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Avanti ! e.V. , 06.10.2006 :

Flüchtlingsstreik in Oldenburg/Blankenburg

Seit Mittwoch, den 4. Oktober, befinden sich die BewohnerInnen des 7 Kilometer von Oldenburg entfernten Flüchtlingslagers "Blankenburg" im unbefristeten Streik. Konkret heißt das: Sowohl das Kantinenessen als auch die lagerinternen 1-Euro-Jobs werden boykottiert. Mit ihrem Streik setzen sich die Flüchtlinge gegen eine Lagerrealität zur Wehr, die im Kern auf Kontrolle, Entwürdigung und Zermürbung zielt.

Statt Zwangsverpflegung durch unausgewogenes und ungenießbares Einheitsessen in der Lagerkantine fordern die Streikenden das Recht, ihre Nahrung selbstbestimmt, d.h. gemäß individueller bzw. kultureller Vorlieben und Gewohnheiten zubereiten zu können. Das wiederum ist nur möglich, wenn ihnen die hierfür erforderlichen Geldmittel bar ausgezahlt werden. Des Weiteren fordern die Flüchtlinge eine angemessene und hiesigen Standards angepasste medizinische Versorgung. Die auch aus anderen Lagern wie z.B. dem Abschiebelager Bramsche-Hesepe hinlänglich bekannte Standardbehandlung durch Paracetamol muss endlich abgeschafft werden. Gleichfalls abgeschafft, so die Flüchtlinge, gehören die systematischen Schikanen und Beleidigungen durch das Lagerpersonal im Alltag. Zu diesen gehört unter anderem die Streichung des monatlichen Taschengelds (38 Euro) für all die Flüchtlinge, welche sich weigern, trotz abgelehnter Asylverfahren "freiwillig" auszureisen. Grundsätzlich fordern die BewohnerInnen des Ein- und Ausreiselagers Blankenburg ein Ende der Isolationspolitik: Nach maximal 3 Monaten sollten alle Flüchtlinge dezentral in eigenen Wohnungen untergebracht werden und darüber hinaus eine Arbeitserlaubnis erhalten. Die immer wieder praktizierten Umverteilungen von Blankenburg in das Abschiebelager Bramsche-Hesepe stellen mit anderen Worten keine Alternative dar!

Auch am zweiten Streiktag beteiligten sich über 200 LagerbewohnerInnen an den Protesten, und das obwohl die Lagerleitung versucht, den Streik durch urplötzlich aufgetischte Festessen zu brechen. Zusätzlich ist es einmal mehr in der Mittagszeit zu Demonstrationen auf dem Lagergelände sowie abermaligen Gesprächen mit der Lagerleitung gekommen.

Unterdessen wissen Lagerleiter Lüttgau & Co. den Protesten wenig entgegenzusetzen – außer Lügen, dummdreisten Beschwichtigungsversuchen und undurchsichtigen Repressionsmanövern. Konkret: Von Beginn an versucht die Lagerleitung, die Proteste kleinzureden. Sie verbreitet das Gerücht, wonach allenfalls 50 Leute – vor allem Flüchtlinge aus Afrika – an den Protesten beteiligt wären, obwohl bereits der bloße Augenschein zeigt, dass dies nicht den Tatsachen entsprechen kann. Darüber hinaus lobte Lagerleiter Lüttgau in einem Gespräch mit VertreterInnen der Flüchtlinge das Kantinenessen über den grünen Klee: Dieses sei besser als die Nahrung, welche den Flüchtlingen üblicherweise in ihren Herkunftsländern zur Verfügung stünde. Auch zur Gesundheitsversorgung fiel Lagerleiter Lüttgau ein vielsagender Vergleich ein: Die Flüchtlinge sollten doch froh sein: Während in Blankenburg medizinisches Pflegepersonal nahezu täglich ansprechbar sei, käme in der Zentralen Aufnahmestelle in Braunschweig gerade 1 Mal pro Woche ein Arzt 2 Stunden lang ins Lager. Es dürfte sich von selbst verstehen, daß die Ungeheuerlichkeit dieser und ähnlicher Aussagen keiner weiteren Kommentierung bedarf.

Stichwort 'Undurchsichtige Repressionsmanöver': Nachdem es am Mittwoch auf der Buslinie, die unter anderem das Lager Blankenburg mit der Stadt Oldenburg verbindet, zu einem Zwischenfall zwischen 4 Fahrgästen (mutmaßlich Flüchtlingen) und einem Busfahrer gekommen ist, wurde der reguläre Linienbetrieb eingestellt, zumindest wird das Lager nicht mehr angefahren. Bezeichnenderweise ist es Lagerleiter Lüttgau selbst gewesen, welcher die Flüchtlinge wissen ließ, dass der Busbetrieb erst wieder aufgenommen würde, sobald der Streik beendet sei. Es bleibt die Frage, was das eine mit dem anderen zu tun hat?!?

Die Lager Oldenburg/Blankenburg und Bramsche-Hesepe bilden einen Komplex. Auch offiziell inoffiziell gilt dabei Bramsche-Hesepe als die menschenunwürdigere Variante. Flüchtlingen aus Oldenburg wird von behördlicher Seite gedroht, dass sie nach Bramsche-Hesepe kommen, wenn sie sich dem Lageralltag nicht unterordnen. Schon während der Aktionstage, die vom 29. September bis 1. Oktober in Oldenburg stattfanden, wurde die Vernetzung des Widerstandes gegen beide Lager diskutiert und ausgebaut. Flüchtlinge aus dem Lager Bramsche-Hesepe erklären sich solidarisch mit den Aktionen in Oldenburg und unterstützen diese.

Die Flüchtlinge in Oldenburg müssen auch während des Streiks essen. Es ergeht deshalb der Aufruf an die Öffentlichkeit, reichhaltig Nahrungsmittel zu spenden!

Heute findet eine Demonstration in Oldenburg statt, um die Forderungen an die Öffentlichkeit zu bringen. Start ist um 14 Uhr am Hauptbahnhof.

Nächste Demo: Voraussichtlich Freitag, 13. Oktober, 14 Uhr Hbf. Solidarität erwünscht!

Kontakt:

Info-Telefon: 0160/96857380
E-Mail: antira-ol@web.de.

Spendenkonto:

Arbeitskreis Dritte Welt e.V.
Kto-Nr.: 015 131337
BLZ: 28050100
LZO
Verwendungszweck: Aktionstage

Abschiebungen verhindern! Lager dicht machen! Gleiche Rechte für alle!


avantimail@web.de

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