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Bielefelder Tageblatt (OH) / Neue Westfälische , 04.03.2002 :

"Bunte Vielfalt statt braune Einfalt" / Am Samstag kamen 2.000 bis 3.000 Menschen zur DGB-Demo / Aufmarsch von 550 Neonazis im Bereich Lehmstich

Bielefeld. Die Demonstration gegen die Rechtsextremisten am Samstag fiel kleiner aus als die vor vier Wochen. Waren damals rund 10.000 Menschen dem Aufruf des DGB gefolgt, so kamen jetzt rund 2.000 Menschen nach Polizeiangaben und rund 3.000 nach Angaben der Gewerkschaft. In drei Sternmärschen vom Siegfriedplatz, dem Haupt- und dem Ostbahnhof hatten sich die Teilnehmer auf dem Jahnplatz und dem Rathausvorplatz zu Kundgebungen eingefunden. Derweil demonstrierten rund 550 Neonazis im Bereich
Lehmstich/Turbinenstraße zwischen Beckhaus- und Stadtheider Straße.

Wie berichtet, hatte das Bundesverfassungsgericht am Freitag die Demonstration, die der Neonazi Christian Worch angemeldet hatte, genehmigt. Durch die strikte räumliche Trennung verhinderte die Polizei Ausschreitungen.

Insgesamt nahm die Polizei 19 Menschen kurzfristig fest. Häufiges Delikt: Verstoß gegen das Vermummungverbot und Landfriedensbruch. Zwei weitere Personen wurden kurzfristig in Gewahrsam genommen. Genau wie vor vier Wochen hatten Polizei und Bundesgrenzschutz rund 2.000 Beamte eingesetzt.

Das Motto der DGB-Demonstrationen lautete "Bunte Vielfalt statt braune Einfalt". Roland Engels , Regionalvorsitzender des DGB, nannte das Karlsruher Urteil "völlig unverständlich" und ein "Fehlurteil". Der Demokratie habe das Gericht einen Bärendienst erwiesen. Wörtlich: "Es war keine Entscheidung für die Bürger, sondern eine Entscheidung für eine kleine Gruppe."

Die nordrhein-westfälische Ministerin für Schule, Wissenschaft und Forschung, Gabriele Behler, sagte, der Rechtsextremismus sei eine aktuelle Gefahr, gegen die man Härte und Entschlossenheit zeigen müsse. Deshalb unterstützten SPD, CDU und Grüne in NRW die Forderung nach dem Verbot der NPD.

Der Historiker Arno Klönne (Paderborn) warnte: "Der Extremismus ist am gefährlichsten, wenn er in der Mitte der Gesellschaft anzutreffen ist." So seien es letztlich nicht die Rabauken von der SA gewesen, die Hitler zur Macht verholfen hätten, sondern Wirtschaftsbosse, hohe Militärs, Politiker, renommierte Schriftsteller und Redakteure, biedere Bürger in großen Massen und eben keine Krawallmacher. Der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Manfred Sorg, warb dafür, die Wehrmachts-Ausstellung anzusehen und sich der Wahrheit zu stellen, mit der diese Ausstellung Menschen konfrontiere.

Weitere Ansprachen hielten der Schriftsteller Wiglaf Droste die Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde, Irith Raub-Michelsohn und der DGB-Bezirksvorsitzende NRW, Walter Haas.


lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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