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Hunte Report - Ausgabe Oldenburg , 21.10.2006 :

Lösung des Flüchtlingsstreiks gestaltet sich schwierig

Oldenburg (lrs). Seit gut zwei Wochen befinden sich die Bewohner der Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde (ZAAB) in Blankenburg im Streik und boykottieren unter anderem das Kantinenessen. Mit dem Ausstand prangern sie die ihrer Ansicht nach unzureichende medizinische Versorgung und die schlechte Behandlung im Lager an. Hinter dem Protest verbergen sich aber auch weitergehende Forderungen, die vor Ort kaum erfüllt werden können.

Kai Weber vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat erläuterte ein grundsätzliches Problem im deutschen Asylrecht: "Die Bewohner leben fremdbestimmt, haben keine richtige Privatsphäre, zu wenig Betätigungsmöglichkeiten und können kaum Kontakte aufbauen." Abhilfe könne seiner Meinung nach eine dezentrale Unterbringung der Asylbewerber bringen. Dabei werden diese in Wohnungen und nicht in Lagern untergebracht. "Damit könnten auch die hohen Kosten, die ein Lager wie Blankenburg verursacht, reduziert werden", so Weber weiter.

Von Seiten der ZAAB wird diesabgelehnt. Das Problem liegt in der Gesetzeslage. "Das Land Niedersachsen hat sich für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften entschieden", erklärt Christian Lüttgau, Leiter der ZAAB. In anderen Bundesländern sei das durchaus anders organisiert.

Streitpunkt ist unter anderem an der medizinischen Versorgung. Bewohner berichten, von unzureichenden und oberflächlichen Untersuchungen. Überweisungen zu Fachärzten oder ins Krankenhaus seien erst nach langer Wartezeit erfolgt. Die Entscheidung über die notwendige Behandlung fällen Ärzte des Gesundheitsamt. Auf dieses Urteil verlässt sich die Verwaltung der ZAAB.

Kritisiert wird auch das Essen. Bewohner gaben an, das Essen, was momentan durch die Presse gehe, sei inszeniert und nicht das, was sie erhielten. Allerdings wird das Essen für Bewohner und Angestellte in der gleichen Kantine gekocht. Als mögliche Lösung wird von Seiten der Demonstranten die Möglichkeit gefordert, selber kochen zu können. "Dann müssen jedoch hohe hygienische Standards gewährleistet werden", so Lüttgau. Dafür seien aber weder das nötige Personal noch die finanziellen Mittel vorhanden.

Es ist unklar, wieviele Bewohner sich am Streik beteiligen und wieviel Unterstützung sie von Außenstehenden erhalten. Intern wird der Kern der Streikenden auf etwa 20 Bewohner geschätzt. Das würde bedeuten, dass die Mehrheit dem Protest zumindestens zurückhaltend gegenüber steht. Lüttgau berichtet von einer erheblichen Verunsicherung unter den Asylbewerbern. Einige seien sogar am Besuch der Kantine gehindert worden.

Am Freitag verhängte die ZAAB-Leitung angesichts eines seitens der Streikenden angekündigten Tag der offenen Tür ein Besuchsverbot. Was wie eine Schikane aussieht, dient aber auch der Prävention: Intern wurde eine Stürmung der Einrichtung befürchtet. Christian Lüttgau betonte aber gegenüber dem HR, "dass wir grundsätzlich eine offene Einrichtung und Besuche möglich sind". Kritik gab es von den Protestierenden an Verlegungen von drei Bewohnern. "Am Donnerstag wurde ein Bewohner in eine Gemeinde verlegt", so Lüttgau. Bei den beiden andern habe es sich in der Tat um Krisenprävention gehandelt, da sie gegenüber anderen Bewohnern Druck ausgeübt hätten.

Die Situation geht natürlich auch am Personal der ZAAB nicht spurlos vorüber. "Die Stimmung ist angespannt", so Christian Lüttgau, "vor allem sind wir über die Eskalation und das Gewaltpotential überrascht". Eine gewisse Angst herrsche unter seinen Mitarbeitern. Sicher nicht ganz zu Unrecht. In der Außenstelle in Bramsche ist es in der Vergangenheit zu Tätlichkeiten gegenüber Angestellte gekommen. Soweit wird es in Blankenburg hoffentlich nicht kommen.

Anfangs der Woche besuchten mehrere Landtagsabgeordnete die ZAAB. Ralf Briese von den Grünen mahnte danach in einer Presseerklärung zur Besonnenheit und schlug die Vermittlung durch unabhängige Konfliktschlichter vor. "Die geäußerten Kritikpunkte der Bewohner können nur auf politischer Ebene gelöst werden. Gewalt und Repression von beiden Seiten führen daher nicht weiter", heißt es weiter.

Was vor Ort gelöst und verbessert werden kann, sollten gemeinsam gelöst werden. Das sieht auch Lüttgau so: "Eine verbesserte Kommunikation, eine Art runder Tisch, ist zukünftig sicher sinnvoll." Es bleibt zu hoffen, dass die Streikenden nicht voll auf Konfrontation setzen, sondern das Gespräch suchen.

Allerdings solle weiter gestreikt werden, "bis die Forderungen erfüllt sind", so eine Bewohnerin. Da kommt wieder Hannover ins Spiel: Grundsätzliche Änderungen im Asylrecht können nur hier erfolgen .


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