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Lippische Landes-Zeitung , 21.07.2004 :

Hauptsache, Mensch / Erdal Yildirim wünscht sich gemischte Kulturen und Weltbürger

Von Jost Wolf

Detmold. Chef mit fremdem Pass? So ganz ist Erdal Yildirim nicht mit dem Titel der LZ-Serie einverstanden. Er lebt seit 13 Jahren in Deutschland und bekennt sich voll und ganz zu seiner neuen Heimat. Deshalb hat er sich nicht, wie viele seiner Landsleute, die Möglichkeit zur Rückkehr in sein Herkunftsland Türkei offen gelassen: Er hat vor zwei Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen.

Erdal Yildirim ist ein freundlicher Mann mit Visionen: "Ich hätte gerne einen großen Betrieb mit 100 Mitarbeitern. Dann könnte ich selbst etwas gegen die Arbeitslosigkeit tun."

Momentan beschäftigt er acht Mitarbeiter. Vier in seinem Stammgeschäft, dem "Ada-Grill" in der Langen Straße, und vier im vor zwei Monaten eröffneten "Nudelhaus Liss" am Marktplatz.

Mit dem Nudelhaus erfüllte der gelernte Koch sich einen Traum: "Ich wollte hochwertiges und internationales Essen anbieten. Ich mag nicht diese dauernde Unterscheidung: Türke, Kroate, Deutscher. Bei mir sollen sich die Kulturen mischen." Dafür hat er trotz Krisenzeit die Neueröffnung gewagt. "Ich habe mich in Städten wie Stuttgart und Frankfurt umgesehen, was dort in zentraler Lage an Gastronomie angeboten wird. Das waren immer Bistros. Das wollte ich nicht." In seinem Nudelhaus können sich die Gäste auf edlen Lederstühlen niederlassen. Die Wände sind mit Schwammtechnik bemalt, unter der Decke gibt es einen Sternenhimmel mit zusätzlicher indirekter Beleuchtung. Das Ambiente ist zurückhaltend edel.

Angefangen hat alles ganz anders. "Als ich 1991 nach Deutschland kam, wollte ich eigentlich nur Bekannte besuchen. Dabei habe ich meine Frau kennen gelernt und hier geheiratet." Schnell kam das erste Kind. Seit 1996 lebt Familie Yildirim in Detmold. Einige Jahre arbeite Familienvater Erdal als Arbeiter in einer Metallbaufirma, bis er 1999 sein jetziges Hauptgeschäft in der Langen Straße übernahm.

"Ich habe von Anfang an alles frisch selbst zubereitet. Das hat meinen Gästen gefallen." Ausländer, so sagt er, hätten auch eine andere Einstellung zu Arbeitszeiten. "Bei uns wird nicht immer pünktlich der Laden abgeschlossen. Wenn jemand später kommt und hungrig ist, dann bediene ich ihn noch - und zwar gerne."

Drei Regeln hat Yildirim sich für seinen erfolgreichen Betrieb aufgestellt: Putzen, Qualität und lachende Kunden. "Deutsche sind oft zu pessimistisch. Lachen ist gesund." Deutschland habe doch sehr viel Progressives. "Ich bin auch sehr zufrieden mit den Menschen in Detmold und in Lippe. Ich habe hier keine Zukunftsangst." Nie verstanden hat er deshalb, warum ihm seine Hausbank keinen Kredit für das neue Geschäft gehen wollte. Aber mit einer anderen Bank und den Geschwistern als Bürgen ließ sich auch diese Hürde überwinden.

Gemeinsam ist eben alles zu schaffen. Deshalb würde Erdal Yildirim sich auch sehr über einen Beitritt der Türkei in die Europäische Union freuen. "Das würde für die Integration der Türken in Deutschland sehr viel bringen. Die Deutschen denken doch immer, Türken wollten sich abschotten, dabei sind alle freundliche Leute." Überhaupt: Immer diese Unterscheidung zwischen Deutschen und Ausländern ... "Ich bin ein Weltmensch. Die Nationalität ist egal. Hauptsache, Mensch."


detmold@lz-online.de

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