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Lippische Wochenschau , 23.08.1990 :

Roma-Problematik: Bürger organisieren einen Sternmarsch und erwarten den Minister

Bad Salzuflen (dit). "Jetzt reicht es: Bürger sagt Eure Meinung", fordern Schötmaraner Bürger, die sich zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen haben und nicht mehr widerspruchslos hinnehmen, was durch die in der Erich Kästner-Schule untergebrachten Roma von ihnen abverlangt wird. Nun soll als sichtbarer Ausdruck des Protestes ein Sternmarsch stattfinden, der am Montag. 27. August, zum Salzhof führen wird, wo eine Kundgebung stattfindet.

"Kein Ende mit den Roma/Verwaltung gegen Bürger“ ist eine der Schlagzeilen, die für diesen Sternmarsch ausgegeben wurden. Weitere Hauptthesen für den Protest sollen nach einer am Dienstag Abend stattgefundenen Zusammenkunft von zehn hauptsächlich Aktiven aus dem Bereich der unmittelbaren Nachbarschaft der Schule sein: "Stadt im Dreck - wie lange noch?", "Dusseldorf schweigt, wir nicht“ oder "Jetzt reicht es: Bürger sagt Eure Meinung". Eindringlich wurde bei der Vorbereitung des Sternmarsches darauf hingewiesen, dass es sich bei der Roma-Problematik nicht um eine Sache handele, die nur die Schötmaraner angehe: Jeder Bürger Bad Salzuflen könne von heute auf morgen ebenso betroffen sein wie das Beispiel Ahmsen gezeigt habe. Deshalb sei eine Beteiligung möglichst vieler Bürger am Montag wichtig, auf 3000 Teilnehmer bei dem Protestmarsch wird gehofft.

Losgehen soll es um 19 Uhr von drei Standorten aus: Marktplatz in Schötmar, Parkplatz Werler Krug (insbesondere für die Ahmser Bürger) und Sportplatz Waldstraße (besonders für Bürger aus Wüsten und Salzuflen). Bürger aller anderen Ortsteile, die mitmachen wollen, können sich an diesen Standorten einfinden. Die Abschlusskundgebung auf dem Salzhof soll um 19.30 Uhr beginnen und um 20.15 Uhr beendet sein.

Die Kritik der in Schötmar besonders betroffenen Bürger konzentriert sich inzwischen zu einem Großteil auf die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung. Insbesondere der zuständige Sozialdezernent, Beigeordneter Dr. Wolfgang Honsdorf, ist in die Schusslinie geraten, da er sich mit mehreren Äußerungen den Unmut der Bürger zugezogen habe. Bei der Zusammenkunft am Dienstag wurde sogar unmissverständlich gefordert: "Der muss weg!" Honsdsorf sei, so wurde begründet, für die völlig unzureichende und unzumutbare Unterbringung der Roma in der Schule an der Schülerstraße verantwortlich.

Erheblicher Unmut machte sich auch am Mittwoch morgen breit: Im Bereich der Erich-Kästner-Schule fand eine große Säuberungsaktion durch städtische Arbeiter statt. Gärten wurden umgegraben, Fäkalien und sonstiger Unrat beseitigt. Dieser an sich zu begrüßende Umstand stieß in diesem Fall auf Kritik, denn es hat sich herumgesprochen, dass am Freitag, 24. August, der nordrhein-westfälische SPD-Innenminister Dr. Herbert Schnoor nach Schötmar kommen will. Und für diesen wurde nun alles ordentlich hergerichtet, statt ihm die tatsächliche Situation vor Augen zu führen. Denn der Minister komme nicht etwa, um den betroffenen Bürgern Schötmars oder Salzuflens Trost und Hilfe zu vermitteln, sondern er habe über einen Fernsehbericht von den "schwarzen Sheriffs" (die Mitarbeiter der Wach- und Schließgesellschaft, die nachts die Häuser bewachen) gehört, die engagiert wurden, obwohl die Polizeiwache direkt neben der Schule mit den Roma ist.

Die Polizei aber, so die Bürger, konnten diese Arbeit aus Personalmangel gar nicht leisten. Und so fliegt nun der zuständige Innenminister ein: Schnoor landet am Freitag um 9.30 Uhr mit einem Hubschrauber im East-Yorkshire-Park und wird dann die sicherlich bis dahin aufgeräumte und gesäuberte Erich-Kästner-Schule besuchen. Die protestierenden Bürger Schötmars werden an der Schülerstraße einen Informationsstand errichten.


lokalredaktion@lippische-wochenschau.de

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