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Neue Osnabrücker Zeitung , 06.09.2001 :

"Kein geeignetes Modell"

Bramsche (dk). "Ich glaube nicht, dass dieses Lager Modellcharakter für bundesweit zu installierende Ausreisezentren haben kann." Das sagte Claudia Roth, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, gestern beim Besuch des Grenzdurchgangslagers in Hesepe.

Die Bundespolitikerin sprach mit kurdischen Asylbewerbern, deren Sprecher auf die seiner Meinung nach ungleiche Behandlung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen hinwies. Beklagt wurde in erster Linie ein Mangel an Dolmetschern, die wesentlich schlechtere finanzielle Ausstattung der Asylbewerber gegenüber der Gruppe der Aussiedler, die ebenfalls in Hesepe eine vorübergehende Bleibe findet, sowie die einseitige Ausrichtung der Verpflegung auf die Bedürfnisse jener Migranten, die aus den ehemaligen Sowjetrepubliken kommen.

Außerdem berichteten die Asylbewerber von ihren Ängsten vor der Abschiebung, die noch durch mangelhaften Informationsfluss und massive Sprachprobleme verschärft würden. Roth sprach von einem "schlichtweg unmöglichen Zustand". "Das ist ein Prinzip der Ausgrenzung, das sich hier durchzieht", spielte Roth auf die derzeit ausgetragene, bundespolitische Diskussion an. "Das Schicksal dieser Menschen hängt ab vom Einsatz von Einzelpersonen, Kirchen und anderen Organisationen. Es ist aber eine Verpflichtung des Staates, hier zu helfen."

Vor ihrem Besuch war Claudia Roth am Eingang des Lagers vom Leiter des Referats Ausländer und Asylrecht des niedersächsischen Innenministeriums begrüßt worden. Hans-Hermannn Gutzmer wies die Grünenpolitikerin darauf hin, dass es sich bei ihrem Besuch um eine rein informelle Visite handeln müsse; eine Direktive seines Ministeriums sehe nämlich vor, dass kurz vor Wahlen keine Politiker offiziell in landeseigenen Einrichtungen empfangen werden dürften. Dies sei auch der Grund, warum der Leiter des Grenzdurchgangslagers, Heinz Kurschat, nicht zur Verfügung stehe.


f.wiebrock@neue-oz.de

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