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Bünder Tageblatt / Neue Westfälische , 26.04.2004 :

Worte statt Böller / Veranstalter mit Verlauf der Demo für Jugendzentrum zufrieden

Von Ralf Bittner

Bünde. "Wir wollen ein Haus in stadtnaher Lage zu den alten Konditionen!" lautet die Hauptforderung der Initiative für ein autonomes Zentrum (IfAZ), die am Freitagabend unter dem Motto "We want it all! Autonomes Zentrum sofort!" zu einer Demonstration aufgerufen hatte. Anlass war die Nominierung Anett Kleine-Döpke-Güses als Bürgermeisterkandidatin der Bünder CDU im Stadtgarten (NW berichtete bereits kurz).

Ein großes Polizeiaufgebot – es dürfte etwa knapp ein Beamter pro Demonstrant im Einsatz gewesen sein – begleitete den Demonstrationszug durch die Stadt. An der Kaiser-Wilhelm-Straße blockierten starke Polizeikräfte den Weg zum Marktplatz. Hier hatten im Januar die Böller- und Flaschenwürfe begonnen. Aufgeheizt worden war die Stimmung in den Tagen vor der Demonstration durch eine Distanzierung vom Aufruftext durch Bündnisgrüne und SPD. IfAZ-Sprecher Stefan Müller erklärte dazu: "Die kritisierten Formulierungen spielen mit dem Bild, dass von uns in der Öffentlichkeit besteht und waren selbstironisch gemeint. Es ist der Eindruck entstanden, als wollten wir ganz Bünde kurz und klein schlagen und die Bürgermeisterin lynchen. Das ist natürlich nicht der Fall", hatte er während einer Pressekonferenz vor Demonstrationsbeginn erklärt, zu der auch die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau angereist war, um die Forderung nach einem autonomen Zentrum in Bünde zu unterstützen.

Sie war zuvor in Bielefeld gewesen um die Positionen ihrer Partei zu den Folgen der Agenda 2010 zu vermitteln, die auch einen Abbau demokratischer Mitbestimmungsrechte im kommunalen Bereich mit sich bringen würden. Selbstverwaltete Strukturen wie die Villa Kunterbunt seien Beispiele dafür, dass sich gesellschaftliches Leben auch anders organisieren lasse.

"Mir scheint hier über Jahrzehnte hinweg sehr gute und vor allem preiswerte Arbeit geleistet worden zu sein", sagte sie. Die Arbeit des Vereins JZ Bünde sei über die Bereitstellung des Gebäudes hinaus mit nur 2.000 Euro im Jahr gefördert worden, ergänzte Müller. "Allein die Kosten für den völlig überzogenen Polizeieinsatz hätten die Arbeit des Vereines vermutlich über mehrere Jahre hinweg sichern können", kritisierte Pau.

Dominick Löwe, Vorsitzender des Vereins Jugendzentrum Bünde, erklärte vor Beginn der Demonstration, dass sich der Verein nicht wie von Bündnisgrünen und SPD gefordert, vom IfAZ-Text distanzieren werde: "Wir sind uns einig in den Forderungen, auch wenn einige Formulierungen vielleicht etwas unglücklich sind."

IfAZ und Verein JZ Bünde seien nicht identisch. "Es ist für uns selbstverständlich, Initiativen wie Antifa oder IfAZ Raum für ihre Arbeit zu stellen, aber letztlich sind diese selbst für ihre Aktionen verantwortlich", sagte Löwe. Vereinsangelegenheiten werden im wöchentlichen Hausplenum besprochen. "Etwa zehn bis fünfzehn Leute kommen noch regelmäßig, bei Parties sind es auch schon mal 100."

Der Verein biete seit 1972 offene Angebote für Jugendliche in Bünde an. "Da wir unsere Arbeit nicht nur für unsere Vereinsmitglieder, sondern für alle machen, sind wir der Meinung, dass sie auch weiterhin aus der öffentlichen Hand gefördert werden sollte", so Löwe. Zwar halte man nach geeigneten Standorten Ausschau, sehe aber in der Raumfrage weiterhin die Stadt Bünde in der Pflicht.

Die Demonstration begann mit einstündiger Verspätung, weil ein Zug mit Demonstrationsteilnehmern verspätet ankam. Um den Zeitplan aufzuholen entfiel eine Zwischenkundgebung. Als der Zug die Brasserie erreichte, versuchten etwa 150 Teilnehmer kurz bis vor den Eingang zu gelangen, wurden aber von Polizei und Anmelder überzeugt, sich lieber mit Argumenten Gehör zu verschaffen.

Nach einem Grußwort Beate Niemeyers ( PDS Bielefeld) folgte der abschließende Redebeitrag der IfAZ, in dem erneut ein Haus für selbstorganisierte Kultur und für die politische Organisierung gefordert wurde. "Wir sind uns sicher, dass wir ein neues Haus bekommen werden!" schloss der Redner. Die Demonstration verlief nach Angaben der Polizei ohne größere Störungen. Am Rande habe es zwei Festnahmen gegeben, von denen jedoch keine Demoteilnehmer betroffen gewesen seien (wir berichteten).


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