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Lippische Landes-Zeitung , 18.01.2003 :

Einer geht hinten 'rum / Die unendliche Geschichte mit dem Stadtwappen: Biehl will Kröte schlucken

Von Ulrich Pfaff

Horn-Bad Meinberg. Kaum ein Ereignis hat die politische Stimmung in Horn-Bad Meinberg so nachhaltig beeinflusst wie die Abnahme des Stadtwappens zur Jahreswende 2001. Zwei Jahre später ist es wieder da, hängt restauriert an alter Stelle im Treppenaufgang des Rathauses - und jetzt könnte endlich Grass über die Sache gewachsen sein. Einer der Stadtverordneten aber hat seinen Frieden mit dem "Ding", wie er es nennt, noch nicht gemacht: der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Herwig Biehl.

Er will seine Ankündigung vom vergangenen Frühjahr wahr machen: "Unter dem Ding vorbei gehe ich nicht mehr in den Ratssaal", hatte Biehl gesagt, nachdem der Rat im Mai 2002 mit knapper Mehrheit für die Restaurierung und Wiederanbringung des Wappens votiert hatte. Dabei hatte Biehl nur das auf den Punkt gebracht, was die sozialdemokratische Fraktion zu ihrer Ablehnung bewogen hatte: Das 1934 entstandene Stadtwappen mit dem Spruch "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" wieder anzubringen, nachdem es eben wegen der missbräuchlichen Verwendung dieses Spruches unter dem Nazi-Regime entfernt worden war, sei "ein Frevel sondergleichen". Die CDU hatte sich durchgesetzt - für sie überwiegt der historische und künstlerische Wert des Wappens.

Biehl befindet sich nach eigenen Worten in einem Gewissenskonflikt: Auf der einen Seite will er sich treu bleiben - und das tun was er sagt -, auf der anderen Seite will er sein Ratsmandat nicht zurückgeben, um der CDU nicht noch einen Gefallen zu tun. Biehl hat noch einen anderen Weg gefunden - im wahrsten Sinne des Wortes: Statt durch das Treppenhaus und an dem Wappen vorbei kann man durch einen Seiteneingang zu einem Treppenaufgang gelangen, der direkt in den Ratssaal führt. "Damit wäre die Sache zwar nicht erledigt, aber es wäre die Kröte, die ich schlucken würde, um dem politischen Gegner nicht noch einen späten Triumph zu gönnen", sagte Biehl gegenüber der LZ. Aber das reicht ihm nicht: Er erwartet eine vollständige Abrechnung, ob die Stadt nicht doch - entgegen dem Ratsbeschluss - einen finanziellen Beitrag zur Restaurierung geleistet hat. Und dieser Tatbestand wäre für Biehl erfüllt, wenn auch nur ein städtischer Mitarbeiter eine Dienstleistung für dieses Vorhaben erbracht hätte - "es darf keine geldwerten Leistungen durch die Stadt gegeben haben".

So ganz zufrieden mit dem, was jetzt im Treppenhaus hängt, ist auch Bürgermeister Eberhard Block nicht. Er war damals Zielperson der Kritik, weil er im Glauben, alle Fraktionen seien einverstanden, das Wappen hatte entfernen lassen. Die laut Ratsbeschluss anzubringende Tafel, auf der der Nazi-Sinnspruch als solcher erläutert wird, findet er zu klein. "Es ist zwar nichts über die Größe der Tafel beschlossen worden, aber nach meiner Vorstellung könnte sie ruhig größer sein." Im Vergleich zum dem fast zwei mal zwei Meter großen Wappenrelief nimmt sich das etwa DIN-A 4 große Blatt recht bescheiden aus - auch wenn klein gedruckt unter dem eigentlichen Text darauf hingewiesen wird, dass dies nur die vorläufige Beschriftung ist und eine geprägte Tafel noch angefertigt wird. Aber beide wird Dr. Biehl wohl nicht zu Gesicht bekommen.

18./19.01.2003
Detmold@lz-online.de

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