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Die Glocke , 02.04.2005 :

Sendenhorst 1933 bis 1946, Teil 2/ Die Nazi-Zeit / NSDAP fasste nur schwer Fuß

Von Ulf Steffenfauseweh

Sendenhorst (gl). Wäre es in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts nur nach den Sendenhorstern gegangen, Deutschland wäre von der Nazi-Herrschaft verschont geblieben. Denn in der Martinusstadt konnten Adolf Hitler und die NSDAP auch in den letzten Tagen der Weimarer Republik nie richtig Fuß fassen.Zum Beispiel 1930, als die Nazis bei den Reichstagswahlen auf einen Schlag 18,3 Prozent der Stimmen holten, bekamen sie im Kirchspiel ganze neun Stimmen, was gerade zwei Prozent ausmachte. Für die Stadt Sendenhorst sind zwar keine Zahlen erhalten, größere Abweichungen sind allerdings nicht anzunehmen. Und auch bei den Juliwahlen 1932 blieb die NSDAP mit einem Stimmenanteil von 14,9 Prozent deutlich hinter ihrem reichsweiten Ergebnis zurück.

Wenngleich hier schon eine deutliche Veränderung der politischen Landschaft zu verzeichnen ist, es dominierte weiterhin eindeutig eine Partei: das Zentrum. Im tief katholischen Sendenhorst erreichte die Konfessionspartei bei allen freien Wahlen in der Endphase der Weimarer Republik mindestens eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Der Rat der Stadt Sendenhorst war dagegen nicht nach Parteien besetzt. Stets trat eine "Allgemeine Bürgerliste" an, die ohne Konkurrenz war. Dies änderte sich erst am 12. März 1933, also zu einem Zeitpunkt, als Hitler bereits Reichskanzler war. Eine kleine, aggressive Gruppe von Nationalsozialisten brach aus dem Konsens aus und stellte - ebenso wie die KPD - eine eigene Liste auf. Sie erreichte 21,1 Prozent der Stimmen und entsandte so mit Josef Bartmann, Gerhard Hille und Hermann Stute drei Ratsherren. Dominierend blieb aber die Bürgerliste mit 72,6 Prozent und elf Ratsvertretern. Eigentlich ein deutliches Ergebnis.

Nichtsdestotrotz brachten die Gewinne der Nazis Bürgermeister Joseph Austrup so aus der Fassung, dass er einen vollen Monat verstreichen ließ, ehe er die erste Ratssitzung einberief. 1933 konnte sich dann auch Sendenhorst zumindest in Jargon und Äußerlichkeiten den Nazis nicht mehr verschließen. So wurden nach einem Dringlichkeitsantrag der NSDAP vom 12. April 1933 die Neustraße in Adolf-Hitler-Straße und die Schulstraße in Horst-Wessel-Straße umbenannt. Auch Bürgermeister Austrup - ein gestandener Zentrumsmann - trat im Mai der nationalsozialistischen Partei bei. Wohl eine für ihn notwendige Maßnahme, da die Nazis, wie Heinrich Petzmeyer in seiner Stadtgeschichte schreibt, "nach erprobter Strategie Belastungsmaterial gegen Bürgermeister Austrup gesammelt" hatten, "um den Umsturz und die Machtübernahme in Sendenhorst vorzubereiten". So aber blieb der Bürgermeister bis zu seiner freiwilligen Pensionierung 1943 im Amt und hielt "die Zügel fest in der Hand".

02./03.04.2005
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