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Lippische Rundschau , 25.11.1991 :

BVG hebt Urteil gegen Detmolder Roma auf / Flüchtlingshilfe fordert vom Rat Bleiberecht

Detmold (LR). Mit Beschluss vom 18. November hat das Bundesverfassungsgericht einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden mit dem das Minderer Gericht einen Asylantrag eines in Detmold lebenden Roma aus Rumänien als offensichtlich unbegründet eingestuft hat, aufgehoben. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, so die Begründung. Das Bundesverfassungsgericht bemängelte, dass die Frage einer Gruppenverfolgung der Roma in Rumänien nicht hinreichend geprüft worden sei.

Da keine gefestigte obergerichtliche Rechtssprechung zur Gruppenverfolgung der Roms in Rumänien vorliege, könne der Asylantrag eines Roma aus Rumänien nur dann als offensichtlich unbegründet abgewiesen werden, wenn eindeutige und widerspruchsfreie Auskünfte und Stellungnahmen sachverständiger Stellen vorlägen. Dies sei bei der Frage der Gruppenverfolgung der Roma in Rumänien jedoch nicht gegeben. Zu den von dem Verwaltungsgericht Minden in dem Beschluss herangezogenen Lageberichten und Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes heißt es in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts wörtlich: "Die Überzeugungskraft dieser lapidaren Äußerungen wird durch die von den Beschwerdeführern vorgelegten Zeitungsausschnitte und sonstigen Auskünfte, die Übergriffe auf Roma in Rumänien dokumentieren, erschüttert, so dass das Gericht gehalten war, sich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer auseinanderzusetzen."

Zu dem Beschluss erklärt Diether Kuhlmann für die Flüchtlingshilfe Detmold: "Alle bisher gefällten Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Minden - in Bezug auf die Frage der Gurppenverfolgung der Roma in Rumänien - sind mit dem durch das Bundesverfassungsgericht aufgehobenem Beschluß weitesgehend identisch. Sie sind deshalb verfassungswidrig. Die Ausländerbehörde der Stadt Detmold ist deshalb in der Pflicht, alle bisher ausgesprochenen Abschiebedrohungen umgehend zu widerrufen." Nach Angaben von Kuhlmann kommt der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts für den Großteil der betroffenen Roma-Flüchtligne zu spät. Kuhlmann: "Vor zwei Wochen flohen über 20 Roma - teilweise in großer Panik -aus der Stadt, weil sie der Abschiebung eines Flüchtlings nach Rumänien durch den Kreis Lippe hilf- und fassungslos zusehen massten." Gegenwärtig seien zwei Roma akut von der Abschiebung bedroht, bei den übrigen in Detmold verbliebenen Flüchtlingen - 21 an der Zahl -- sei das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen.

Nach neuesten Dokumenten komme die Flüchtlingshilfe, heißt es, zu dem Ergebnis, dass die Übergriffe auf Roma in Rumänien weit über das hinausgingen, was, dem Spektrum von Diskriminierungen zuzurechnen sei. Daher hatte man die Bedrohung von Leben, Leib und Freiheit der Detmolder Roma-Flüchtlinge für gegeben. Der Detmolder Stadtrat' müsse seine bisherige Position angesichts dieser Tatsachen überdenken, fordert die Flüchtlingshilfe. Politik und Verwaltung müssten ein Bleiberecht endlich gewähren, heißt es abschließend.


wb@westfalen-blatt.de

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