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Lippe aktuell , 31.01.2004 :

Das Leben bekommt einen neuen Klang / Gottesdienst zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Kreis Lippe/Barntrup. Die Frage nach dem Warum bleibt unbeantwortet. Millionen sind der Hitlerdikatatur zum Opfer gefallen - ihr Leiden und Sterben bleibt unbegreiflich. sagte Pfarrer Maik Fleck am Dienstag (27.01.) im Gottesdienst zum Tag der Opfer des Nationalsozialismus. Aber durch die Zusage Jesu "Ich lebe, und ihr sollt auch leben" bekomme das Leben einen "neuen Klang, der uns auf,erksam werden lässt auf den Klang und die Stimme von Menschen, die stumm gemacht worden sind".

Gemeinsam mit der evangelisch-reformierten Gemeinde Barntrup hatte die Lippische Landeskirche zu diesem Gedenkgottesdienst eingeladen. Leben bedeute: aufmerksam zu sein für die Verlorenen, Unterdrückten, Benachteiligten, sagte der landeskirchliche Beauftragte für jüdisch-christliche Begegnungen. Weil Gott das Verlorene suche, könnten wir die Augen, Ohren und Herzen offen halten und so ein Stück des eigenen Lebens wieder entdecken. In der Geschichte der Opfer sei der "Anruf Gottes" hörbar. Ihm zu folgen, bedeutet nach Überzeugung von Pfarrer Maik Fleck auch "dem ganz anderen" neben uns Raum zu lassen: "Die Opfer wollten als die anderen mitten unter uns leben."

Eine Gruppe unter der Leitung der Barntruper Pfarrer Michael Keil und Hartwig Glöckner hatte den Gottesdienst vorbereitet. Karin Lilienthal, Gisela Büker, Erika Böttcher und Johann-Ardin Lilienthal sprachen das abschließende Fürbittengebet, in dem auch Bezüge zur Gegenwart zur Sprache kamen. Sie beteten für die verschiedenen Opfergruppen: Juden, die heute noch in Deutschland Angst haben, Sinti und Roma, die nach wie vor diskriminiert werden, Kriegsdienstverweigerer und Deserteure, die damals mit dem Tode bestraft wurden, sind heute immer noch nicht offiziell rehabilitiert - und als Flüchtlinge aus anderen Ländern ebenso wie politische Widerstandskämpfer im heutigen Deutschland von Abschiebung bedroht. Homosexuelle, "damals entwürdigt bis zum Tod", seien heute bedroht von Vorurteilen und gewalttätigen Übergriffen. Behinderte, damals als "lebensunwertes Leben" um ihr Daseinsrecht gebracht, würde heute oft als Kostenfaktor verwaltet.

Für jede Opfergruppe spielte die Orgel einen Ton, der während des Gebets blieb. So baute sich nach und nach ein Mehrklang, ein Cluster aus sieben Tönen auf, dessen Dissonanzen, für die Zuhörer kein reines Vergnügen, in Beziehung standen zu der Gebetsaussage: "Was menschliche Ohren oft nicht wahrnehmen, du hörst es, Gott, immer noch, heute wieder."


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