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Warburger Kreisblatt / Westfalen-Blatt , 09.08.2011 :

Aufrechter Demokrat ein Opfer der Nazis / Gedenkfeier für den Journalisten Felix Fechenbach

Scherfede (WB). Bei einer Gedenkfeier an der Fechenbach-Gedenkstätte ist an den von den Nazis ermordeten lippischen Journalisten Felix Fechenbach, aber auch an seiner Frau Irma erinnert worden.

Der lippische Landtagsabgeordnete Dennis Maelzer (SPD), Geschäftsführer der Felix-Fechenbach-Stiftung, begrüßte unter den rund 70 Teilnehmern den 1. Beigeordneten der Stadt Warburg, Klaus Braun, die stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Detmold, Christ-Dore Richter und die Historikerin Ingrid Schäfer, die in diesem Jahr die Gedenkrede hielt.

"Auf der Flucht erschossen" - so hat im Jargon der Zeit die diskrete Beseitigung von Nazi-Gegnern gelautet. "Fast 20 Schüsse trafen den jüdischen Sozialdemokraten und Journalisten in den Rücken", erinnerte Maelzer an die Ermordung von Felix Fechenbach vor 78 Jahren am 7. August 1933 im Kleinenberger Wald.

Der SPD-Politiker betonte, dass es kein Zufall gewesen sei, dass ausgerechnet Fechenbach eines der ersten Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft werden sollte: Als Jude, Pazifist, Sozialdemokrat und vor allen Dingen als politischer Journalist, der mit spitzer Feder gegen die aufkommende braune Gefahr anschrieb, sei er die Verkörperung all dessen gewesen, was den Hass der braunen Machthaber auf sich gezogen habe, so Maelzer.

Warnung vor Erstarken der Rechtspopulisten

"Wohin rechtsextremer Hass führen kann, haben wir erst in den jüngsten Tagen wieder schmerzlich erfahren müssen", erinnerte der Landtagsabgeordnete an den Bombenanschlag eines rechtsextremen Attentäters auf das norwegische Regierungsviertel in Oslo und sein Massaker in einem Ferienlager der sozialdemokratischen Partei auf der Insel Utöya. 77 Menschen seien dem Hass des Täters auf alles Islamische und alles Sozialdemokratische zum Opfer gefallen
"Sorge macht, dass nicht nur in Norwegen, sondern auch in Österreich, in den Niederlanden, in Finnland und anderswo rechtspopulistische Parteien Zulauf haben. Ich bin mir sicher: Der Journalist Felix Fechenbach hätte dies alles zu seinem Thema gemacht, denn wo Rechtspopulismus hoffähig wird, da kann dies schlimmstenfalls auch wieder den Boden bereiten für Gewaltexzesse gegen politisch Andersdenkende, gegen religiöse Minderheiten und gegen Ausländer", sagte Maelzer.

In ihrer Gedenkrede zitierte die Detmolder Historikerin Ingrid Schäfer anschließend, aus der von ihr verfassten Biographie über Irma Fechenbach, der Ehefrau von Felix Fechenbach.

Irma Fechenbach war nach der Verhaftung von Felix Fechenbach in die Schweiz geflohen. In seinem letzten Brief aus dem Gefängnis an sie schreibt Fechenbach: "Ich bin noch immer in Detmold und glaubte schon in der vergangenen Woche ins Konzentrationslager zu kommen. Vielleicht findet der Abtransport schon in einigen Tagen statt. Vielleicht dauert er noch Wochen. Ich weiß es nicht. Dies Warten auf die Veränderung erfüllt mich mit einer merkwürdigen Unruhe. Ich weiß selbst nicht warum, aber es ist so. Wie es später im Konzentrationslager aussehen wird, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall richte Dich so ein, dass Du bei den Kindern bleiben kannst. Sie leiden ohnehin am meisten unter unserer Trennung. Können sie schon den Vater nicht haben, dann sollen sie wenigstens die Mutter nicht entbehren. Du sagst ja selbst, die Kinder seien die Opfer der Zeit, entwurzelt, heimatlos geworden. Tue nur alles, dass Du wenigstens bei ihnen bleiben kannst. Aber das brauche ich Dir ja nicht besonders ans Herz zu legen. Du wirst das von Dir aus schon tun." Im Nachsatz schreibt er: "Soeben wird mir mitgeteilt, dass ich heute, den 7. August, abtransportiert werde."

Irma Fechenbach hatte diesen Brief noch nicht erhalten, als ihre Mutter sie am Morgen des 8. August anrief und ihr mitteilte, Felix sei tot, "auf der Flucht erschossen". Sie konnte es nicht fassen, wusste jedoch, dass diese Formulierung eine Lüge war.

Den Krieg über blieb Irma Fechenbach mit den Kindern in der Schweiz. Nach Kriegsende wanderte sie mit ihnen nach Amerika aus. Tochter Lotti kehrte nach kurzer Zeit wieder in die Schweiz zurück und heiratete dort. Irma Fechenbach verließ 1965 die USA und kehrte in die Schweiz zurück, um dort bei ihrer Tochter Lotti ihren Lebensabend zu verbringen.

Im August 1973 nahm Irma Fechenbach anlässlich des 40-jährigen Gedenkens der Ermordung ihres Mannes noch an der Einweihung des Gedenksteins hier im Kleinenberger Wald teil.

Nur wenige Monate später, als sie am 11. Dezember 1973 in ihrem Wohnort Dietikon in der Schweiz mit ihrem Fahrrad unterwegs war, wurde sie von einem Auto erfasst und starb an ihren Verletzungen. Irma Fechenbach war 78 Jahre alt geworden.

Bildunterschrift: Herbert Cramme, Karl-Heinz Hellmuth von der Warburger SPD und Ingrid Schäfer, Historikerin und Biografin von Irma Fechenbach, sowie Dennis Maelzer MdL, Geschäftsführer der Felix-Fechenbach-Stiftung, (von links) haben Kränze am Gedenkstein niedergelegt.


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