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Lippische Rundschau , 19.03.1997 :

Rühe verurteilt Überfall auf jugendliche Ausländer / Sechs Wehrpflichtige in Untersuchungshaft

Von Christian Althoff

Detmold (WB). Das Amtsgericht Detmold hat gestern Abend Haftbefehle gegen sechs Bundeswehrsoldaten aus dem Standort Augustdorf erlassen. Drei weitere Soldaten werden heute dem Haftrichter vorgeführt. Die Wehrpflichtigen haben gestanden, am Montag Abend in der Detmolder Innenstadt mit Sturmhauben maskiert vier junge Ausländer überfallen und verletzt zu haben. Oberstaatsanwalt Diethard Höbrink: "Wir werfen ihnen schweren Landfriedensbruch, Volksverhetzung und gefährliche Körperverletzung vor."

Politiker aller Parteien verurteilten gestern den Überfall. Bundesverteidigungsminister Volker Rühe (CDU) entschuldigte sich öffentlich bei den Opfern und kündigte an, dass der Staat jetzt mit allen Mitteln des Straf- und Disziplinarrechtes gegen die Soldaten vorgehen werde. Der "schlimme Vorfall" dürfe jedoch nicht als Hinweis auf rechtsextremistische Tendenzen in der Bundeswehr bewertet werden: "Diese Männer waren erst seit dem 2. Januar bei uns und wurden in diesen wenigen Wochen bestimmt nicht durch die Bundeswehr geprägt."

Bei den Verhafteten handelt es sich um die Wehrpflichtigen Mirko A. (20), Marko M. (19), Christian F. (21), Rüdiger L. (20), Christian S. (21) und Patrick F. (20), die aus Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Hessen stammen. Die drei weiteren Soldaten, gegen die heute Haftbefehle erlassen werden sollen, kommen aus Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Diese neun Wehrpflichtigen, von denen vier in Uniform waren, hatten Montag Abend einen Italiener, einen Amerikaner sowie zwei Türken überfallen. Detmolds Kripo-Chef Dieter Buckoh: "Zum Glück sind alle Opfer mit leichten Verletzungen davongekommen." Sie erlitten Prellungen an Kopf, und Beinen und kleinere Schnittwunden. Bei den Zusammenstößen mit den Ausländern sollen außerdem Sätze wie "Kanake, hau' ab aus Deutschland, oder wir machen dich kalt" gefallen sein.

Die Kripo durchsuchte bis gestern Abend die neun Heimatwohnungen sowie die Autos und Spinde der Festgenommenen. Polizeirat Thomas Kubera, Leiter des Bielefelder Staatsschutz-Kommissariates: "Erst nach Auswertung des Materials können wir sagen, ob die Tatverdächtigen einen rechtsextremen Hintergrund haben."

Die Soldaten hatten ihre Grundausbildung im hessischen Sontra absolviert und waren seit vier Wochen bei der 3. Kompanie des Panzeraufklärungs-Bataillons 7 in Augustdorf stationiert. Dort sollten sie auf ihren SFOR-Einsatz im ehemaligen Jugoslawien vorbereitet werden.


wb@westfalen-blatt.de

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