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Neue Westfälische , 07.01.2002 :

Neonazis beugen sich Demo-Verbot / 1.000 Bürger zeigen in Wewelsburg und Paderborn Flagge gegen Rechts

Von Karl Finke

Paderborn/Büren. Die Radio-Nachricht am Samstag um 10.30 Uhr sorgte für Aufatmen in den Reihen der Aktionsbündnisse: Das Bundesverfassungsgericht hatte noch am späten Freitagabend das Verbot einer Neonazi-Demonstration an der geschichtsträchtigen Wewelsburg bestätigt. 200 Personen in Wewelsburg und rund 1.000 wenig später in Paderborn demonstrierten dennoch, setzten ein Zeichen auch zukünftigweder hier noch dort Rechtsradikale zu dulden.

Mehrere hundert Polizisten hielten sich in Wewelsburg wie Paderborn noch bereit zur Durchsetzung des Verbotes, als zunächst auf dem Ex-Appellplatz des Konzentrationslagers Wewelsburg-Niederhagen ein Bündnis um den Verein "Gedenken 2. April" (KZ-Befreiung) der geplanten "verabscheuungswürdigen Veranstaltung", so Vorsitzender Michael Brohl, die Stirn bot: "Wir lassen keine Geschichtsklitterung mehr zu." Das Mahnmal im Dorf sei zum Ort für Menschen aus aller Welt geworden, die sich gegen subtile Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit in einem vereinten Europa einsetzen würden.

In seiner schriftlichen Verbots-Bestätigung noch am Freitag hatte das Oberverwaltungsgericht Münster die von Neonazis angemeldete Demonstration als "Verhöhnung der KZ-Opfer und ihrer Hinterbliebenen" gekennzeichnet und die bewusst gewählte Nähe zum ehemaligen KZ und der SS-Kultstätte Wewelsburg mit dem Strafbestand der Volksverhetzung – als "Billigung, Leugnung und Verharmlosung der dort begangenen Verbrechen" – bewertet. Die Würdigung dürfte auch für den zukünftigen Schutz des Ortes Bestand haben.

Gegen das Verbot einer Ersatz-Demonstration in Paderborn waren die Neonazis erst gar nicht gerichtlich vorgegangen. Das dort nach den Düsseldorfer Gewaltanschlägen im Herbst 2000 gegründete Aktionsbündnis aller Parteien, Kirchen und Gewerkschaften wie Verbände führte tausend Menschen zum Rathaus. "Darüber, dass es nicht 5.000 geworden sind, sollte niemand enttäuscht sein", zog Bündnis-Sprecher Günther Bitterberg Bilanz. Paderborn habe sich mit dieser Kundgebung einmal mehr nicht als schwarze oder rote sondern bunte Stadt erwiesen. Die Polizei spendierte nach ihrem Kurzeinsatz überschüssige Erbsensuppe.


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