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Lippische Landes-Zeitung , 18.05.2002 :

Wappen wird wieder aufgehängt / SPD unterliegt - "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" soll durch Tafel erklärt werden

Horn-Bad Meinberg (Sam). Der legendäre Wappenstreit, der die Horn-Bad Meinberger Politik seit Anfang vergangenen Jahres beschäftigt, hat am Donnerstag im Rat wieder einmal ein vorläufiges Ende gefunden. Und wieder war die Diskussion von dissonanten Tönen bestimmt. Gegen die Stimmen der SPD wurde entschieden, das zerstörte Relief an alter Stelle – also im Rathaus – wiederherzustellen.

Wie berichtet, hatte Bürgermeister Eberhard Block das Relief Anfang 2001 entfernen lassen, da es den von den Nazis missbrauchten Sinnspruch "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" enthält. Der Satz war im Dritten Reich Ausdruck der kompromisslosen Unterdrückung jeglicher Individualität und letztendlich auch argumentative Waffe, um systematische Gräueltaten zu rechtfertigen. Bürgermeister Block hatte das Relief entfernen lassen in dem Glauben, dies sei im Sinne der Ratsfraktionen. Ein monatelanger Streit war die Folge.

"Frevel sondergleichen"
Thomas Tölle

Vor der Abstimmung am Donnerstag wurde wieder kontrovers diskutiert. Eckart Knoerich sprach sich zunächst dafür aus, einem Antrag des Heimatvereins Horn zu folgen. Dieser sieht vor, das Wappenrelief von 1934 an alter Stelle wiederherzustellen und mit einer Tafel auf die Instrumentalisierung des Sinnspruchs hinzuweisen. Knoerich ergänzte im Namen seiner Fraktion, dass in diesem Text deutlich gemacht werden müsse, dass die Nazis den Spruch "in Ihrem Sinne grob missbraucht haben".

Dann begann der Streit, Thomas Tölle (SPD): "Das Wappen ist ein Relikt aus der Nazi-Ära. Deshalb, weil das Sprichwort missbraucht wurde. Es ist richtigerweise entfernt worden. Wenn man es jetzt wieder aufhängt, wäre das ein Frevel sondergleichen." Gerhard Schmid (BürgerBündnis): "Viele Bürgermeister sind an dem Wappen vorbeigezogen. Niemand hat sich daran gestört." Als sich eine Mehrheit dafür abzeichnete, dass das Wappen wieder aufgehängt wird, kommentierte dies Dieter Hemmelmann (SPD) so: "Es ruckt nach rechts in Europa. Es ruckt auch in diesem Rat nach rechts."

"Es ruckt auch im Rat nach rechts"
Dieter Hemmelmann

Mit 17 Ja-, 14 Nein-Stimmen und einer Enthaltung setzte sich schließlich der Antrag des Heimatvereins durch. Bürgermeister Block (SPD), der das restaurierte Wappen als historisches Objekt in der Dauerausstellung des Burgmuseums sehen wollte, erklärte, er müsse den Beschluss des Rates akzeptieren und "zügig umsetzen". Imageverlust für die Stadt befürchtet der Verwaltungschef nicht: "Dazu ist das Ganze nicht von so großer Bedeutung – zumal der Spruch jetzt kommentiert werden soll."

Die Kosten der Restaurierung des Gips-Reliefs (zirka 1 x 1 Meter) bezifferte er auf etwa 500 Euro. Es war in mehrere Teile zerbrochen, als es im Januar 2001 abgenommen worden war.

Bürgermeister Block hat während des Streits um das Wappen nach eigenen Angaben diverse anonyme Schreiben mit "rassistischem, faschistischem Inhalt" erhalten. "Ich werde da als vaterlandsloser Geselle bezeichnet", so Block.

18./19.05.2002
Detmold@lz-online.de

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