www.hiergeblieben.de

Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische , 09.05.2006 :

20 Minuten voller Furcht / Eindrucksvolle Ausstellung problematisiert Flüchtlingsschicksale

Von Julika Gausmann

Büren. Angst vor Folter und Unterdrückung in ihrer Heimat. Ungewissheit und Hoffnung auf Asyl in Deutschland. Dieses Schicksal teilen viele tausend Flüchtlinge. In ihrer Heimat können sie nicht bleiben, aber was bringt die Flucht? Was bedeutet es für einen Hilfe suchenden Menschen mit dem Stempel "illegal" wieder in die Gefahr abgeschoben zu werden?

Antworten konnte die Erlebnisausstellung "Labyrinth Fluchtweg" rund 120 Bürener Hauptschülern nicht geben. Aber sie problematisierte ein Thema, das oft einseitig diskutiert wird. Sie vertauschte die Rollen, ließ die Angst und Bedrohung, die für viele Menschen Realität sind, für die Jugendlichen greifbar werden – wenn auch nur für 20 Minuten. So lange dauert der Gang durch das Labyrinth.

Mitten auf dem Schulhof der Mühlenkampschule stand der Lkw. Die Schüler der Klasse 8c hatten sich mit ihrer Klassenlehrerin Ulla Jütte davor versammelt. Die Stimmung war gut, die Schüler scherzten und lachten. Nach dem Gang durch die Ausstellung im Truck waren sie jedoch nachdenklich, sogar bedrückt.

Die Schüler waren gerade den Weg eines Flüchtlings gegangen und hatten die Stationen einer Flucht erlebt. Über Kopfhörer haben sie die Hintergründe der Migration von Laila und Jamal mit ihren zwei Kindern aus Afghanistan kennen gelernt. Sie haben erfahren, warum Mohamed, ein Kurde aus dem Libanon, nicht mehr in seiner Heimat bleiben konnte. In der "Festung Europa" wurden sie nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Sie erlebten Fremdenhass, Verzweiflung und Ohnmacht vor den Behörden, die ihnen direkt nach der gefährlichen Einreise die Bleibe verweigerte. In den engen und stickigen Räumen des Lkw wurden die Schüler selbst Teil der Ausstellung.

"Es ist erschreckend, was da abgeht", resümierte Stefanie Oeltjen (14) fassungslos. Nur wenige Kilometer von der Mühlenkampschule entfernt ist die JVA Büren, eine der größten Abschiebehaftanstalten. Unzählige Schicksale wie die von Leila und Jamal oder Mohamed sitzen hier hinter Gittern. "Darüber habe ich vorher gar nicht nachgedacht – jetzt ist das anders", sagt Nils Peiker (15).

Durch den Perspektivenwechsel Denkprozesse in Gang setzen, die dann im Unterricht weiter thematisiert werden, das ist eines der Ziele des Projekts von Pro Asyl im Landkreis Diepholz in Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk VNB. Durch ganz Deutschland tourt der Lkw.

In Büren stationierte er auf Initiative der Caritas als Teil des Jahresmottos "Integration beginnt im Kopf. Für ein besseres Miteinander von Deutschen und Zuwanderern."

Die Mitarbeiter der Caritas Lydia Hake, Büren, Martin Strätling, Kreis Paderborn, Lovely Pazhoor, Erzbistum Paderborn, und Ibrahim Aslan, Kreis Höxter, begleiteten das fahrbare Museum in der vergangenen Woche bereits an Schulen in Paderborn und Warburg.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter

www.labyrinth-fluchtweg.de


lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de

zurück