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Die Glocke , 19.10.2004 :

Realschule St. Martin / Israelaustausch: Aus Fremden wurden Freunde

Sendenhorst (gl). Am deutsch-israelischen Schüleraustausch der Realschule St. Martin mit der Junior High School in Mevasseret-Zion nahmen insgesamt 38 Schülerrinnen und Schüler aus beiden Ländern teil. Sie erlebten elf gemeinsame Tage, Tage voller Freude, aber auch schwere Situationen. Alles fing schon mit einer Panne an: Am Sonntag, 26. September, kamen die Israelis gegen 9.30 Uhr auf dem Flughafen Münster/Osnabrück an, doch es dauerte noch mehr als eine Stunde, bis wir sie endlich begrüßen konnten. Die Fluggesellschaft hatte das Gepäck von sieben Israelis nicht mit nach Münster gebracht. Bis das Gepäck am nächsten Tag kam, mussten zunächst einmal die Familien mit anderen Sachen aushelfen. Am Montagmorgen wurde die israelische Gruppe von Bürgermeister Werner Dufhues im Sendenhorster Rathaus empfangen. Es war eine seiner letzten Amtshandlungen als Bürgermeister. Den Nachmittag verbrachten deutsche und israelische Schüler dann zusammen. Im Maximare, dem neuen Schwimmbad von Hamm, wurden die Kontakte zwischen den Schülerinnen und Schülern intensiver und es entwickelten sich Freundschaften. Zwei Tage später fuhren die Schüler gemeinsam nach Amsterdam. Der Besuch im Anne-Frank-Haus war ein erster sehr nachdenklich machender Programmpunkt. Der Höhepunkt des Austauschs war sicher der gemeinsame, dreitägige Aufenthalt in Berlin. Hier standen viele gemeinsame Unternehmungen auf dem Programm: Jüdisches Museum, Stadtrundfahrt, ein Theaterprojekt, die Geschichte Berlins in "The Story Of Berlin", Besuch des Reichstags und vieles mehr. Doch neben allem Programm wurden vor allem zwei wunderbare gemeinsame Tage in der Jugendherberge am Wannsee verbracht. Die Rückfahrt von Berlin führte die Gruppe über Sachsenhausen. Der gemeinsame Besuch in dem ehemaligen Konzentrationslager war für israelische wie deutsche Schüler nicht leicht. Sie erfuhren haarsträubende Dinge über Gefangenenmisshandlung, Appelle oder medizinisch Versuche. Um die Toten zu ehren, hatten die israelischen Schülerinnen und Schüler eine kurze Zeremonie mit Texten und Musik vorbereitet. Alle waren zutiefst betroffen. Während des Aufenthalts der israelischen Schüler wurde neben allen Ausflügen auch viel Zeit in der Schule verbracht. Die Gäste wurden in den Unterricht einbezogen. Am letzten Tag stand gemeinsamer Projektunterricht auf dem Programm. Da gab es Workshops für Musik, Kunst, Kochen und Physik. Auch dieser Zeitungsbericht von ist an diesem Tag entstanden. Der Abschied auf dem Flughafen fiel allen schwer. Doch die Schüler haben sich vorgenommen, in den nächsten Wochen in engem Kontakt zu bleiben (e-mail und ICQ) und sich Ende April hoffentlich alle in Israel wiederzusehen. Lukas Busse, Frederik Hellmann.

Besuch des KZ Sachsenhausen / Schmerz und gemeinsame Trauer

Sendenhorst/Sachsenhausen (gl). Die St.-Martin-Schüler Henning Austermann und Dajana Esch schreiben über den Austausch und speziell über den Besuch des KZ Sachsenhausen: "Die ersten Gefühle waren Aufregung, Neugier und auch ein kleines bisschen Angst. Das längere Warten auf die Ankunft der israelischen Schüler (einige Koffer waren nicht in Münster angekommen) trug auch nicht zur Beruhigung bei. Die Angst allerdings verflog schnell, nachdem sich alle herzlich und offen begrüßt hatten. Schon nach den ersten Tagen haben wir alle Scheu verloren, irgendetwas zu fragen, zu erzählen und mitzumachen. Da das Programm viel Zeit in Anspruch nahm, lernten wir nicht nur unsere direkten Austauschpartner besser kennen, sondern auch alle anderen in der Gruppe. Schon bald merkten wir, dass die Unterschiede zwischen unseren beiden Nationen gar nicht so groß waren. Da alle gut miteinander klar kamen, hatten wir gemeinsam viele schöne Stunden. Im Konzentrationslager in Sachsenhausen, das wir gemeinsam besuchten, waren Trauer, Schmerz und Wut Auslöser vieler Tränen. Die Angst, dass die Israelis von nun an Vorbehalte uns gegenüber haben würden, war groß. Doch das war völlig unbegründet. Arm in Arm und Hand in Hand trösteten wir uns gegenseitig. Noch enger wurden die Freundschaften; durch den gemeinsamen Halt noch verstärkt. Wir vermissten die Schüler, noch bevor der Austausch zu Ende war. Wir haben durch diesen Austausch viel gelernt. Ob jetzt die Kultur eines anderen Landes, neue Einblicke in eine fremde Sprache oder einfach nur das Gefühl, dabei zu sein. Durch die engen Freundschaften untereinander fiel uns der Abschied sehr schwer. Wir freuen uns auf das Wiedersehen in Israel und hoffen, dass dies nicht der letzte Besuch untereinander sein wird."

Brief aus Jerusalem / "Wir werden viele Jahre daran denken"

Sendenhorst/Jerusalem(gl). Kurz nach ihrer Rückkehr meldeten sich die israelischen Schüler mit einem Brief aus Jerusalem in Sendenhorst: "Liebe Freunde, zwei Tage nach der Rückkehr von unserer elftägigen Reise nach Deutschland sind wir alle noch aufgeregt und glücklich. Die mitgenommenen Erfahrungen sind zahlreich und bedeutsam, und wir werden sicher noch viele Jahre daran denken. Obwohl es schon unser dritter Besuch in Deutschland war, sind wir immer noch überrascht und dankbar für die außergewöhnliche Planung und Durchführung des Programms, für die herzliche Gastfreundschaft der Familien und für die erfahrene Zuneigung und Freundschaft. Wir haben es in der kurzen Zeit fertig gebracht, einen langen Weg zu gehen, wir hatten viele gute und fröhliche Erlebnisse, aber auch schmerzliche und sehr emotionale Momente. All dies hat uns zu einer einigen und füreinander sorgenden Gruppe geformt. Nun warten wir gespannt auf euer Kommen im April. Wir werden uns sehr anstrengen, damit Ihr euch in Israel so zu Hause fühlen werdet, wie wir es bei euch empfunden haben. Erst einmal wünschen wir euch alles Gute, versprechen in Kontakt zu bleiben und sagen âShalom´ aus Israel."


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