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Lippische Landes-Zeitung , 04.05.2001 :

"Es war ein Verhängnis" / Karl Friedrich Titho bekundet Bereitschaft zum Gespräch

Horn-Bad Meinberg (upf). Er ist derjenige, der seit Wochen im Zentrum der Diskussion um die Aufarbeitung nationalsozialistischer Taten steht. Aber bisher, so sagt Karl Friedrich Titho, habe außer den Medien mit ihm selbst noch niemand gesprochen. "Bei mir besteht nach wie vor die Bereitschaft, in einem kleinen Kreis mit vernünftigen Leuten darüber zu reden", stellt der 89-jährige aus Horn fest.

Die Debatte über die mögliche Verantwortung des früheren SS-Offiziers und Leiters zweier Polizeidurchgangslager in Italien und Südtirol für Deportationen von Juden und die Erschießung von Inhaftierten soll heute Abend in der Burgscheune in Horn weiter geführt werden (die LZ berichtete).

Titho selbst, um dessen Vergangenheit sich alles dreht, hofft darauf, dass es bei der Diskussionsrunde sachlich zugehen wird: "Ich weiß nicht, wie viel Sachlichkeit wirklich möglich ist. Da ist ein Popanz aufgebaut worden, gegen den man kaum ankommt." Dennoch halte er die Entwicklung der vergangenen Wochen zumindest soweit für positiv, als er nicht mehr öffentlich zum Beispiel auf einer Internet-Seite – wegen der die Kulturinitiative Detmold vom Staatsschutz durchsucht worden war – als "Nazimörder" oder "KZ-Kommandant" bezeichnet werde.

Der Arbeitsgemeinschaft Fossoli – Ausrichter der Veranstaltung in der Burgscheune – und der Kulturinitiative Detmold, die beide in unterschiedlicher Form zur öffentlichen Auseinandersetzung mit Tithos Vergangenheit aufrufen, steht der 89-jährige zwiespältig gegenüber. Er habe 60 Jahre lang in Horn gelebt und sich nichts zuschulden kommen lassen, "wie können die jetzt glauben, dass die Hornschen mit Steinen auf mich werfen?" Andererseits hatte Titho sich vor kurzem im italienischen Fernsehen für seine Verstrickung in die Ereignisse bei Opfern und Angehörigen entschuldigt – was seitens der AG Fossoli als erster von weiteren notwendigen Schritten zur persönlichen Aufarbeitung seiner Schuld gewertet wurde.

Über die nationalsozialistischen Verbrechen sagt Karl Friedrich Titho: "Es war ein Verhängnis. Und es wird immer unbegreiflicher. In 80 Jahren wird man noch weniger als heute begreifen können, was damals geschehen ist."


Detmold@lz-online.de

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