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Schaumburger Zeitung , 11.04.2002 :

Rechtsradikal? / Wirbel um Ratsherr Rieger

Hameln (CK). Fritz Rieger, Ratsherr der Bürgerliste, hat ein fulminantes Eigentor geschossen. Glauben jedenfalls im Rat vertretene Kollegen anderer Parteien nach Riegers letzten Leserbrief zum Zuwanderungsgesetz vom vergangenen Freitag.

Der war – wie erst im Nachhinein bekannt wurde – in weiten Teilen einem Flugblatt entnommen, das überreicht und verteilt wird von der NPD, Kreisverband Schaumburg. Pikant: Erst vor kurzem hatte Rieger rechtliche Schritte gegen die Ratsmitglieder Christa Bruns (SPD) und Hans-Wilhelm Güsgen (FDF) angekündigt, weil die ihn in einer öffentlichen Sitzung des Finanzauschusses als "rechtsradikal" bezeichnet hatten.

"Ob der Text meines Leserbriefs aus einem NPD-Blatt kommt, kann ich nicht sagen", gab sich Rieger gestern ahnungslos. Er habe das Pamphlet im Briefkasten gehabt wie andere auch und habe daraus Passagen, die ihm einleuchteten, für seinen Leserbrief verwendet. Als Absender des Flugblatts nennt der Bürgerlisten-Ratsherr nebulös eine "UN". In der Tat zieren diese beiden Großbuchstaben den Kopf des Flugblattes, darunter steht "Unabhängige Nachrichten" und "Bürgerinfo". Hat Rieger das Wort "unabhängig" und die Vorsilbe „Bürger-“ dazu verführt, zu glauben, hier schreibe jemand, dessen Geisteshaltung er teilt? Immerhin nennt er die Grupperieung, für die er bei der letzten Kommunalwahl in den Hamelner Rat gewählt worden war, ja "Bürgerliste" (vorher hieß sie "Unabhängige Fraktion"). Wie dem auch sei – den Vorwurf, er sei rechtsradikal, will Rieger nach wie vor und auch angesichts des umstrittenen Leserbriefs trotzdem nicht auf sich sitzen lassen. Per Anwalt hat er Christa Bruns und Hans-Wilhelm Güsgen mitteilen lassen, diese Bezeichnung erfülle den Tatbestand der üblen Nachrede. Er verlangt, dass beide Ratskollegen das mit dem Ausdruck des Bedauerns zurücknehmen und sich bei ihm entschuldigen, und zwar öffentlich. Auf den Vorschlag des Anwalts der Gegenseite, den Streit mit Hilfe einer Mediation beizulegen (analog einer Schlichtung durch einen Schiedsmann), hat er kategorisch abgelehnt. "Warum sollte ich daran teilnehmen?" fragt Rieger, der den Verdacht hat, er solle vielmehr mundtot gemacht und aus dem Rat gehebelt werden.

Christa Bruns war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, da sie verreist war, und Hans-Wilhelm Güsgen wollte nicht "in ein schwebendes Verfahren" eingreifen. CDU-Fraktionschef Alfred Hodek – mit der Gruppe aus CDU und Grünen arbeitet Rieger im Rat partiell zusammen – spricht von "schlechten Beratern", die der Kollege offesichtlich gehabt habe, ebenso wie Jürgen Mackenthun, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen. Den Grünen müssen Riegers Leserbrief-Äußerungen im Übrigen wie eine giftige Kröte vorgekommen sein – schließlich hat Rieger seine Absicht erklärt, mit ihnen im Rat eine Zählgemeinschaft einzugehen. "Im Moment steht das nicht zur Debatte", wiegelt Mackenthun ab. Aber: "Riegers Äußerungen wären dem auch icht gerade förderlich." Grünen-Fraktionschefin Ursula Wehrmann, von Rieger als "absolut ehrlich" bezeichnet, konnte sich noch kein Bild von der Situation machen; sie weilt im Urlaub ...


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