www.hiergeblieben.de

Schaumburger Bündnis , 11.04.2002 :

Nazi-Aufmarsch am 1. Juni 2002 in Rinteln

Bisheriger Stand

Der bundesweit aktive, Hamburger Neonazi-Führer Christian Worch hat für den 1. Juni einen Nazi-Aufmarsch in Rinteln/Schaumburg angemeldet. Es wird davon ausgegangen, dass dieser Aufmarsch nicht verboten wird, beziehungsweise Worch erfolgreich gegen ein solches vorgehen würde.

Hintergrund

Bereits am 24.11.2001 versuchten Mitglieder der Neonazi-Szene aus Ostwestfalen-Lippe einen solchen Aufmarsch in Rinteln durchzuführen. Der Aufmarsch der Neonazis in der Rintelner Innenstadt war unter dem Motto "Gegen Kumpanei von Staat und Antifa" geplant. Der damalige Anmelder Marcus Winter aus Steinbergen wurde von den den Behörden als unzuverlässig eingestuft, weshalb der Aufmarsch damals durch sämtliche Instanzen hindurch verboten wurde. Da half mit der Rechtsbeistand Christian Worch. Dieser ist eine der Führungsfiguren der bundesweiten Struktur der militanten Neonazi-Szene. Er war als Redner beim ersten Aufmarschversuch in Rinteln angekündigt.

Auch der Anmelder Marcus Winter ist kein unbeschriebenes Blatt. Mehrfach vorbestraft unter anderem wegen schwerer Körperverletzung saß er bis zum vorletzten Jahr in Haft. Auch in der Neonazi-Szene machte er sich einen Namen. Er war Mit-Herausgeber des Nazi-Fanzine-Heftes "Reaktion 88". Die Zahl "88" steht für zwei mal den achten Buchstaben des Alphabetes. Dies ist in der Nazi-Szene ein Code für "Heil Hitler".

Statt des verbotenen neonazistischen Aufmarsches fand an dem Tag eine antifaschistische Demonstration auf der ursprünglich von den Neonazis angemeldeten Route statt.

Traurig war das Verhalten der dort ansässigen BürgerInnen, SchülerInnen und Parteien. Diese hielten es weder im Vorfeld des angekündeten Aufmarsches, noch am selbigen Tag, für notwendig sich in irgendeiner Weise gegen die Neonazis zu positionieren und erst Recht nicht sich dagegen zu engagieren.

Die erneute Anmeldung eines Aufmarsches muss als Versuch der Etablierung und Festigung einer neonazistischen Struktur im Rintelner Raum gewertet werden, was durch das Verbot des ersten Aufmarsches behindert werden konnte.

Neonazi-Aktivitäten und Strukturen in Schaumburg

Im Landkreis Schaumburg hat sich die militante Neonazi Szene in den letzten Jahren gefestigt. Es hat sich ein Kern von ca. 50 AktivistInnen herausgebildet. Der größte Teil dieser ist in der Kameradschaft Weserbergland organisiert, die logistisch von der Bielefelder Kameradschaft und der Struktur des NPD Kreisverbandes Schaumburg und Minden unterstützt wird. Die Kameradschaft ist sehr reisefreudig und ist auf nahezu jedem bundesweiten Neonazi-Aufmarsch anzutreffen. Sie unterhält gute Kontakte zu militanten Neonazigruppierungen der so genannten "Freien Kameradschaften" in Bielefeld, Minden, Bünde, Bad Salzuflen und Hannover u.a., sowie zu NPD'lern in Minden und Bremen. Nazikader wie der Bielefelder Neonazi Bernd Stehmann oder der NPD'ler Manfred Gutsche aus Minden schulten Schaumburger Jung-Nazis in verschiedenen regionalen Schulungen zum Beispiel Ordnerdienst und "Untersturmführerschulung".

Am 22. September 2001 zeigten die Schaumburger Neonazis schließlich was sie bis dato gelernt hatten. Zusammen mit Kameraden aus Bünde riefen sie zu einem Wettkampf an den Externsteinen auf. Es galt auf einer Strecke von annähernd 30 Kilometern mehrere Stationen anzulaufen um dort verschiedene Prüfungen abzulegen. (Quelle: Internetseite der NPD-KV Minden-Lübbecke)

Die ostwestfälische Neonaziszene, aber auch Gruppierungen aus Niedersachsen und Berlin folgte dem Aufruf der Schaumburger und Bünder Nazis und traf sich an den Externsteinen, um "Geländeübungen" zu betreiben. Auch wenn der dort anwesende Staatsschutz behauptet, es wäre lediglich ein so genannter "Orientierungsmarsch" gewesen, muss eine solche Aktivität doch eher als Wehrertüchtigung oder gar als Wehrsport bezeichnet werden.

Bei Infoständen der NPD wie in Bückeburg oder Barsinghausen ist der in der Regel bewaffnete (Kanthölzer, Ketten, Schlagwerkzeuge) Ordnerdienst aus verschiedenen OWL'er Kameradschaften streng hierarchisch organisiert. In ganz Schaumburg ist es an der Tagesordnung das vermeintliche Linke angegriffen und bedroht werden. In Barsinghausen trauen sich laut einem Zeitungsartikel vom 19.03.2002 Jugendliche nur noch zu mehreren auf die Straße, aus Angst vor Übergriffen. Wie dramatischg die Situation dort ist, kann unter dlz190302 aus dem Archiv der Schaumburger Zeitung unter dem Stichwort Neonazis nachgelesen werden. Beim letzten "Infostand" der NPD in Barsinghausen bewachten u.a. Neonazis aus Schaumburg und OWL das rechtsextremistische Propaganda-Material.
Immer häufiger organisiert die Neonazi-Struktur in Schaumburg mit Unterstützung von Nazis aus Bielefeld, Minden und Bünde Balladenabende und Konzerte, zu denen bis zu 200 Neonazis anreisen.

Am 20.01.2001 fand in einem Privathaus in Bad Eilsen ein Konzert der verbotenen "Blood & Honour"-Struktur statt. Trotz eines Hinweises beschränkte sich der Staatsschutz darauf das Konzert lediglich zu observieren und leugnete hinterher sogar eine Beteidigung von "Blood & Honour"-Aktivisten. Erst als sich aufgrund öffentlichen Drucks die Beteidigung von ca. 50 "Sympathisanten" der verbotenen Struktur nicht mehr länger vertuschen ließ, räumte der Staatsschützer Harsewinkel aus Hameln schließlich ein, dass es sich wohl doch um ein "B & H"- Konzert gehandelt hat.

Am Karfreitag, dem 29.03.2002, lud die Kameradschaft Weserbergland zu einem Konzertabend im Schaumburger Land ein. Wie die Kameradschaft auf ihren Internetseiten berichtet war das Konzert in Rinteln. Dort spielten u.a. Sleipnir aus OWL und die schottische B&H-Band Nemesis. Auch diesesmal wurde das Konzert von den zuständigen Behörden vertuscht.

Angedachte Gegenaktivitäten

Das Bündnis zu den Gegenaktivitäten anläßlich des Nazi-Aufmarsches am 1. Juni 2002 steckt aufgrund der langen Vorlaufzeit noch in Kinderschuhen. Dennoch ist bereits ein Konzept angedacht. Ins Auge gefasst ist ein Konzert und Camp gegen Rechts am Abend vor der geplnaten Demonstration. Ob dieses stattfinden kann hängt daran, ob dem Bündnis ein Platz und eine Bühne zur Verfügung gestellt wird und ob sich Bands finden, die Interesse daran haben unendgeldlich ein solches Konzert zu unterstützen. Bei Interesse könnten Bands auch am nächsten Tag auf einem LKW bei einer angemeldeten Gegendemonstration spielen.

Wie Ihr euch einbringen könnt

Besonders froh sind wir über Bands, die Interesse haben auf dem antifaschistischen Konzert gegen Rechts kostenlos oder gegen Erstattung der Auslagen zu spielen, weil sie die Aktion unterstützenswert finden.

Wir würden uns auch sehr über Jonglage- Straßentheater und Sambagruppen, die Interesse haben am Tag des geplanten Aufmarsches Gesicht zu zeigen, freuen. Ziel ist es mit einem möglichst bunten und vielfältigen Protest den Unmut gegen organisierte Neonazis auf die Straße zu tragen.

Wenn ihr sonst irgendwie Interesse habt euch einzubringen könnt ihr uns eure Ideen gerne mitteilen. Wir bedanken uns schon mal im Voraus und hoffen auf reges Interesse, eine gute Zusammenarbeit und nette, vielfältige Gegenaktionen am Tag des geplanten Aufmarsches.


schaumburger-buendnis@gmx.de

zurück