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Lippische Rundschau , 02.12.1980 :

Kommentar / Hausfriedensbruch

Hans Hoffmeister

Junge Leute machen auf ein Anliegen aufmerksam. Sie wollen verhindern, dass die Klingenbergschen Fabrikgebäude zugunsten einer leeren Wiese, später zugunsten von Bürobauten für den Regierungspräsidenten abgerissen werden. Sie wollen ein Kulturzentrum (natürlich ein selbstverwaltetes) in diesen Gebäuden eingerichtet wissen. Sie meinten, zur Erreichung ihres Zieles die Gebäude besetzen zu müssen. Das Wort "Besetzung" muss zunächst übersetzt werden: es muss wohl "Hausfriedensbruch" heißen.

Die Polizei hat sich auf Anweisung des Oberkreisdirektors bislang zurückgehalten und sich auf die "Beobachtung" der Rechtsbrecher beschränkt. Dies war gut so: eine Eskalation des gesetzwidrigen Handelns durch die so genannten "Besetzer" wäre das letzte, was sich Gegner und Befürworter des Abbruches der Klingenbergschen Gebäude wünschen könnten.

Die Polizei setzte offenbar auch auf die Ablehnung, auf die die Aktion in der Bevölkerung stoßen würde. Die Rechnung ist aufgegangen. Die Bevölkerung zeigt sich nahezu demonstrativ desinteressiert: Diesen Stil will niemand in Detmold eingeführt wissen. Mit ihrem auch dilettantischen Vorgehen haben sich die etwa 60 Akteure zudem selbst ein weiteres Zeugnis ausgestellt, nämlich das der Unklugheit.

Mit dieser Aktion wird nämlich das ehrenwerte Bemühen ernstzunehmender Bürgerkreise – beispielsweise die "Bürgeraktion Stadtsanierung", von Mitgliedern des Stadtrates und der Stadtverwaltung – kaputtgemacht; dieses Bemühen zielt, die LR schrieb dies schon, gleichfalls auf einen zumindest vorläufigen Erhalt der Gebäude, allerdings mit dem Gedanken, hier ein dringend benötigtes Spätaussiedlerheim einzurichte. Allerdings hat man hier erkannt, dass ein Handeln aus Emotionen heraus keinen Sinn hat.

Anstatt das Gespräch mit – angesichts des gemeinsamen Anliegens – Gleichgesinnten zu führen und sich auf ein auf dem Boden des Gesetzes stehendes gemeinsames Handeln zu verständigen, wurde von den "Besetzern" ein anderer Weg gewählt. Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen: Hier wollen einige ihr spezielles Süppchen kochen. Die "Detmolder Kulturinitiative", die sich gestern mit dem eigentlich strafwürdigen Handeln solidarisierte, hat sich selbst außerhalb gestellt: Sie hält die Aktion für ein "legitimes Mittel". Die LR denkt deshalb auch nicht daran, ihre gestrige Erklätrung zu veröffentlichen.

Eines ist auch klar: Mit ihrem Vorgehen haben sich die "Besetzer" selbst und all denen, die den Abbruchplänen des RP skeptisch gegenüber stehen, den schlechtesten Gefallen getan.



wb@westfalen-blatt.de

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