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Lippische Landes-Zeitung , 16.07.2004 :

Ein Masper in Kabul / Walter Spindler (50) fliegt als Kommandeur der multinationalen Brigade nächste Woche nach Afghanistan

Blomberg-Maspe (sb). Wäre er Bankier oder Landwirt geworden, sein Leben wäre vermutlich in ruhigeren Bahnen verlaufen. Doch Walter Spindler aus Maspe trat im Juli 1973 in die Bundeswehr ein und startete seine militärische Laufbahn beim Panzergrenadierbataillon 323 in Schwanewede. Heute ist er Chef der deutsch-französischen Brigade in Müllheim. Als Kommandeur der multinationalen Brigade in Kabul fliegt der Brigadegeneral nächste Woche für ein halbes Jahr nach Afghanistan und befehligt dort 3200 Soldaten.

Mit gemischten Gefühlen blickt seine Mutter Anneliese Spindler im heimischen Maspe auf den Auslandseinsatz ihres Sohnes. Gerade hat sie wieder in der Zeitung von der Erschießung zweier Ausländerinnen in Afghanistan gelesen. Und was um Kundus herum geschieht, macht ebenfalls alles andere als Mut: "Aber ich kann mich ja auch nicht ein halbes Jahr lang verrückt machen", sagt die sympathische Dame und fügt - wie zum Trost - hinzu: "Er könnte ja auch auf dem Weg nach Donaueschingen mit dem Hubschrauber abstürzen."

Wirtschafts- und Organisationswissenschaften studierte Walter Spindler 1974 bis 1978 an der Hochschule für Bundeswehr in München. Denn eigentlich habe er den elterlichen Hof übernehmen wollen: "Aber er litt unter Heuschnupfen, das wäre gar nicht gegangen", erinnert sich die Mutter. Also machte der Sohn Karriere beim Bund: Eine Generalstabsausbildung in Hamburg und Paris, drei Jahre als Referent im Führungsstab der Streitkräfte im Verteidigungsministerium in Bonn, weitere Aufgaben führten den heute 50-Jährigen nach Neubrandenburg kurz nach der Wende, nach Straßburg, Koblenz, Berlin und schließlich seit September 2003 als Kommandeur der deutsch-französischen Brigade nach Müllheim. Seine Frau und die vier Kinder - die Älteste 16, die Jüngste neun Jahre alt - folgten ihm. Diesmal muss die Familie zu Hause bleiben, auch wenn Anneliese Spindler und ihre älteste Tochter den Brigadegeneral gerne besucht hätten: "Meine Tochter war früher vier Jahre im Entwicklungsdienst in Namibia und im Sudan. Die wollte mit mir nach Kabul fliegen, aber mein Sohn hat uns abgeraten. Das sei zu gefährlich."

Ein Lächeln für den Brigadegeneral

Gefahren lauern in dem seit 25 Jahren vom Krieg zerrüttelten Afghanistan überall. Und so ist es, verkürzt gesagt, Auftrag der von Spindler geführten mehr als 3000 Soldaten, für mehr Sicherheit in Kabul und unmittelbarer Umgebung zu sorgen und bei der Aufstellung und Ausbildung neuer afghanischer Sicherheits- und Streitkräfte zu helfen.

"Ich möchte Menschen helfen, die auf dem Weg sind, in Sicherheit und Freiheit fair zu leben", erläutert Spindler seine ganz persönliche Motivation für den Afghanistan-Einsatz im Telefonat mit der LZ. Und so ähnlich erklärt er auch seinen Kindern, warum sie ein halbes Jahr - über die Sommerferien, Weihnachten und Silvester - auf ihren Vater verzichten müssen: "Ich habe ihnen davon erzählt, wie es war, als ich Ende April für einige Tage in Kabul war und in die lachenden Augen der Mädchen geblickt habe, die dort endlich wieder zur Schule gehen dürfen. Und ich habe ihnen gesagt, dass ich etwas dafür tue, damit die Kinder in Afghanistan einmal so ein glückliches Leben führen können wie die Kinder bei uns."

Und damit das nicht nur leere Worte bleiben, will sich Spindler in Projekten im Bereich Gesundheit, Gesundheitsvorsorge und Bildung für Kinder in Kabul stark machen. Dabei hofft er auf finanzielle Unterstützung aus Deutschland. Noch ist nichts Konkretes eingestielt: "Aber vielleicht können Sie als Zeitung das ja auch unterstützen. Ich werde mich bei Ihnen melden", verspricht Spindler zum Abschluss.


detmold@lz-online.de

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