, mit dieser Feiertagsstimmung hatte die rechte Szene nicht gerechnet.

Irritiert und stur zogen sie an der Musik und den Party-Veranstaltungen vorbei. Rund 2.000 Polizisten, wie auch ein Großaufgebot des Deutschen Roten Kreuzes und der Freiwilligen Feuerwehr sorgten für die Sicherheit der Bürger. Ihnen galt nach der friedlichen De¬monstration und dem überflüssigen Marsch der Rechten ein besonderes Dankeschön. Bad Nenndorf fordert eindringlich das Verbot von Nazi-Aufmärschen, um im nächsten Jahr weltoffen, demokratisch und solidarisch ohne menschenverachtende Parolen und Geschichtsverdrehungen zu feiern.

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Schaumburger Wochenblatt, 10.08.2011:

Mit Party-Meile gegen Rechtsextreme / Deutlich weniger Teilnehmer erscheinen zum Trauermarsch / Gegner protestieren lautstark

Bad Nenndorf (bb). Mit einer Reihe von Privatfeiern haben Nenndorfer Bürger eine Möglichkeit gefunden, direkt an der Strecke des so genannten "Trauermarsches" ihren Protest gegen die Kundgebung der Rechtsextremen bunt und vernehmlich zu äußern. Rund 580 Teilnehmer der Rechten waren am Sonnabend zu dem Zug durch die Bahnhofstraße zum Wincklerbad angetreten, deutlich weniger als im Vorjahr.

Die Polizei wertete ihren Großeinsatz in Bad Nenndorf als Erfolg.

Als mehrere Mannschaftswagen der Polizei weit vor Beginn des "Trauermarsches" durch die Bahnhofstraße rollten, wurden die Beamten von den Teilnehmern einer Privatparty im Parkhotel mit "La-Ola-Wellen" begrüßt. Anschließend tanzten die Feiernden zu Pop-Rhythmen auf der Straße. Es waren diese Privatveranstaltungen direkt an der bunt geschmückten Bahnhofstraße, welche die Atmosphäre beim Aufmarsch der Rechtsextremisten in der Kurstadt gegenüber den Vorjahren merklich veränderten.

Zum sechsten Mal hatten diese zu einem so genannten "Trauermarsch" zum Wincklerbad aufgerufen, das in der Nachkriegszeit von den britischen Besatzungstruppen als Internierungslager genutzt worden war. Rund 2.000 Polizisten sicherten Bahnhof und Kundgebungsroute großräumig ab, um Zusammenstöße zwischen Rechtsextremisten und gewaltbereiten Gegendemonstranten zu vermeiden. Etwa 580 Kundgebungsteilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet sammelten sich bis zur Mittagszeit nach Angaben der Polizei am Bahnhof. Dies waren deutlich weniger als im Vorjahr, als etwa 1.000 Rechtsextreme in die Kurstadt kamen. Am frühen Nachmittag setzte sich der Zug in Bewegung und geriet auf der Bahnhofstraße in eine Party-Meile, organisiert von Bürgern aus Nenndorf und den umliegenden Gemeinden. Eine Reihe von Veranstaltern hatten Privatfeiern für den Kundgebungstag angemeldet, die Teilnehmer tanzten und sangen auf verschiedenen Grundstücken längs der bunt geschmückten Kundgebungsstrecke. Fröhliche Musik und geschwenkte Fähnchen, später auch Konfetti-Regen begleiteten die in weißen Hemden und dunklen Hosen bei Trommelklang marschierenden Rechtsextremen. Kurz vorm Wincklerbad empfingen Tröten und Vuvuzelas die Kolonne, von der Atmosphäre eines Trauerzuges konnte vor dem Hintergrund der Privatpartys keine Rede sein. "Ihr solltet euch schämen", kommentierte Marcus Winter, einer der Redner der Rechtsextremisten, vor dem Wincklerbad den lautstarken Protest der Bad Nenndorfer. Die Ansprachen während der Kranzniederlegung wurden von Rufen wie "Nazis raus" oder "Geschichtsbücher lesen" der Kundgebungsgegner begleitet. Dreimal forderte die Polizei die mit Vuvuzelas ausgerüsteten Protestierer auf, die Lautstärke zu senken. Als dies nicht erfolgte, wurde diese "Spontanversammlung" von den Ordnungshütern angewiesen, sich 150 Meter vom Kundgebungsort der Rechten vor dem Wincklerbad zu entfernen. Nach der Kranzniederlegung marschierten die Extremisten zurück zum Bahnhof.

In einer Pressemeldung bewertete die Polizeiinspektion Nienburg-Schaumburg den Gesamteinsatz als Erfolg. Die im Vorfeld mit protestierenden Bad Nenndorfern getroffenen Absprachen seien eingehalten worden, insbesondere bei den Privatfeiern.

Bei einem insgesamt ruhigen "Einsatzverlauf", hätten die Beamten punktuell eingreifen müssen. So hätten 150 auswärtige Gegendemonstranten morgens versucht, im Bereich der Horster Straße die Kontrollstellen zu umgehen. Daran seien die mit Bussen Angereisten von der Polizei gehindert worden. Einer der Rechtsextremisten habe versucht einen Pressefotografen auf dem Bahnhofsvorplatz zu attackieren. Polizeibeamte hätten den Angriff verhindert und ein Strafverfahren eingeleitet.

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Schaumburger Wochenblatt, 10.08.2011:

Die Gegendemonstranten geben gemeinsam den Ton an

Bad Nenndorf (bb). Nenndorfer Bürger haben dem so genannten "Trauermarsch" der Rechtsextremisten am vergangenen Sonnabend eine Party-Meile entgegengesetzt. An einer Reihe von Grundstücken längs der Bahnhofstraße protestierten sie mit Musik, Gesang, Tröten und Konfetti gegen die Kundgebung.

Es waren die Gegendemonstranten, die beim diesjährigen so genannten "Trauermarsch" der Rechtsextremisten in Bad Nenndorf den Ton angaben. Plattform für den Protest direkt an der Route der Kundgebung bildeten eine Reihe von angemeldeten Privatfeiern Nenndorfer Bürger auf den Grundstücken an der Bahnhofstraße. Die 580 Rechtsextremisten marschierten so durch eine fröhliche Party-Meile, in der ihnen die Feiernden lautstark und farbenfroh mitteilten, dass sie einen solchen "Trauermarsch" in Bad Nenndorf nicht wollen. Hinzu kamen weitere Gegenveranstaltungen mit etwa 900 Beteiligten. Die Polizei hielt die Lage mit einem Großaufgebot an Beamten unter Kontrolle.

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Neue Westfälische 14 - Paderborn (Kreis), 10.08.2011:

Caritas hat Situation der Flüchtlinge im Blick / Studie: Jeder vierte hat psychische Probleme

Paderborn (NW). Der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn sieht Handlungsbedarf bei der Betreuung und Integration von Flüchtlingen. Allein im vergangenen Jahr stellten über 41.000 Menschen in Deutschland einen Asylantrag. "Hier ist die Situation weiterhin von extremer und anhaltender Unsicherheit geprägt", kritisiert Heribert Krane, zuständiger Referent im Diözesan-Caritasverband: "Es besteht praktisch keine Integrationsperspektive."

Bemängelt werden vor allem unzureichende Hilfsangebote. So gebe es zum Beispiel in Ostwestfalen-Lippe kein Beratungszentrum für Flüchtlinge mit psychischen Krankheiten.

Sonja Kowald von der Katholischen Hochschule in Paderborn hat jetzt Vorschläge zur Verbesserung der Situation von Flüchtlingen in OWL vorgelegt. Im Rahmen ihres Studiums der Gesundheitsfördernden Sozialarbeit hat sie ein Forschungsprojekt in Kooperation mit dem Diözesan-Caritasverband durchgeführt. Kowald sprach vorwiegend mit Beratern der Caritas, die mehr als 750 Flüchtlinge in der Region betreuen. Ein Viertel von ihnen leidet unter psychischen Krankheiten.

Kowald schlägt zumindest den Auf- und Ausbau von örtlichen Netzwerken von Beratern, Behörden und psychotherapeutischem Fachpersonal vor. Auch sei die Einbeziehung von niedergelassenen Ärzten sinnvoll. Die Möglichkeit, aus einer Gemeinschaftsunterkunft in eine Privatwohnung zu ziehen, trage wesentlich dazu bei, dass sich die "äußere" Sicherheit vor allem von depressiven Flüchtlingen verbessere. Bei ihrer Recherche stellte Frau Kowald fest, dass ein besserer Zugang für allein stehende erwachsene Flüchtlinge zu Hilfeangeboten dringend notwendig sei, da diese nicht auf die Unterstützung einer Familie zurück greifen könnten.

Krane begrüßt vor allem die Anregungen im Hinblick auf die verstärkte Nutzung und den Ausbau von Hilfepotenzialen im Sozialraum zum Beispiel durch geschulte Ehrenamtliche, durch Kultur und Sport sowie durch Förderung von Kontakten zum sozialen Umfeld. Einen weiteren Schwerpunkt sieht der Caritasverband bei der Fortbildung von Mitarbeitern im Netzwerk und in Diensten und Einrichtungen zum Umgang mit psychisch Kranken aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen.

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Lippische Landes-Zeitung, 10.08.2011:

Grüße an die Soldaten / Banner in Augustdorf

Augustdorf. Mit drei Bannern will die Gemeinde Augustdorf die aus dem Afghanistan-Einsatz heimkehrenden Soldaten der Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne begrüßen. Die Banner wurden laut Information der Verwaltung an markanten Punkten im Gemeindegebiet aufgehängt. Eines befindet sich am Nordtor der Kaserne. Zur Anbringung trafen sich Bürgermeister Dr. Andreas J. Wulf und Oberst Hans-Volker Rönnike, Kasernenkommandant und stellvertretender Kommandeur der Panzerbrigade 21 "Lipperland". Die Aktion geht auf einen Antrag der FDP-Fraktion im Rat der Gemeinde Augustdorf zurück, der mehrheitlich unterstützt worden ist.

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