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Schaumburger Nachrichten , 08.03.2007 :

Formalie verhindert Eigentumsübertrag / Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger ist noch nicht Besitzer des Hauses An der Steinaue

Eine kleine Formalie verhindert derzeit noch, dass der Hamburger NPD-Landesvorsitzende und bundesweit bekannte Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger Eigentümer des Hauses An der Steinaue in Rodenberg wird. Die 85-Jährige Besitzerin des Hauses, die in Rodenberg bereits durch rechtsradikale Handlungen aufgefallen ist, hatte in den SN gestern erklärt, dass sie Rieger als ihrem "Bekannten" das Haus samt großzügigem Grundstück geschenkt habe.

Rodenberg. Rieger ist noch nicht Eigentümer des hinter dichtem Strauchwerk versteckten Hauses in Rodenberg. Dies hat die Leiterin des Amtsgerichtes Stadthagen, Gudrun von Lessen, den SN bestätigt. Ihr ist zudem das Grundbuchamt unterstellt. "Herr Rieger hat eine Auslassungsvormerkung ins Grundbuch eintragen lassen", sagte von Lessen, rechtmäßige Eigentümerin sei noch die Seniorin. Einziger Grund, weshalb die Eigentums-Umschreibung noch nicht erfolgt ist, sei eine Formalie. Die Stadt Rodenberg hat eine Erklärung eingereicht, in dem sie auf ihr Vorkaufsrecht verzichtet. Auf dieser fehle bislang das Siegel, erklärte von Lessen. Solange das Schriftstück nicht abgestempelt ist, kann die Umschreibung nicht vorgenommen werden – es sei denn, die Zweimonatsfrist ist abgelaufen. Dann verfällt das Vorkaufsrecht automatisch.

Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis das Haus in den Besitz von Rieger übergeht. Die Stadt hat trotz Vorkaufsrechts wie bereits berichtet keine rechtliche Handhabe gegen die Übertragung der Eigentumsverhältnisse, wie Rodenbergs Stadtdirektor Uwe Heilmann erklärte. Die Nutzung der Immobilie sei weiterhin wie gedacht als Wohnhaus vorgesehen – privater Natur. Wohl aber könne gegen eine Nutzung außerhalb eines reinen Wohnhauses vorgegangen werden, für die eine Baugenehmigung erteilt werden müsse. "Das werde ich gemeinsam mit Landrat Heinz-Gerhard Schöttelndreier zu verhindern wissen, wir brauchen diese Spezies hier nicht", sagte Heilmann gestern deutlich .

Der Rodenberger Notar Andreas Krayl sieht für der Stadt "keine Chance", von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. "Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut und liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes", sagte Krayl. Jede notarielle Grundstücksübertragung werde der Stadt zur Kenntnis vorgelegt und automatisch geprüft, ob ein Vorkaufsrecht vorliegt. Die Verzichtserklärung sei demnach ein rein standardisierter Akt gewesen.

Zwei Politiker Rodenbergs machen aus ihrer Ablehnung zu Rieger kein Geheimnis. "Ich bin nicht erfreut über die Entwicklungen", sagte Karsten Schulz (CDU/WGR). Er habe sich über Rieger bereits informiert und nichts für ihn übrig. Gelassener sieht den Vorgang Hans-Dieter Brand (SPD/FDP): "Ich habe das Kaufvorhaben zur Kenntnis genommen und mache da jetzt keinen Bohai daraus." Für Brand ist die Angelegenheit „ein Punkt auf der Agenda“.

Was Rieger mit der Immobilie plant, ist derzeit unklar. Es gilt jedoch als sehr wahrscheinlich, dass sich die Seniorin in dem Haus lebenslanges Wohnrecht gesichert hat. Auch mehren sich die Hinweise, die an der Schenkung des Haus mit Grundstück an Rieger zweifeln lassen und für eine finanzielle Vereinbarung sprechen. Rieger war gestern in seiner Kanzlei in Blankenese nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. "Er ist im Urlaub", hieß es.

Während Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger eine weitere Immobilie kassiert, geht eine andere, honorige Institution leer aus: Auch dem Tierschutzverein Bückeburg-Rinteln und Umgebung hatte die 85-jährige Rodenbergerin vor Jahren einen Teil ihres offenbar beträchtlichen Vermögens in Aussicht gestellt. Die damalige Leiterin des Tierheims hat sich sogar von ihr adoptieren lassen – aus privaten Gründen, wie es heißt. Dem Verein stellte sie ein Erbe in Aussicht – die Rodenbergerin bestätigte dies gestern. Zumindest in einen zeitlichen Zusammenhang fällt die Adoption der damaligen Leiterin des Tierheims, die – inzwischen im Ruhestand – noch heute als Adoptivtochter in Kontakt zur Rodenbergerin steht. Die Initiative zur Adoption ging damals von der Seniorin aus. "Sie wird ihren Anteil bekommen", sagt die 85-Jährige heute. Nur der Verein, der gehe leer aus. Sie werde ihr Vermögen dem Tierschutzverein Hannover vermachen. Und natürlich Rieger. "Der bekommt viel."


sn@madsack.de

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