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Schaumburger Zeitung , 13.07.2004 :

Am Ende bleibt nur der Sprung in den Tod ... / Hitler-Gegner Kurt von Plettenberg wusste vom "20. Juli" / Bückeburger Offizier galt als unbestechlich

Von Wilhelm Gerntrup

Bückeburg. Die Erinnerung an das Hitler-Attentat am 20. Juli 1944, das sich in wenigen Tagen zum 60. Mal jährt, ist hierzulande auch und vor allem mit dem Namen Kurt von Plettenbergs verknüpft. Der gebürtige Bückeburger und einstige Hofkammerchef gehörte zum engeren Freundeskreis der Offiziere um von Stauffenberg und von Hardenberg, Innenminister Popitz, Generaloberst Beck und Botschafter von Hassel. Er war von Anfang an in die Umsturzpläne eingeweiht. Am 1. März 1945 wurde er in seiner Dienstwohnung im Potsdamer Schloss Cecilienhof verhaftet. Er war dort seit 1942 als Generalbevollmächtigter des preußischen Königshauses tätig.

Die Gestapo-Leute brachten von Plettenberg ins Berliner Reichssicherheitshauptamt an der Prinz-Albrecht-Straße. Seinen Namen hatten sie aufgrund der Denunziation eines politischen Weggefährten nach tagelanger, qualvoller Folter erfahren. Um nicht in die gleiche Gefahr zu geraten, beschloss von Plettenberg, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen. Die Gelegenheit dazu ergab sich am 10. März 1945. Während des Verhörs stieß er die Begleitbeamten nieder und stürzte sich aus einem Fenster im vierten Stock in den Tod. Man fand einen Zettel mit Aufzeichnungen bei ihm. Am Anfang stand der Satz: "Ich fürchte den Tod nicht, denn ich habe einen guten Richter."

Kurt Freiherr von Plettenberg wurde 1891 in Bückeburg geboren. Sein Vater war der angesehene und hoch dekorierte General Karl Freiherr von Plettenberg (1852-1938) – lange Zeit Kommandeur des hiesigen Jäger-Bataillons und zuletzt Chef des Gardekorps in Berlin und Generaladjutant des Kaisers. Nach der Pensionierung kam von Plettenberg senior in die Fürstenresidenz zurück, um hier seinen Lebensabend zu verbringen. Nach ihm ist die heutige "Plettenberg-Straße" benannt

Sohn Kurt von Plettenberg studierte Rechts- und Forstwissenschaften und war zunächst in der staatlichen Forstverwaltung tätig, zuletzt als Ressortchef im Reichsforstamt Berlin. 1937 quittierte er den öffentlichen Dienst und übernahm als Hofkammerpräsident die Vermögensverwaltung des heimischen Fürstenhauses. Zuvor war er bereits für die Dönhoff'schen Güter in Ostpreußen zuständig gewesen. Am 1. Januar 1942 wurde er – zusätzlich zu seinem Bückeburger Job – von Hohenzollernkronprinz Wilhelm zum Generalbevollmächtigten des Preußischen Ex-Königshauses berufen. Den Ersten Weltkrieg machte von Plettenberg als Maschinengewehroffizier mit. Zu Beginn des Zweiten kämpfte er als Bataillonskommandeur an West- und Ostfront und wurde mit dem "Kreuz in Gold" ausgezeichnet – eine Tapferkeitsmedaille, die nach fünfmaliger Bewährung fürs Eiserne Kreuz verliehen wurde.

Sicher scheint, dass über von Plettenberg die Kontakte des Widerstands zum Haus Hohenzollern liefen. Die Konservativen des Attentäterkreises dachten lange über die (Wieder-) Einführung einer konstitutionellen Monarchie im Nach-Hitler-Deutschland nach. Als möglicher Kandidat war der Kronprinz im Gespräch. Doch der zögerte. Die Idee eines Königreichs kam zum Erliegen.

Sie habe kaum jemand anderen kennen gelernt, der so von Gerechtigkeitsempfinden und von innerer Heiterkeit erfüllt gewesen sei wie von Plettenberg, schrieb die Publizistin und Zeit-Mitherausgeberin Marion Graf von Dönhoff in ihren Erinnerungen über den Mann, der ihr Denken und Urteilen nach eigenem Bekunden entscheidend mitgeprägt hatte. Von Plettenberg sei von allen, die ihn kannten, geliebt und geachtet worden.

Jeder, vor allem die Leute des Widerstands, hätten ihn wegen seiner absoluten Verlässlichkeit, Unbestechlichkeit und Verschwiegenheit geschätzt. Der "Welt der Braunen" sei er, wo immer dies möglich war, mit offener Verachtung begegnet.

Nach dem Freitod Kurt von Plettenbergs blieben in Bückeburg im Haus Georgstraße 8 seine 31-jährige Witwe und drei unmündige Kinder zurück. Ariane von Plettenberg, geborene von Malzahn, wohnte bis 1954 in Bückeburg. Sie starb 1983 in Frankfurt. Die älteste Tochter Christa, die beim Tode des Vaters neun Jahre alt gewesen war, lebte später überwiegend in Hongkong und verstarb 1989 in London. Sohn Karl-Wilhelm (Jahrgang 1938) wurde Architekt und Stadtbaumeister und ist derzeit in Essen zu Hause. Und die jüngste der Familie, die heute 61-jährige Charlotte, lebt und arbeitet als Gymnasiallehrerin in Bremen.

In Bückeburg erinnert eine Gedenktafel an der Hof-Apotheke an den bemerkenswerten Sohn der Stadt. Dort wird die Stadt am Dienstag, 20. Juli, 15 Uhr, einen Kranz zum Gedenken an Plettenberg niederlegen. In Hamburg ist eine Straße nach ihm benannt.

Die Ausstellung "Aufstand des Gewissens", die auch auf Plettenberg eingeht, ist noch bis Mittwoch, 21. Juli, im Preußen-Museum (Minden) zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag sowie Samstag uns Sonntag 11 bis 17 Uhr; Montag und Freitag geschlossen. Für Gruppen werden flexible Öffnungszeiten angeboten.


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