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Flüchtlingshilfe Detmold und Bildungswerk Lippe , 09.02.1993 :

Nie wieder Ghettos und Lager! / Informationsveranstaltung gegen die Einrichtung von Sammellagern für Flüchtlinge in Detmold und Lemgo / Donnerstag 18.02.1993 um 19.30 Uhr - Landesmuseum Ameide, Detmold

Eingeladen sind:

- Volker M. Hügel, Flüchtlingsrat NRW
- Daniel Kreutz, MdL "Die Grünen" NRW

Dezentrale Unterbringung für Flüchtlinge ist möglich und machbar!

In der letzten Sitzung des Detmolder Stadtrats und am "Runden Tisch -Flüchtlinge in Detmold" beantwortete ein Vertreter des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MACS) des Landes NRW Fragen zu der geplanten Einrichtung eines Sammellagers für Flüchtlinge in Detmold.

Ab April 1993 sollen in der ehemaligen Kaserne der Britischen Rheinarmee an der Lemgoer Straße bis zu 500 Flüchtlinge untergebracht werden.

Auf unserer Veranstaltung werden die Referenten noch einmal umfassend über die Folgen der Lager für die Flüchtlinge berichten, weitere Punkte sind der geplante Asylkompromiss und die Auswirkungen des neuen Asylverfahrensgesetzes. In der Neufassung des Asylverfahrensgesetzes wurde im Sommer 1992 festgelegt, dass jeder Flüchtling nach der Asylantragstellung bis zu 3 Monaten in Sammellagern leben muss. In der politischen Diskussion um die Gesetzesänderungen wurde die Zielrichtung dieser Maßnahmen offen genannt.

Auf der einen Seite wird eine extreme Beschleunigung der Asylverfahren durch sehr kurze Widerspruchsfristen und die ständige Kontrolle über die Flüchtlinge in den Lagern angestrebt, abgelehnte Asylbewerberinnen sollen direkt aus den Lagern abgeschoben werden. Auf der anderen Seite sollen alle Verschärfungen, besonders aber die Lagerunterbringung, Flüchtlinge vor einer Asylantragstellung in der BRD abschrecken.

Eine solche Sichtweise führt völlig an der Situation der Flüchtlinge und den Ursachen ihrer Flucht, die oft auch eine Folge der Politik der Industrienationen sind (z.B. Waffenexporte in die Türkei) vorbei.

Die Menschen fliehen unter anderem vor Bürgerkriegen (z.B. in Sri Lanka und dem ehem. Jugoslawien), vor Pogromen (z.B. Roma aus Rumänien) oder vor politischer Verfolgung (z.B. Kurden aus der Türkei), und sie haben ein Recht auf Zuflucht und Schutz!

Doch statt Sicherheit droht den Flüchtlingen hier die schnelle Abschiebung, werden Menschen unterschiedlichster Nationalität und unterschiedlichen Geschlechts auf engstem Raum in Lagern untergebracht. Neben der Angst vor Abschiebung stehen die Flüchtlinge unter dem Druck der ständigen Kontrolle und Überwachung. Durch das Arbeitsverbot und die vorgeschriebene Gemeinschaftsverpflegung wird ihnen jede sinnvolle Tätigkeit genommen, ihre Selbstbestimmung extrem eingeschränkt.

Durch den Druck dem die Menschen ausgesetzt werden, sind soziale Spannungen und Konflikte vorprogrammiert. Die Lager grenzen die Flüchtlinge aus, stigmatisieren sie und schaffen neue Vorurteile, dieses lehnen wir entschieden ab.

Das Gespräch mit dem Vertreter des MACS hat auch ergeben, dass keine gesetzlichen Vorgaben für die Größe von Sammellager gemacht werden. Mit genügend politischem Willen könnte es also möglich sein, für die Aufnahme der Flüchtlinge in Detmold z.B. 10 Wohnheime mit nicht mehr als 50 Plätzen je Heim zu schaffen oder durch geeignete Umbaumaßnahmen den Lagercharakter der Kasernen aufzuheben und den dortigen Wohnraum für Flüchtlinge und andere Wohnungssuchende nutzbar zu machen.

Ghettos und Lager hat es in Deutschland schon zu viele gegeben!


diether.kuhlmann@friedensbuero.de

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