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Diether, Nele, Walter, Ina, Reinhard, Doro , 27.09.1995 :

An die verantwortlichen Leute der "alten Pauline" und die veranstaltenden Gruppen der "antinationalen Wochen"

Wir sind Leute, die seit Jahren die Pauline mal mehr, mal weniger nutzen und besuchen. Wir sehen sie als Ort von Teilen der politischen Linken Detmolds, zumindest als ein Ort, der offen war für Auseinandersetzung. Nun sind wir mehr als wütend über das Vorgehen des "Antinationalen Plenums Detmold" zu einer von ihnen geplanten Veranstaltung mit W. Droste in der alten Pauline. Und wir sind mehr als erstaunt über die Haltung der Hausversammlung der Pauline.

Fakt ist: das "Antinationale Plenum Detmold" plant antinationale Wochen, und lädt u.a. Droste dazu ein. Nicht alle des Plenums sind sich zu diesem Zeitpunkt der Brisanz und Umstrittenheit Droste's bewusst. Er wird vielmehr angekündigt als "eine echte Zumutung" - sozusagen als kulturelles Bonbon, als nett gehäßige antinationale Kultureinlage zum Tag der dt. Einheit).

Eine satirische Einlage sei den Veranstaltern ja gegönnt, aber sie ist nicht die einzige Form linker politischer Auseinandersetzung und manchmal - und in diesem Fall ganz bestimmt - die falsche Form.

Bei Themen, die jede Frau und jeden Mann selbst angehen, ist es falsch, eine "echte Zumutung" einzuladen, und kann radikal sein nicht bedeuten, nur radikal um sich zu schlagen, ob mit Worten oder mit Fäusten. Wir nehmen für uns in Anspruch, radikal zu denken, radikal im Sinne der wörtlichen Übersetzung an die Wurzel gehend. Wir trennen nicht zwischen Haupt- und Nebenwidersprüchen und begreifen Politikverständnisse, die meinen, ohne antipatriarchales und antisexistisches Bewusstsein auskommen zu können, als frauenfeindliche Ideologien. Ein solches Politikverständnis verschweigt nicht nur ein zentrales Unterdrückungsverhältnis, sich nicht zu verhalten verstärkt viel mehr diese Verhältnisses.

In diesem Sinne hat Droste sich nicht nur mit seiner polemischen Parteinahme für K. Rutschky in den "Mißbrauch mit dem Mißbrauch"-Kampagnen als Unterstützer von Unterdrückung hervorgetan. Für uns ist sexuelle Gewalt eine besonders krasse Form von Unterdrückung, die wir nicht mitansehen wollen, bis die "Revolution" kommt, mit der dann auch dieses Unterdrückungsverhältnis verschwindet. Die Arbeit gegen sexuelle Gewalt hat schon heute viel mit linker Politik zu tun. Was nicht ausschließt, dass uns dabei auch Fehler unterlaufen. Wir möchten über "radikal sein" und sexuelle Gewalt eine Auseinandersetzung, in der Frauen und Männer, die gegen sexuelle Gewalt arbeiten, und Leute, die Kritik an Droste üben, ernst genommen werden. Die kann nur ohne Droste und statt Droste stattfinden.
Die bestehenden politischen Herrschaftsverhältnisse anzugehen beinhaltet für uns, diese nicht in den eigenen Beziehungen und Zusammenhängen auszuklammern, sondern diese sensibel anzusehen.

Viele Gruppen und Einzelpersonen haben das "Antinationale Plenum Detmold" und die Paulinen-Hausversammlung schon über Droste informiert, Gespräche mit allen oder Einzelnen gesucht und/oder geführt und die Absetzung der Veranstaltung gefordert.

Aus Gesprächen mit einzelnen Leuten wissen wir, daß das "Antinationale Plenum Detmold" in der Gesamtheit sich nicht über die Umstrittenheit und polemisch sexistische Haltung Droste's im klaren war. (Auch wir haben dazu einige Zeit gebraucht.) Sie waren von dieser vehementen Kritik überrascht.

Leider können sie das jetzt nicht zugeben sondern sagen: "Jetzt erst recht." Wir können sie nicht zwingen, die Wahrheit zu sagen (d.h.: was wusste das Plenum über Droste), wir können sie nur zwingen, noch unverschämter zu lügen. Das lässt uns jedenfalls der "Offene Brief" des Plenums vermuten. Zitat: "Wir haben den Autor Wiglaf Droste nicht in Unkenntnis der "Kritik" an ihm eingeladen, sondern unter anderem wegen dieser "Kritik" und ihrer besonders miserablen Qualität." ("Antinationales Plenum", Offener Brief 12.09.1995)

Wir sehen nicht, worin Droste's herausragende Bedeutung besteht, die rechtfertigen könnte, über die Forderung nach Absetzung der Veranstaltung und Diskussion einfach hinwegzugehen. Auch jetzt ist es nicht zu spät für das "Antinationale Plenum Detmold", Droste auszuladen. Statt dessen schlägt das Plenum die Anrufung bürgerlicher Gerichte zwecks Zivilklage vor (sehr witzig). Das Angebot des "Antinationalen Plenums Detmold", nach den antinationalen Wochen zu streiten ist völlig unakzeptabel.

Wir fordern:

- von den Veranstalterinnen "Antinationales Plenum Detmold", Autonome Info-Gruppe, Georg-Werth-Gesellschaft e.V. Detmold, Kulturinitiative Detmold e.V.(K.I.D.), Unabhängige Antifa Detmold, sich von Droste und seinen Positionen zu distanzieren bzw. eindeutig Stellung zu beziehen,

- von der Pauline, die Räume für diese Veranstaltung nicht zur Verfügung zu stellen,
die Veranstaltung abzusagen!

Wir unterstützen den Aufruf zum Boykott der Veranstaltung mit W. Droste!


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