www.hiergeblieben.de

Antifa-West , 10.04.2003 :

Faschistische Veranstaltung abgesagt

Das Lippische Landesmuseum Detmold hat die Räumlichkeiten für eine Veranstaltung am 4. April 2003 gekündigt, nachdem der faschistische Hintergrund der Organisatoren durch einen Brief der Antifa-West bekannt geworden ist. Zu der Verantaltung waren Timo Kölling und die Gruppe Sagittarius angekündigt.

Das Programm erweckte auf den ersten Blick nicht den Verdacht, dass es sich hier um eine Neonaziveranstaltung handelte. Timo Kölling wollte seinen Gedichtband "Veruch eines Winters" vorstellen und zum Thema "Magie des Rausches bei Friedrich Hölderlin und Ernst Jünger" vortragen. Die Gruppe Sagittarius war für den musikalischen Teil verantwortlich.

"Neuerwachen des Blutes"

Timo Kölling ist durch die Herausgabe verschiedener Schriften, insbesondere des Magazins "Monndance" bekannt geworden. Nach eigenen Angaben lebte er bis 2001 in Porta Westfalica und studiert jetzt Theologie, Philosophie und Religionswissenschaften in Heidelberg. Dort betreibt er nun auch den Renovatio Verlag. In seinen vordergründig spirituell und kulturell geprägten Veröffentlichungen bezieht er sich auf Protagonisten des Nationalsozialismus, etwa den rumänischen Faschistenführer Codreanu oder auf neonazistische Gruppen aus dem Bereich Dark Wave und Black Metal. Im "Equilibrium Manifesto" beschwor Kölling ein "Neuerwachen des Blutes", eine "neue Elite" und die Ungleichheit der Menschen. Die neonazistischen Musikgruppen des Darkwave, die in "Moondance" vorgestellt wurden, beziehen sich offen auf Theoretiker des Faschismus und der sogenannten "Konservativen Revolution" und agieren auch mit faschistischen Symbolen.

Verbindung von Dark Wave und Neonazis

Auch die Musikgruppe Sagittarius agiert im Bereich des Rechtsextremismus. So trat die Band zuletzt am 8. März diesen Jahres bei einem Konzert des "Verlag und Agentur Werner Symanek" (VAWS) in Gelsenkirchen auf. Der VAWS versucht ebenfalls eine Verbindung von Nationalsozialismus und Dark-Wave-Szene aufzubauen. Neben einschlägigen Tonträgern erscheinen dort zum Beispiel die Bücher des ehemaligen Pressereferenten im NS-Propagandaministerium, Wilfried von Oven, unter Titeln wie "Dr. G. - Meister der Propaganda" oder "Ein Nazi in Argentinien". Ideologisch verbreitet Sagittarius die Gedankenwelt der "Konservativen Revolution" und eines ihrer wichtigsten Vertreter. In diesen Tagen soll laut Eigenangaben im Renovatio Verlag Timo Köllings Langspielplatte "Die große Maria", eine musikalische Umsetzung des Romans "Auf den Marmorklippen" von Ernst Jünger, erscheinen.

Konservative Revolution

Kölling und Sagittarius gehören nicht unbedingt zu jenem Teil der extremen Rechten, die im Erscheinungsbild neonazistischer Skinheads auftreten. Längst findet sich extrem rechtes Gedankengut auch in anderen Jugendkulturen, so etwa in der hier angesprochenen Dark Wave und Black-Metal-Szene. Hier werden dezidiert antidemokratische Ideologeme, Elitedenken und Intellektualität in den Mittelpunkt des Selbstverständnis gestellt. Dabei kommt es zu einem Rückgriff auf den Personenkreis der sogenannten "Konservativen Revolution" und auf Führungspersonen der faschistischen Bewegungen außerhalb Deutsschlands, die in der Öffentlichkeit zumeist wenig bekannt sind. Unter dem Begriff der "Konservativen Revolution" werden antidemokratische Akademiker, Literaten und Philosophen aus der Zeit der Weimarer Republik zusammengefasst, die auch als Vordenker des Nationalsozialismus gelten. Als Beispiel sei hier nur auf die Rezeption des italienischen Faschisten Julius Evola verwiesen, dessen Denken heute im rechten Teil der Dark Wave-Szene wieder aktuell ist.

Eine brisante Mischung

Die Mischung von Kultur und Faschismus gehört zur Strategie besonders diesen Teils der extremen Rechten. Die letzte Ausgabe seines Magazins "Moondance" widmete Kölling "Friedrich Nietsche, Julius Evola, Ernst Jünger, Stefan George, Hermann Hesse, Corneliu Zelea Codreanu, Miguel Serrano", eine brisante Mischung aus Kultur und Politik. Auf der politischen Seite finden sich der faschistische italienische Ideologe Julius Evola, der Führer der rumänischen Faschisten, Corneliu Zelea Codreanu, und der Chilene Miguel Serrano, welcher in seinen Werken Hitler und den Nationalsozialismus zu einer spirituellen Bewegung erklärt, deren Wiederauferstehen er herbeisehnt. Doch auch die Literaten und Kulturschaffenden, denen Kölling sein "Moondance" widmet, sind überwiegend durch extrem rechte Interpretationen besetzt. Stefan George stellte sein Werk zumindest teilweise in den Dienst des Nationalsozialismus und Ernst Jünger gilt als einer der wichtigen Vertreter der antidemokratischen "Konservativen Revolution". Im Moondance Magazin kamen auch Personen auss der extremen Rechten bzw. der extrem rechten Dark Wave-Szene zu Worte, so etwa der Kopf der US-Amerikanischen Dark Wave-Formation Blood Axis.

Distanzierung von "Verirrungen des Nationalsozialismus"

In einem verquasten fünfseitigen Schreiben an die Antifa- West vom 4. April 2003 stellt Kölling sich alss harmlossen, wahrheitssuchenden, jungen Autor dar, dessen kritisierte Schriften mittlerweile drei Jahre alt seien. Er wirft der Initiative "nationalsozialistische Methoden" vor und bekräftigt seine dubiose Blutsideologie: "Blut ist nun einmal eine unauslöschbare Daseinsmacht des Menschen, die man heute Erbe, Überlieferung, Tradition nennt und die zu den Grundmächten einer jeden Kultur und Religion gehört." Immerhin distanziert sich Kölling von den "Verirrungen des Nationalsozialismus" und erklärt sein Interesse an dem rumänischen Faschistenführer Codreanu sei "erloschen".


antifa-west@nadir.org

zurück