www.hiergeblieben.de

Lippische Landes-Zeitung , 07.02.1981 :

"Ich finde es gut ... "

Als die Anzeige der Lehrer in der LZ erschien, war ich positiv überrascht darüber, wie viele Lehrer es doch gibt, die die Probleme und Anliegen der jungen Menschen in unserem Staat kennen und verstehen. Ich freue mich darüber, dass es Lehrer gibt, die z.B. gelernt haben, dass es nicht das höchste Ziel des Menschen ist, zu ducken und zu gehorchen, sondern zu denken und zu erkennen, was richtig und was falsch ist - was den Interessen der Bevölkerung entspricht und was nicht. Sich aktiv für unsere Demokratie einzusetzen heißt aber auch: Fehler und Fehlentwicklungen nicht nur zu erkennen, sondern sie auch beim Namen zu nennen und zu verhindern suchen. Genau dies haben nach meiner Ansicht die Besetzer getan.

Es kann durchaus falsch sein, ein Gebäude abzureißen, auch wenn der Regierungspräsident das wünscht. Die Mehrheit der Bevölkerung findet es doch nicht richtig, dass so viele Millionen DM in einen Atombunker gesteckt werden, auch wenn die Verwaltungsvorschriften eingehalten werden.

Ich finde es gut, dass die Lehrer den jungen Menschen Mut machen, auch weiterhin zu sagen, was sie von ihrem Standpunkt aus für richtig halten. Übrigens: Eine Hitlerära wäre uns erspart geblieben, wenn in den dreißiger Jahren mehr Menschen kritisch gewesen wären und sich dem Obrigkeitsstaat verweigert hätten.

Den Besetzern kann man formaljuristisch natürlich den Vorwurf der Gesetzesübertretung machen. Nur - was hätten die jungen Leute denn sonst machen sollen? Die Ratsvertreter aufsuchen? Nach Düsseldorf fahren? Wer hätte sie denn ernst genommen? Was hätten Leserbriefe bewirken können? Die jungen Menschen haben nicht an die Wirksamkeit dieser Mittel geglaubt und wirksamere Mittel gesucht.

Was den Besetzern vorgeworfen wird, ist - nach meiner Ansicht - nicht eigentlich die Besetzung des Hauses (dies ist nur willkommener Anlass für harte Gegenmaßnahmen). Was man ihnen wirklich übelnimmt, ist, dass sie die Anordnungen von "oben" nicht widerspruchslos hinnehmen und damit das alte Gefüge von "oben nach unten" in Zweifel ziehen und das Wort Demokratie ernst nehmen.

Hans Martin Kaup
Bentruper Straße 40
Lage-Heiden

07./08.02.1981

zurück