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Arbeitsgemeinschaft Fossoli , 23.04.2001 :

Widerspruch zum Plakatierungsverbot

( ... ) Namens und in Vollmacht des Widerspruchsführers wird gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Horn-Bad Meinberg vom 12.04.2001 Widerspruch eingelegt und beantragt, dem Widerspruchsführer die Erlaubnis zur Anbringung von Werbeträgern im öffentlichen Straßenraum in Horn-Bad Meinberg gemäß Antrag des Widerspruchsführers vom 04.04.2001 zu erteilen.

Der Bescheid vom 12.04.2001 enthält als Ablehnungsgrund lediglich den Hinweis auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 OBG. Gemäß § 39 VwVfG NRW ist ein schriftlicher oder schriftlich bestätigter Verwaltungsakt schriftlich zu begründen. Gemäß § 39 I 2 VwVfG NRW sind in der Begründung die wesentlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Der pauschale Hinweis auf § 14 OBG genügt diesem Begründungserfordernis eindeutig nicht.

Die Voraussetzungen des § 14 OBG NRW liegen darüber hinaus auch nicht vor. In einem von dem Unterzeichner mit dem Sachbearbeiter geführten Telefonat hat der Sachbearbeiter darauf hingewiesen, dass die Stadt Horn die Bezeichnung des Herrn Titho als Täter unter gleichzeitiger Nennung der Namen „Fossoli Bozen Bergen-Belsen Auschwitz“ als unzulässig erachtet. Diese von der Stadt Horn-Bad Meinberg vertretene Rechtsauffassung ist jedoch unhaltbar. Thema der Veranstaltung am 04.05.2001 ist der Umgang mit NazitäterInnen in Deutschland. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass ein Täter, und zwar Herr Karl Friedrich Titho, in Horn lebt. Herr Karl Friedrich Titho wurde mit Urteil vom 24.05.1951 von dem Gericht in Utrecht wegen Mitwirkung an der Erschießung von 70 sowjetischen Kriegsgefangenen zu 6 Jahren Haft verurteilt. Darüber erhielt Herr Karl Friedrich Titho eine einjährige Haftstrafe wegen Misshandlung von Häftlingen. Darüber hinaus steht fest, dass Herr Titho als Kommandant des Durchgangslager Fossoli / Italien an der am 12.07.1944 erfolgten Erschießung von 67 Gefangenen mitgewirkt hat. Die Erschießung erfolgte als Reaktion auf den Tod von 7 bei einem Partisanenüberfall getöteten Wehrmachtsangehörigen. In der Einstellungsverfügung des Militärgerichts LA SPEZIA vom 10.11.1999 wird dazu festgestellt, dass die Erschießung von 67 Gefangenen als Reaktion auf den Tod von 7 deutschen Militärs illegitim war, das Herrn Titho aber nicht mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen werden konnte, dass er die Illigitimität des Erschießungsbefehls kannte.

Darüber hinaus steht fest, dass das von SS-Oberleutnant Titho als Kommandant geführte Durchgangslager Fossoli lediglich Zwischenstation auf dem Weg in verschiedene Konzentrationslager war.

Wer angesichts dieser Umstände es für unzulässig hält, Herrn Titho als Nazitäter oder als Täter zu bezeichnen, wird Teil der Problematik, um die es bei der Veranstaltung am 04.05.2001 geht. Bei der Veranstaltung geht es nämlich um das äußerst merkwürdige Phänomen, dass es während der Nazizeit zwar Millionen von Opfern gegeben hat, aber anscheinend keine Täter. Von einer Aufarbeitung der Naziverbrechen durch die Justiz kann nicht gesprochen werden. Wenn die Arbeitsgemeinschaft Fossoli durch die Veranstaltung am 04.05.2001 darauf hinweisen will, dass viele Nazitäter nicht strafrechtlich verfolgt wurden, darf ihnen nicht das Recht abgesprochen werden, diese Täter auch als Täter zu bezeichnen. Der Hinweis der Stadt Horn-Bad Meinberg, dass das Plakat für die Veranstaltung einen Straftatbestand erfüllt, ist derart abwegig, dass man diese Begründung nur als vorgeschoben betrachten kann. Der Unterzeichner hat dieses Plakat der Staatsanwaltschaft Detmold mit der Bitte um Überprüfung zugeleitet. Die Staatsanwaltschaft Detmold konnte ebenfalls an dem Plakat nichts strafwürdiges erkennen. Der Sachbearbeiter der Stadt Horn-Bad Meinberg wurde deshalb in dem mit dem Unterzeichner geführten Telefonat gebeten, sich zur Überprüfung seiner Rechtsauffassung mit der Staatsanwaltschaft Detmold in Verbindung zu setzen. Aus dem Umstand, dass trotzdem das Verbot der Stadt Horn-Bad Meinberg aufrecht erhalten wird, wird deutlich, dass das Problem nicht auf der juristischen, sondern auf der politischen Ebene liegt. Da somit rechtliche Gründe für die Ablehnung der beantragten Erlaubnis nicht vorliegen, ist der Ablehnungsbescheid aufzuheben und die Erlaubnis antragsgemäß zu erteilen. ( ... )


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