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Antifaschistinnen und Antifaschisten aus OWL , 25.06.2004 :

Nazis dürfen gegen den Bau der Synagoge hetzen / Bundesverfassungsgericht hat das Verbot der NPD-Demonstration am Samstag aufgehoben / 26. Juni: Keine Straße, kein Platz den Nazis! - Für den Synagogenneubau!

Das Bundesverfassungsgericht hat am 24. Juni die für den nächsten Samstag (26. Juni) geplante Demonstration der NPD gegen den Neubau einer Synagoge in Bochum zugelassen. Damit hob das Verfassungsgericht das am Dienstag ergangene Demonstrations-Verbot des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster auf.

Noch im März hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein Verbot des OVG Münster gegen eine gleichartige NPD-Demonstration bestätigt. Die jetzt geplante Demonstration wurde vom OVG als Ersatzveranstaltung mit "kosmetischen Korrekturen" eingestuft; das Bundesverfassungsgericht ist dieser Auffassung nicht gefolgt.

Am Freitag wird es um 19.00 Uhr im Bochumer Bahnhof Langendreer ein letztes Vorbereitungsgespräch für die Aktivitäten am Samstag geben. Am Freitagabend wird es anschließend unter dem Motto "Nazis ins Bunte laufen lassen" Aktionen geben. "Wir wollen den Nazis einen farbenprächtigen Empfang bereiten. Deshalb werden wir uns am Vorabend des Aufmarsches auf ihrer Route treffen und diese mit Plakaten, Aufklebern und Farbe antifaschistisch dekorieren," heißt es in einem Aufruf. Die Route des Naziaufmarsches wird wahrscheinlich dort entlang gehen, wo sie auch beim letzten Mal geplant war. Die Nazis sollen mit der Nokia-Bahn entweder bis zum Bahnhhof Präsident oder Bochum West fahren und dann zum Bahnhof Ehrenfeld gehen.

Keine Straße, kein Platz den Nazis! - Für den Synagogenneubau!

Auf einem Vorbereitungstreffen für die Aktivitäten gegen den geplanten Nazi-Aufmarsch am kommenden Samstag ist gestern endgültig beschlossen worden, keine Gegendemonstration zu organisieren, sondern dem Nazi-Aufmarsch direkt entgegenzutreten und die Nazis zu verjagen.

Aufmarschplatz ist um 12.00 Uhr der S-Bahnhof Ehrenfeld. Sehr viele Menschen haben sich verabredet, diesen Platz dicht zu machen. Die Nazis werden sich bestenfalls in einem Polizeikessel bewegen können.

Am Samstag wird ab 10.00 Uhr vor dem Hauptbahnhof darüber informiert, wo und wie mit Sitzblockaden, Menschenketten oder roten Karten den Nazis gezeigt wird, dass sie verschwinden sollen.

Auf

www.bo-alternativ.de

wird - sobald Einzelheiten des Nazi-Aufmarsches feststehen - darüber informiert, was zu tun ist. Ein Info-Telefon ist geschaltet, das auch darüber informiert, was zu tun ist: 0174 7088558.

Wir dokumentieren hier erneut einen dringenden Mobilisierungsaufruf aus Bochum:

Schon im März starteten die Herrschaften des "Nationalen Widerstands" zwei Demonstrationsversuche gegen den Bau der Bochumer Synagoge. Es kam zu einem längeren gerichtlichen Tauziehen vor den Verwaltungsgerichten. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster stellte fest, dass zu den Anschauungen der NPD Rassismus, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit gehören. Diese Anschauungen seien mit den grundgesetzlichen Wertvorstellungen unvereinbar und es sei ein "Verfassungsbelang ... derartige Anschauungen aus dem demokratischen Willensbildungsprozess auszuschließen". Deshalb verbat das (OVG) die NPD-Kundgebungen als volksverhetzend und als nicht hinzunehmende Provokationen. Die letzte und höchste Justizinstanz, das Bundesverwaltungsgericht (BVG) in Karlsruhe schloss sich dem Verbot an. Nicht aber ohne darauf hinzuweisen, dass sie den im März durch die NPD kurzfristig geänderten Aufruf nicht beanstanden und einer so beworbenen Demonstration gegen die Synagoge nicht im Wege stehen würde.

Flankiert durch diese Regieanweisung des BVGs und mit einem von volksverhetzenden Parolen bereinigten Aufruf mobilisieren die Nazis für den 26.Juni. Motto: "Für Meinungsfreiheit" - "Keine Steuergelder für den Synagogenbau" gegen die Bochumer Synagoge.

Diese antisemitische Provokation werden wir nicht hinnehmen und angemessen beantworten.

Die Nazis

In dem neuen Aufruf gegen den Synagogenbau verkaufen sich die Nazis von NPD und den "Freien Nationalisten" als die Sprecher der Menschen, die vom kapitalistischen Demontagekurs der Regierungsparteien in das "Soziale Aus" gedrängt werden. Auch auf ihren derzeitig verteilten Flugblättern, "Bürgerinfo"s und Plakaten zur Europa- und demnächst zur Kommunalwahl, spricht die NPD von Rentenklau, Arzt- und Rezeptgebühren, Arbeitsplatzvernichtung etc. p.p.

Der Grund für die Misere liegt für "Die Nationalen" klar auf der Hand. Es ist nicht die Basis des bundesdeutschen Wertesystems: die kapitalistische Wirtschafts- und Lebensstruktur. Es sind die vermeintlich Anderen: die Ausländer, die Juden. Es ist die "Globalisierung" (und somit andere Nationen) und hier lebende Menschen anderen Glaubens, anderer Herkunft und anderer Hautfarbe, die den "Deutschen" das "Unglück" bringen. Und die Lösung hat die "nationale Opposition" natürlich auch zur Hand: Weg mit den "Anderen". In Form von "Ausländerrückführung", "Ausgrenzung aus den Sozial- und Rentenversicherungssystem", "kein Asyl für Flüchtlinge, Deutscher kann nur werden, deren Eltern Deutsche sind", etc. p.p. Und sie hetzen für die Ausgrenzung der "Anderen". Ihre Parolen sind nationalistisch, rassistisch und völkisch. Ihr Anstrich sozialreformerisch. Sie nennen sich "nationalrevolutionär", gleich ihrem Vorbild der NSDAP/SA vor der Machtübergabe 1933.

Die Demonstration am 26. Juni

Die angekündigte Demonstration gegen den Synagogenneubau weist eine neue Qualität auf.

Der Anteil der antisemitischen deutschen Nachkriegsbevölkerung, der sich bislang nur traute jüdische Friedhöfe zu schänden, Morddrohungen zu sprayen oder verdeckt Jüdinnen zu terrorisieren, will seine Gesinnung am helllichten Tag demonstrieren. Für diese Szene scheint nun die Zeit reif, ihren historischen Vorbildern nachzueifern und offen und unverhohlen auf der Straße gegen jüdische Menschen und deren Einrichtungen zu hetzen.

Der propagierte Aufmarsch gegen den Synagogenbau wäre ein Novum in der Geschichte der BRD. Er würde weitere antisemitische Hetze und Aggression gegen Jüdinnen in Bochum nach sich ziehen.

Er hätte auch Modellcharakter für Deutschland. Es ist zu erwarten, dass in vielen Städten und Gemeinden unter Berufung der Durchführbarkeit der Bochumer Demonstration gegen jüdische Kindergärten, Altersheime, Gotteshäuser etc. vorgegangen würde.

Was die Nazipropaganda für Jüdinnen und AntifaschistInnen in Bochum bedeutet, machen die Ereignisse Anfang des Jahres klar.

In der Nacht vom 26.02. wurde das Auto des Bochumer Rabbiners stark beschädigt und mit Hakenkreuzen versehen.

Unter der Führung des JN-Landesvorsitzenden Claus Cremer fanden an den Samstagen Verteilaktionen der Demonstrationsaufrufe statt.

Mit von der Partie: Timo Pradel als Pressesprecher der NPD/NRW, Carsten Römhild als Kreisvorsitzender der NPD und diverse "Kameraden" der "Freien Nationalisten". Unter Cremers Anleitung gingen seine Schläger gegen AntifaschistInnen vor. Diese hatten mit gewaltfreien Mitteln (mehr oder weniger erfolgreich) versucht, dass Verteilen der antisemitischen Aufrufe zu verhindern. Darüber hinaus versuchte Claus Cremer im Februar mit seinen Spießgesellen gewaltsam in eine antifaschistische Versammlung einzudringen.

64 Jahre nachdem die Nazis in der Reichspogromnacht in Deutschland die Synagogen anzündeten, dürfen die Anhänger der NS-Diktatur und des Holocausts gegen den Neubau einer Synagoge hetzen.

Laut einer FORSA-Umfrage von 2003 haben 23 % der Deutschen latente bis stark antisemitische Einstellungen. Auf diesen Bevölkerungsanteil zielt diese Propaganda und Demonstration ab.

Genauso wie auf die Bundesbürger, die seit Jahren durch CDU/CSU/FDP und SPD mit rassistischen Kampagnen à la Asylmißbrauch, Überfremdung, etc. p.p. agitierten werden. Die Hetze der Nazis wird auf einen fruchtbaren Boden fallen.

Die Demonstration gegen die Synagoge fände, mit dem vom BVG angebotenen Fahrplan, unter der Berufung auf "Meinungsfreiheit" statt.

Und im Schutze der Polizei.

Die Polizei wird sich auf die formale Ebene zurückziehen, dass erlaubt ist, was ein Gericht nicht verbietet. Und sie wird das tun, was sie seit Jahren tut: Sich zum Helfershelfer der Faschisten machen und AntifaschistInnen verfolgen, wenn sie sich den Nazis in den Weg stellen.

Es gibt kein Recht auf Ausgrenzung und Unterdrückung.

Faschismus ist keine Meinung. Faschismus ist ein Verbrechen!

An die Polizisten: Es gibt kein Recht, dass euch legitimiert Verbrecher zu beschützen.

Jede/r ist verantwortlich!

Verhindern wir den Naziaufmarsch !

Wo immer sie sind, werden auch wir sein!


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