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Klingenberg-Kommunikationszentrum , 22.12.1980 :

Besetzerinfo IV. / Hat die Stadt Detmold einen neuen Sündenbock?

Die Entscheidung ist gefallen. Mit 35 gegen 12 Stimmen bei 3 Enthaltungen stimmte der Rat der Stadt Detmold für den Abriss der Klingenberg-Gebäude. Diese Ratssitzung war wohl eine der am besten geschützten seit Menschengedenken in Detmold. Nach offiziellen Angaben standen mindestens 300 Polizisten 5 Minuten vom Tagungsort einsatzbereit. Wir fragen uns, was Anlass zu diesem großen überregionalen Polizeiaufgebot war.

Da waren Gerüchte, die besagten, dass das traditionelle Ratsherrenessen von den Klingenberg-Besetzern gestürmt werden sollte.

Da munkelte man von "eingeschleusten Sympathisanten-Gruppen", die aus ganz Nordrhein-Westfalen und West-Berlin angefordert sein sollten.

Welchen Interessen dienen diese Gerüchte?

Wer versucht uns durch solche Kampagnen zu kriminalisieren?

Wir, die Besetzer hatten und haben weiterhin die Absicht, in friedlicher Form gegen den Abriss der Gebäude zu demonstrieren und die Arbeit am und im Haus fortzusetzen.

Die am Samstag in der Presse erschienenen Artikel (LZ/LR vom 20.12.) bezogen sich auf die "Schmierereien" am Rathaus und auf das zweifelhafte Skandalblatt, das kurz nach der Ratssitzung verbreitet wurde, wofür man - wie sollte es auch anders sein - natürlich die Besetzer verantwortlich macht. Aufgrund dieser böswilligen Unterstellungen appelliert die Presse an die Öffentlichkeit, uns das Demonstrationsrecht - eines der wesentlichsten demokratischen Grundrechte - abzusprechen.

Dies hat den Zweck, uns mundtod zu machen und beiseite zu schieben. Indem man uns kriminalisiert und uns das Demonstrationsrecht zu entziehen versucht, soll uns die Basis für unsere Arbeit zerstört werden. Von was für einem Demokratieverständnis zeugen derartige Methoden der Meinungsmache?

Das Rathaus ist für alle da!

Das im Info III. für Dienstag, den 16.12.1980 angekündigte Gespräch mit Vertretern der Stadt und den Besetzern hat nicht stattgefunden. Bürgermeister Vogt begründete seine Absage damit, dass es aus terminlichen und sachlichen Gründen nicht möglich sei, der Bitte des Landessuperintendenten zu entsprechen.

Der Landessuperintendent Dr. Harbeck hatte auf unsere Bitte hin als neutraler Vermittler zu diesem Gespräch eingeladen und das Landeskirchenamt als Gesprächsort zur Verfügung gestellt.

So diente die Planungsausschusssitzung als Vorwand, dieses Gespräch zu blockieren. Dazu kam die Behauptung, dass sich bisher keine der Gruppen an den Bürgermeister mit der Bitte um ein Gespräch gewandt hätte und dass als Gesprächsort kein neutraler Raum wie das Landeskirchenamt benötigt würde, da das Rathaus für die Belange des Bürgers zur Verfügung stehe.

Die Behauptung des Bürgermeisters, keine Gruppe habe sich bisher an ihn gewandt , um Gespräche zu führen, ist falsch. Vielmehr haben schon vor der Besetzung Gruppen wie die Jusos, der DGB-Kreisjugendausschuss, die Kulturinitiative Detmold schriftlich um Verhandlungen über eine Nutzung der Klingenbergschen Fabrik als Kultur- und Kommunikationszentrum gebeten. Auf diese Anfragen kamen bisher nur verzögernde Antworten, die Absage dieses Gespräches ist eine weitere.

Außerdem haben wir schon am ersten Tag der Besetzung telefonisch Kontakt mit dem Bürgermeister, dem Stadtdirektor, dem Regierungspräsidenten und den Fraktionsmitgliedern aufgenommen und sie zu Besuchen eingeladen.

Da wir auf diese Einladungen keine Resonanz erhielten, wandten wir uns an den Landessuperintendenten als neutrale Vermittlerperson, um überhaupt noch eine Gesprächsmöglichkeit zu schaffen.

Was sind das aber für Volksvertreter, die sich einen Dreck um die Belange der Bürger kümmern?

Da wird lamentiert über die wachsende Staatsverdrossenheit, während gleichzeitig die Betroffenen zu härteren Maßnahmen, zu Handlungen, die als "Hausfriedensbruch" bezeichnet werden, gezwungen werden.

Aus dem Verhalten der Stadtvertreter geht klar hervor, dass diese Herren sich zwar alle vier Jahre wählen lassen, ihnen außerhalb des Wahlkampfes das Interesse ihrer Wähler jedoch egal ist. Hier wird die Demokratie begraben.

Es drängt sich der Schluss auf, dass die Ratssitzung am Donnerstag nur noch eine Farce ist und die Entscheidungen schon längst gefallen sind.

Wir schließen daraus: Wir müssen in Zukunft unsere Belange stärker als bisher selbst in die Hand nehmen und dürfen uns nicht mehr auf die sogenannten "Volks(ver)treter" verlassen.

Wichtige Termine im Kultur- und Kommunikationszentrum Klingenberg:

- Mittwoch, 24.12.1980, 20.00 Uhr: Weihnachtsfete mit Tom Curry & Pommes Frites

- Donnerstag, 25.12.1980: Ab 20.00 Uhr Kneipe

Freitag, 26.12.1980, 20.00 Uhr: Rock mit Sanitationservice / Hammerfest - zwischendurch Pantomine (Ulli Harder)

Wir bedanken uns bei allen, die uns unterstütz(t)en und wünschen "fröhliche" Weihnachten, insbesondere Erich!


soli@alte-pauline.de

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