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Neue Osnabrücker Zeitung , 21.09.2001 :

Schulpflicht: Im Lager "nicht zu Ende gedacht"

Hesepe(pp). Gastgeber Heinz Kurschat nahm die Gelegenheit gerne wahr, die Elternvertreter über die Situation zu informieren, die seit der Auflösung des Erstaufnahmelagers für Aussiedlerfamilien vor zehn Monaten eingetreten ist. Der Lagerleiter berichtete über die drei vom Rechtscharakter her völlig verschiedenen Gruppen, die im Grenzdurchgangslager von seiner Belegschaft betreut würden.

Kurschat legte in seinen Schilderungen den eindeutigen Schwerpunkt auf die Gruppe der Asylbewerber; mit den jüdischen Emigranten und den Aussiedlern, die zusammen etwa zwei Drittel der Lagerbewohner ausmachten, gebe es wenige Probleme. Ihre Verweildauer betrage in Hesepe nur wenige Wochen.

Bei den Asylbewerbern sei die Rechts- und Verfahrenslage völlig anders. Kurschat stellte im Vergleich zur dezentralen Unterbringung in Kommunen Vor- und Nachteile der Gemeinschaftsunterkunft heraus. Der Lagerleiter widersprach der Behauptung, Hesepe sei ein "Abschiebelager".

Die Wirklichkeit sehe so aus, dass von den abgelehnten Asylbewerber bisher nicht einmal 20 Personen abgeschoben wurden; mehr als die doppelte Personenzahl sei in anderen Gemeinden untergekommen.

Schneider zollte der Lagerbelegschaft höchsten Respekt, die, "auch ohne Pädagoge zu sein, mit verschiedenen Kulturen auszukommen versucht". Kurschat sprach von "kalkulierbarer Ärgervermeidung" als Handlungsdevise.

Den Stadtelternrat interessierte vor allem die Frage der Schulpflicht, die laut Kurschaft mit der Aufnahme "ab sofort besteht". Der Hausherr fuhr fort, dass zu seinem Bedauern mit der Schulverwaltung keine Einigung erzielt werden konnte, die Kinder im Lager selbst zu unterrichten. Durch die Verteilung auf die örtlichen Schulen würden die "sprachlichen Defizite weitergeschoben"; unregelmäßiger Besuch bringe in den Schulalltag zusätzliche Unruhe.

Der Stadtelternrat unterstützte die Vorschläge von Kurschat, die schulpflichtigen Kinder ebenso wie die Erwachsenen an Ort und Stelle mit der deutschen Sprache und Kultur vertraut zu machen. Die Ablehnung, weil sonst ein Präzedenzfall geschaffen würde, sei nicht nachzuvollziehen.

Die Eltern kritisierten die Inkonsequenz der Schulaufsicht als unbefriedigend, die den Schulbesuch nicht durchsetze. Ähnliche Widersprüche seien in der Berufsausbildung an der Tagesordnung. "Die Leute wollen nur arbeiten", ist laut Kurschat die Bereitschaft zu lernen nicht zuletzt wegen der Sprachdefizite unterentwickelt.


f.wiebrock@neue-oz.de

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