www.hiergeblieben.de

Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. , 14.09.2000 :

Offener Brief an den Anstaltsleiter der JVA Büren zum Tod von Rachid Sbaai

Herrn
Peter Möller
JVA Büren
Stöckerbusch 1
33142 Büren

Sehr geehrter Herr Möller,

der Tod von Rachid Sbaai hat uns traurig und zornig gemacht. Rachid Sbaai wurde Opfer der unwürdigen und unmenschlichen Abschiebepolitik, er wurde Opfer der gegen das Grundrecht auf Freiheit verstoßenden Abschiebehaft. Sein Tod wirft viele Fragen auf, wir erwarten Antworten.

1. Warum haben Sie über Rachid falsche (Anmerk.: Rachid war kein verurteilter Straftäter!) bzw. dubiose Informationen in die Welt gesetzt? Hielten Sie - im Zusammenhang mit den ungeheuerlichen Geschehen - die von Ihnen gemachten Personenangaben für relevant? Oder sollte etwa durch Diskreditierung eine Quasi-Rechtfertigung geliefert werden?

2. Wer kann eine Arreststrafe anordnen, welche Kontrollinstanz gibt es? Hat der Häftling eine Einspruchsmöglichkeit, zur Realisierung eines etwaigen Widerspruchsrechtes unverzüglich mit seinem Anwalt oder mit einer Person seines Vertrauens Kontakt aufzunehmen? Wie war das im Falle von Rachid Sbaai?

3. Ist es richtig, daß Rachid Sbaai am Tag seines Todes, am 30.08.1999, morgens aus dem Arbeitsraum zu einem Gespräch abgeholt wurde, in dessen Verlauf ihm die Anordnung der 7-tägigen Arreststrafe (Anmerk.: 7 Tage Isolation! 7 Tage ohne jegliche Ablenkung!) mitgeteilt wurde? Wurde er nach diesem Gespräch sofort in den Keller gebracht? Ist Ihnen bekannt, dass Rachid nach Aussagen von Arbeitskollegen am 30.08. kein Feuerzeug bei sich hatte, und haben Sie diese Angaben geprüft? Haben Sie geklärt, wie Rachid in den Besitz eines Feuerzeuges kam, insbesondere vor dem Hintergrund, dass alle Häftlinge vor Antritt der Arreststrafe einer gründlichen Leibesvisitation unterzogen werden? Ist das Feuerzeug nach dem Brand in der Zelle gefunden worden?

4. Funktionierte das Entlüftungssystem in der Arrestzelle? Entspricht es den geltenden Sicherheitsvorschriften, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Fenster in der Arrestzelle nicht geöffnet werden kann?

5. Ist es richtig, dass der Alarmknopf in der Arrestzelle gedrückt war? Wenn ja, können Sie ausschließen, dass Rachid ungehört und unbeachtet Alarm ausgelöst hat?

6. Wie ist es möglich, dass der Brand so spät bemerkt wurde? Rachid ist qualvoll erstickt, und er hat erhebliche Verbrennungen erlitten. Kein "lautloser Tod"! Haben die Arrestzellen schalldichte Türen, d.h. ist die Isolation so "perfekt", daß kein Ton nach außen dringt? In welcher Entfernung hält sich das Wachpersonal auf?

7. Lebte Rachid noch, als die Zelle geöffnet wurde?

8. Ist es richtig, dass die Löscharbeiten der Feuerwehr erschwert wurden, weil die Wasserzufuhr im Keller nicht oder nicht hinreichend funktionierte?

9. Welche Konsequenzen werden gezogen? Welche Punkte werden von der Staatsanwaltschaft untersucht?


gockel@gegenabschiebehaft.de

zurück