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Mindener Tageblatt , 23.07.2004 :

"Wachsam bleiben gegen jede Bedrohung" / "Aufstand des Gewissens": Abschlussveranstaltung zur Ausstellungs- und Vortragsreihe mit Astrid Vockert

Bückeburg/Minden (hz). "Wenn wir nie wieder derartige Verbrechen gegen die Menschlichkeit erleben wollen wie im so genannten Dritten Reich, müssen wir wachsam bleiben gegen jede Bedrohung des Rechtsstaates", hat Astrid Vockert am Mittwoch an den Mut zur Zivilcourage appelliert.

Die Vizepräsidentin des niedersächsischen Landtages hielt auf Schloss Bückeburg die Festansprache der Finalveranstaltung von "Aufstand des Gewissens", die den Schlusspunkt der gemeinsam vom Preußen-Museum Minden und von der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik (GfW) organisierten vierwöchigen Veranstaltungsreihe setzte.

Um diese Wachsamkeit zu ermöglichen gelte es, die dazu erforderlichen Grundlagen zu stärken. "Geben wir unseren Kindern die Möglichkeit, ein hohes Selbstwertgefühl zu entwickeln. Und geben wir unseren Bürgern die Möglichkeit, stärker denn je hinzuschauen und einzugreifen", führte die Politikerin aus. Und: "Wenn wir das aus dem Vermächtnis der Frauen und Männer des 20. Juli ableiten und von dieser Ausstellungs- und Vortragsreihe mitnehmen, so ist dies ein großartiges Signal."

Vockert stellte das "bewundernswerte Engagement" der Ausstellungsmacher heraus. Stellvertretend nannte sie Dr. Veit Veltzke, den Direktor des Preußen-Museums, und den GfW-Vizepräsidenten Oberst a. D. Klaus Suchland. Sie bescheinigte der gesamten Ausstellung einen ausgesprochen erfolgreichen Verlauf. Mehr als 4500 Besucher hätten die Organisatoren gezählt.

Die fünf Ziele von "Aufstand des Gewissens" seien allesamt erreicht worden. Die Vizepräsidentin zählte als Zielsetzungen auf, neueste Fakten zum historischen Ablauf und zu den Widerstandskämpfern zusammenzutragen und der Öffentlichkeit vorzustellen, die jüngere Generation mit der damaligen Situation vertraut zu machen, lokale Bezüge herzustellen, Lehrkräften Anregungen für die Behandlung des Themas im Unterricht zur Verfügung zu stellen und Hilfestellungen zur Beantwortung der Frage "Was lernen wir aus der Geschichte?" zu geben.

Als persönliches Fazit merkte die Referentin an: "Für mich steht fest, dass wir die gesamte Zeit zwischen 1933 und 1945 nicht nur als absolut unfassbar, grausam und menschenverachtend zu konservieren haben." In gleichem Maß müsse die "Gesellschaft sich an die vielen Aufrichtigen des Widerstandes erinnern, die uns auch heute noch Orientierung geben können". Werde der Attentatsversuch im Zusammenhang europäischer Ideen und Vorstellungen zur Durchsetzung und Bewahrung von Menschenrechten, Toleranz, sozialer Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit betrachtet, eröffne sich eine Perspektive, die über das historisch Überlieferte und Bekannte hinausgehe. Vockert: "Dann rücken unwillkürlich Mut und die Bereitschaft des Einzelnen, sich für die Gesellschaft zu engagieren und sich auch in schwierigen oder gefährlichen Situationen für unsere Werteordnung einzusetzen unmittelbar in den Mittelpunkt."

Die gegenwärtige Bedrohung des Rechtsstaats bestehe nicht aus offenkundigen diktatorischen oder totalitären Entwicklungen. "Was uns heute bedroht, ist die schleichende subtile und latente Tendenz zu radikalen Haltungen und menschenverachtenden Einstellungen", erläuterte die Festrednerin. Um diesen Entwicklungen zu entgegnen, bedürfe es einer Zivilcourage, die in Bereichen außerhalb von Routine, Gewohnheit und Bequemlichkeit sowie von einer indifferenten Auffassung von Recht und Ordnung angesiedelt sei.

"Die Widerständler vom 20. Juli, die aus einer Minderheitsposition unter Gefahr für ihr eigenes Leben gegen das verbrecherische Regime gekämpft haben, sind das denkbar beste Beispiel für diese Art von Courage."

In den Grußworten von Edeltraut Müller, Werner Vehling und Oberst Richard Bolz wurde ein vergleichbarer Grundtenor angeschlagen. Bückeburgs Bürgermeisterin erinnerte darüber hinaus an die Rolle der Frauen im Widerstand gegen die Hitler-Barbarei, der erste stellvertretende Landrat des Landkreises Schaumburg zitierte Dietrich Bonhoeffer ("Wir brauchen Wachheit im Alltäglichen") und der General der Heeresflieger dankte den Verantwortlichen von Museum und GfW, mit der Veranstaltungsreihe "auch dem Bildungsauftrag der Bundeswehr in hervorragender Weise gerecht geworden" zu sein.

Die Schlussveranstaltung wurde musikalisch von der Gitarristin Catharina von Bargen begleitet. Eine von Abiturienten des Bückeburger Gymnasiums Adolfinum präsentierte Forschungsarbeit über den aus der ehemaligen Residenzstadt stammenden Widerständler Kurt von Plettenberg und eine ebenfalls von Adolfinern beigesteuerte Szene aus Bert Brechts "Der unaufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" komplettierten den zwei Stunden dauernden Festakt.


mt@mt-online.de

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