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Lippische Landes-Zeitung , 02.07.1983 :

NATO - UdSSR

Zum Brief des Herrn Jauch, LZ vom 4. Juni 1983:

Ich gönne Herrn Jauch seine Freude, verwahre mich aber dagegen, dass er sich anmaßt, im Namen der lippischen Bevölkerung zu sprechen. Oder gehören Seine-Meinung-nicht-Teilende nicht mehr zur lippischen Bevölkerung?

Die Frage, wie es zu erklären ist, dass in Linderhofe leider noch nicht genug demonstriert haben, kann ich ihm beantworten. Die meisten Bürger sind mit Arbeitsplatzsorgen und sinkenden Realeinkommen derart beschäftigt, dass ihnen der Ernst der militärischen Lage noch nicht zu Bewusstsein gekommen ist. Damit ist auch der Wahlerfolg Dawekes zu erklären - und nicht mit der "Sicherheits- und Friedens-", sprich Vasallentreuepolitik des Herrn Kohl gegenüber den USA.

Weiter spricht er davon, dass die Nato-Staaten keine Mittelstreckenwaffen in Europa stationiert haben. Wann ist GB aus der Nato ausgetreten? Nach einhelliger Ansicht der Geographen gehört es auch immer noch zu Westeuropa. Die mit atomarer Trägerkapazität ausgestatteten taktischen Bomber der Nato sind zwar nicht fest installiert, aber dennoch Mittelstreckenraketen. Und was ist mit den seegestützten taktischen U-Booten der Nato? Sie sind für Herrn J. anscheinend nicht existent und damit auch keine Bedrohung der Staaten des Warschauer Militärvertrages.

Ein weiterer Punkt, der so nicht stehen bleiben kann, ist der Vergleich der UdSSR mit Hitler-Deutschland. Zum einen war Russland bis 1917 ein völlig unterentwickelter mittelalterlicher Feudalstaat, der sich seitdem trotz der Interventionen und Überfälle feindlicher Kräfte recht gut entwickelt hat. Zum anderen war das Großdeutsche Reich gar nicht so hoch gerüstet, wie er meint. Als im Mai 1940 die Offensive gegen Frankreich begann, war Deutschland nur bei der Luftwaffe überlegen. Bei den Panzern stand das Verhältnis 2 : 1 für die Alliierten (Frankreich/Großbrit.), ebenso bei der Artillerie. Auch personell waren die Alliierten leicht überlegen. Der deutsche Angriffserfolg war nur durch die weit überlegene Strategie und Taktik solch überragender militärischer Führer wie Erich von Manstein, Heinz Guderian und Kurt Student zu erringen. Zieht man diese Fakten in Betracht, so erscheint eine, falls überhaupt vorhanden, konventionelle Überlegenheit der UdSSR gar nicht mehr so fürchterlich, denn auch heute hat die Nato sehr fähige Militärs (z.B. Dr. von Senger und Etterlin). Auch die Mentalität der Völker der UdSSR lässt Zweifel daran zu, ob diese zu einem Angriffskrieg überhaupt fähig sind. Einen atomaren Holocaust aber, das beweisen die ständig weitergehenden Friedensvorschläge der SU, will sie um jeden Preis verhindern. Diesen konstruktiven Vorschlägen steht nach Jauchscher Philosophie allerdings der "ehrliche Verhandlungswille" der Nato gegenüber. Allein dieses "ehrlichen Verhandlungswillens" wegen ist es ja auch noch zu keinem Abschluss gekommen.

Zum Schluss noch eines: Wer ein Verfassungsfeind ist, entscheiden zum Glück nicht Herr J. oder Herr Zimmermann, sondern noch immer das BVG in Karlsruhe.

Wolfgang Brehm
Schelpstraße 9
Bad Salzuflen

02./03.07.1983
Detmold@lz-online.de

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