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Schaumburger Zeitung , 22.03.2002 :

"Wer auf die Straße geht, findet Gehör"

Bückeburg (chs). "Prügelnde Polizisten, blutüberströmte Demonstranten": Das Bild, das Nadine Gramann vom G8-Gipfel des letzten Jahres in Genua vermittelte, war düster. Unter dem Motto "Gerechtigkeit und die eine Welt – Was war los in Genua" hielt sie einen Vortrag im Bückeburger Gemeindehaus.

"Man nennt uns Randalemacher oder Krawallterroristen", beginnt Nadine Gramann ihren Vortrag über die Geschehnisse vom 20. bis 22. Juni 2001 in Genua. Die 25-jährige Studentin der Theologie aus Leipzig war eine unter mehreren Tausend so genannten Globalisierungsgegnern, die damals gegen die derzeitigen Weltwirtschaftsverhältnisse demonstrierten. Vor einem gemischten Publikum, von Jung bis Alt, berichtete sie aus eigener Anschauung über ihre Erlebnisse.

"Politisch aktiv sei sie eigentlich schon immer gewesen", sagte Gramann. Die Studentin ist ein aktives Mitglied der sozialistischen "Attac-Gruppe", die sich gegen "die ungerechte Verteilung des Reichtums auf der Welt" einsetzt. Ihr Ziel ist es, sich durch Aufklärungsarbeit und Demonstrationen gegen wirtschaftliche Missstände und für eine gerechtere Welt einzusetzen. Zusammen mit ihren Kommilitonen organisierte sie deswegen im letzten Jahr einen Bustransfer nach Genua, um dort mit Demonstranten aus aller Welt gemeinsam auf die Straße zu gehen. Was dann jedoch geschah in Genua, war nichts für schwache Gemüter – wie ein selbst gedrehter Dokumentarfilm anschließend aufzeigte. Polizisten prügeln mit Schlagstöcken auf Demonstranten ein, bis diese sich nicht mehr rühren. Zum Schluss liegt einer der Demonstranten tot auf dem Boden. "Es war wie im Krieg, und die Straßen der Stadt glichen einem Trümmerfeld", erzählt die Referendarin. Friedliche und unschuldige Demonstranten seien, so Gramann, wie Terroristen behandelt worden. Die übrige Welt hätte der Verstoßg gegen die Menschenrechte jedoch nicht interessiert. Harsche Kritik übte sie deswegen auch an den deutschen Parteien, die ihre Pflicht vernachlässigt und für die Opfer der italienischen Carabinieri nicht einen Finger krumm gemacht hätten.

Die anschließende Diskussion spiegelte durchaus geteilte Meinungen zum Thema wieder. So hielt Pastor Ingo Röder eine bessere informative Aufklärung für sinnvoller, anstatt in einer Demonstration auf Konfrontationskurs zu gehen, der unumgänglich in Gewalt enden müsste. Er hätte sich lieber mehr Informationen und sachliche Argumente gewünscht. Andere Worte fand daraufhin eine Dame gehobenen Alters. "Wenn man in der Provinz wohnt, muss man sich eben selbst informieren und engagieren, und nur wer auf die Straße geht findet auch Gehör in der Politik", argumentierte sie.


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