www.hiergeblieben.de

Schaumburger Zeitung , 11.03.2004 :

"Gewalttätig durch und durch": Zwei Jahre Haft für Marcus W. / Vor Gericht: Antifa-Anhänger verprügelt / Angeklagter bleibt rechter Szene treu

Rinteln/Bückeburg (maf). Nach einer brutalen Gewalttat, bei der ein Sympathisant der Antifa zahlreiche Prellungen erlitt und Todesängste ausstand, hat das Landgericht Bückeburg jetzt Marcus W. wegen gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung zu zwei Jahren Haft verurteilt. Gleichzeitig bestätigte die Berufungskammer die erstinstanzliche Entscheidung gegen den 24-Jährigen.

Als einer von vier Tatbeteiligten tauchte Marcus W. unmittelbar nach der Auseinandersetzung im April 2002 unter, wurde acht Monate später festgenommen wurde und ist seitdem inhaftiert.

Gegen seine drei Gesinnungsgenossen ergingen die Urteile bereits im vorigen Jahr. Im März kam zunächst der lediglich als Fahrer fungierende Alexander O. unter Anwendung von Jugendstrafrecht mit 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit davon. Zwei der einst führenden Mitglieder der rechtsradikalen Szene in Rinteln, die ebenfalls beinahe ein Jahr auf der Flucht waren, wurden im September zu längeren Freiheitsstrafen verurteilt: Zwei Jahre gegen Sandy O. und drei Jahre gegen Michael S., von dem die größte Brutalität ausging.

Hintergrund des eskalierenden Vorfalls war ein über Jahre schwelender Konflikt zwischen linksorientierten Anhängern der Antifa und einer starken rechtsradikalen Gruppierung, in der Marcus W. einer der Wortführer war. Die Gefechtslage mit "Hausbesuchen", Pöbeleien und Drohungen erinnerte an "bürgerkriegsähnliche" Zustände.

An einem frühen Aprilmorgen 2002 befanden sich vier Antifa-Anhänger gerade auf der Heimfahrt von einer Party, als sie Marcus W. in der Innenstadt sahen. Sie hielten an und provozierten W., der per Handy Verstärkung herbeirief. Bewaffnet mit einem Baseballschläger und einem Staubsaugerrohr sprangen Sandy O. und Michael S. aus dem von Alexander O. gelenkten Auto. Während seine Freunde flüchteten, blieb das Opfer stehen, wurde angespuckt und so heftig verprügelt, dass der Baseballschläger zerbrach. Dann zerrten die Männer den heute 22-Jährigen in den Wagen und entführten ihn nach Eisbergen. Auf einem Feldweg zückte Michael S. ein Butterfly-Messer, fuchtelte damit herum und sprach davon, ihn "abzustechen". Der wiederholt Geschlagene hatte Todesängste und musste sich mehrmals übergeben, zog sich aber keine gravierenden Verletzungen zu.

Marcus W., der an dem Abend etwa 15 Biere und die gleiche Menge an alkoholischen Mixgetränken konsumiert hatte, wirkte auf das Geschehen außerhalb der Stadt bremsend und mäßigend ein. Anders als die früher Verurteilten, die sich inzwischen in einem Aussteiger-Programm befinden und der rechten Szene den Rücken gekehrt haben sollen, bleibt Marcus W. seiner politischen Gesinnung treu. Allerdings will er nach seiner Haftentlassung keine Informationstische mehr aufbauen und auch keine Demos mehr anmelden.

"Sie sind gewalttätig durch und durch", wandte sich Landgerichtspräsident Friedrich von Oertzen an den Angeklagten. Und Oberstaatsanwalt Thomas Pfleiderer fügte hinzu: "Die Tat trug sehr feige Züge." Nur widerwillig und mit Tränen in den Augen hörte sich Marcus W. die Urteilsbegründung an.




Anmerkung von www.hiergeblieben.de: Artikel über Marcus Winter.


sz@schaumburger-zeitung.de

zurück