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Lippische Landes-Zeitung , 12.10.1992 :

Stadt erstattete bei Polizei Anzeige gegen Unbekannt / Hetze gegen Asylsuchende

Schieder-Schwalenberg (mab). Einen "Amtsmißbrauch ersten Ranges" (O-Ton Stadtdirektor) musste die Stadt Schieder-Schwalenberg jetzt registrieren. Am Wochenende tauchten in der Bevölkerung vier Briefe auf, die mit städtischem Briefkopf versehen sind und gegen Asylsuchende Stimmung machen sollen.

"Mit Ihren Steuern und Sozialabgaben tragen auch Sie dazu bei, dass sich die Asylsuchenden hier wohl fühlen und weitere gerne nachkommen", wendet sich der bis dato unbekannte Schreiberling unter der Überschrift "Verbindliche Aufforderung" an den jeweiligen Adressaten. Im weiteren Verlauf werden einige Verhaltensregeln mitgeteilt, die "das künftige Zusammenleben erleichtern" sollen.

So wird beispielsweise um Nachsicht gebeten, "wenn Ihre neuen Mitbürger und Nachbarn die Nacht zum Tag machen". Weiblichen Einheimischen wird empfohlen, sich immer in männlicher Begleitung zu bewegen, "da das Auftreten als Einzelperson in den Heimatländern eindeutige Absichten signalisiert und diese gerne in Anspruch genommen" würden.

"Wir hoffen mit Ihrer Hilfe bald den tausendsten Bewerber hier bei uns begrüßen zu dürfen", heißt es dann weiter. Der angebliche Brief der Stadt endet mit hineinkopierten freundlichen Grüßen von Bürgermeister, Stadtdirektor und allen vier im Rat vertretenen Fraktionen. Bürgermeister Fritz Samuel: "Auch wir sind nicht erfreut über die hohe Zahl der Asylsuchenden in unserer Stadt. Mit diesem Pamphlet, über dessenInhalt ich entsetzt bin, wird aber eine unerträgliche Situation geschaffen. Die Stadt hat deshalb sofort Anzeige bei der Polizei erstattet und setzt eine Belohnung von 1.000 Mark zur Ergreifung des Täters oder der Täter aus."


Blomberg@lz-online.de

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