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Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. , 01.09.2000 :

Offener Brief an den Anstaltsleiter der JVA Büren zur erneuten Arrestierung von Gefangenen

An
Herrn Peter Möller
JVA Büren
Postfach 1240
33131 Büren

Sehr geehrter Herr Möller,

in der JVA Büren ist schon wieder ein Gefangener arrestiert worden. Er berichtete uns folgendes: Als er am letzten Dienstag, mit Erlaubnis, telefonieren wollte, wurde das Gespräch von einem Beamten vorzeitig abgebrochen. Da sich der Gefangene darüber beschwerte, erhielt er vier Tage Telefonverbot. Als er später um Umschluss in eine andere Zelle bat, wurde dieses verweigert. Es kam zu einer erneuten Diskussion. Ihre Mitarbeiter wollten daraufhin den Gefangenen in eine "Schlichtzelle" bringen, er hielt sich jedoch an der Tür fest. Er wurde geschlagen und an ihn wurde gezerrt. Er ließ daraufhin die Tür los, und ihre Mitarbeiter sowie der Gefangene vielen zu Boden. Ihre Mitarbeiter schlugen daraufhin weiter auf ihn ein und fesselten ihn. Er wurde in den Keller gebracht. Auf dem Weg dahin stolperte er. Sein frisch verheilter Bänderriss fing an zu schmerzen. Im Keller wurde er mit Gewalt ausgezogen. Er erhielt lediglich eine Shorts und eine dünne Decke. Es war sehr kalt im Keller. Da er keine Möglichkeit hatte, mit der Außenwelt zu kommunizieren, drückte er den Alarmknopf in der Zelle, um nach etwas zu Trinken und sein Abendbrot zu bitten. Der Alarm wurde einfach zurückgesetzt, ohne dass sich ein Beamter um ihn kümmerte. Auf Intervention eines ehrenamtlichen Betreuers und der Verlobten des Gefangenen wurde die Strafe am Mittwoch in eine Telefonverbotsstrafe gewandelt. Er sollte sonst für acht Tage in Arrest gesperrt werden. Der Gefangene hat Blutergüsse am Arm, an den Handgelenken und unter dem linken Auge. Der Daumen der rechten Hand ist verstaucht. Er klagt über Rippen-schmerzen und Schmerzen im linken Knie.

Arrest bedeutet totale Isolation, ohne Fernsehen, ohne Radio, ohne Zeitung, ohne Bücher und vor allem ohne Kontakt zu Mithäftlingen, mit nur eine Stunde Hofgang, die isoliert von anderen Häftlingen stattfindet, 23 Stunden allein in einer Kellerzelle. Abschiebehaft ist ohnehin schon eine enorme psychische Belastung. Der zusätzliche Arrest kann zum psychischen Zusammenbruch führen. Immer wieder hören wir von Flüchtlingen, die in den Arrestzellen durchgedreht sind.

Rachid Sbaai starb, während der Verbüßung einer Arreststrafe, qualvoll an einer Rauchvergiftung.

Nach diesem tragischen Todesfall ist es für uns unfassbar, dass diese Art der Disziplinierung noch immer stattfindet. Statt zu strafen, wäre eine fachliche psychologische Betreuung notwendig. Die Beamten in der JVA sind mit dieser Aufgabe überfordert.

Wir protestieren gegen die nun wieder bekanntgewordene Arrestierung.


gockel@gegenabschiebehaft.de

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