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Westfälisches Volksblatt , 02.04.2005 :

Vier mutige Männer verhinderten Blutvergießen / Vor 60 Jahren wird Bad Lippspringe zu Ostern kampflos übergeben

Bad Lippspringe (Ka). Ostermontag 1945 am 2. April: Auch für die Bad Lippspringer steht das Ende des Krieges unmittelbar bevor. Die Nachricht von der Einnahme Paderborns wirft eine für die Bad Lippspringer existenzielle Frage auf: Soll sich die Stadt - wie von der Parteileitung befohlen - gegen die anrückenden amerikanischen Truppen sinnlos verteidigen? Oder ist es nicht an der Zeit, eine schnelle kampflose Übergabe zu erreichen?

Bürgermeister Wilhelm Lange bleibt abwartend und zögert. Schließlich ergreifen am Abend des 2. April 1945 vier beherzte Badestädter Bürger die Initiative. Sie erklären sich spontan bereit, als Parlamentäre nach Paderborn zu fahren, um so unnötiges Blutvergießen zu verhindern. Es sind dies der Kaufmann Franz Rudolphi, der Landwirt Otto Zündorf, der Arzt Dr. Heinrich Siepmann und der Fabrikant Peter L. Grüber.

Die Vorzeichen für einen Erfolg der Mission stehen nicht schlecht: Letzte kampfbereite Soldaten, die in der Detmolder Straße und am Pfingstuhl Stellung bezogen haben, ziehen bis zum Abend in Richtung Bad Meinberg ab. Und auch die Männer des örtlichen "Volksturms" werden nicht zur sinnlosen Verteidigung der Badestadt mobilisiert.

Die Fahrt ins Ungewisse beginnt gegen 19 Uhr. Dr. Siepmann hat für dieses nicht ungefährliche Unternehmen sein Auto zur Verfügung gestellt. Am Wagen ist eine weiße Fahne gesetzt. Zunächst verläuft alles problemlos. Schon eine Stunde später haben die vier Männer einen amerikanischen Militärposten östlich von Paderborn erreicht. Der Empfang ist allerdings "frostig". Grübers Wunsch, den verantwortlichen General sprechen zu dürfen, wird ignoriert. Eine geraume Zeit vergeht, bis ein junger amerikanischer Offizier erscheint, der sich als Bürgermeister von Paderborn vorstellt. Es besteht kein Zweifel, wer hier von nun an das Sagen hat. Ohne zu protestieren, folgen daher die vier Männer seiner Aufforderung, ihn in seinem Wagen zu begleiten.

Es vergehen bange Stunden des Wartens in Paderborn

In raschem Tempo durchquert der amerikanische Militär-Jeep die schwer verwüstete Paderstadt. Ziel der Fahrt ist die Zentrale der Military-Police (M.P.), wo sich die Parlamentäre einer eingehenden Personenkontrolle und Verhören unterziehen müssen. Franz Rudolphi erklärt, er und seine Begleiter seien im Auftrag ihres Bürgermeisters hier, der um eine rasche Besetzung der Badestadt bitte. Es hielten sich keine deutschen Kampfverbände mehr in Bad Lippspringe auf.

Generalleutnant Collins, Kommandeur des VII. US-Korps, zu dem auch die 3. Panzerdivision gehört, ist sich unschlüssig und befiehlt, die vier Männer weiter festzuhalten. Nach kurzer durchwachter Nacht werden sie gegen 8 Uhr von Paderborn aus zum Divisionsgefechtsstand nach Nordborchen gebracht. Hier erfahren sie, dass zwei amerikanische Kampfgruppen Befehl haben, die Badestadt zu besetzen.

Es vergehen bange Stunden des Wartens, die die vier Parlamentäre im katholischen Pastorat von Nordborchen verbringen. Gegen 16.40 Uhr trifft endlich die erlösende Nachricht ein, dass Soldaten der 8. US-Panzerdivision in Bad Lippspringe eingerückt seien, ohne dabei auf irgendwelche Gegenwehr zu stoßen.

02./03.04.2005
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