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Der Patriot - Lippstädter Zeitung , 27.02.2004 :

Im Angesicht des Schreckens / Rüthener Abiturienten besuchen das frühere Nazi-Konzentrationslager Buchenwald / Suche nach Antworten auf die Frage "Wie konnte es zum Holocaust kommen?"

Rüthen. Antworten auf die schrecklichsten Ereignisse jüngster Deutscher Geschichte zu bekommen, die man mit den Begriffen Menschenverachtung und "Satanische Brutalität" assoziiert: Das wollten jetzt die Abiturienten des Friedrich-Spee-Gymnasiums, die auf eigenen Wunsch eine eintägige Exkursion zur Gedenkstätte Buchenwald unternahmen.

Bei der sehr versierten Führung durch das ehemalige Konzentrationslager erfuhren die Schüler, wie die Nationalsozialisten hier während ihrer Schreckensherrschaft ein genau durchdachtes System installierten, um politische Gegner, Homosexuelle und später Kriegsgefangene und jüdische Mitbürger zu demoralisieren, zu quälen - und sie schließlich durch ständigen unmenschlichen Arbeitseinsatz oder direkt umzubringen.

Wie muss einem Häftling zumute gewesen sein, der keine 30 Meter neben dem für ihn unüberwindlichen Stacheldrahtzaun die Kinder und Frauen der Aufseher in dem eigens angelegten Zoo spielen sah? Ein idyllisches intaktes Außen wurde den Lagerinsassen vorgespielt, um sie endgültig moralisch zu brechen.

Schätzungsweise 60 000 Menschen kamen in Buchenwald ums Leben. Aber was waren das für Menschen, die in vorderster Front als Handlanger des Bösen ihren Dienst taten? Es seien in den meisten Fällen ausgesuchte junge Soldaten gewesen, so die Führung, die schon mit 16 Jahren in besonderen Verbänden dazu psychologisch geschult und brutal gedrillt worden seien, um dann im Alter von 19 oder 20 Jahren direkt als Werkzeug der Nazis tätig zu werden. Sie fühlten sich aber nicht als Täter, sondern als die "Retter Deutschlands".

Geradezu unvorstellbar ist auch der Kontrast, wenn man nur rund sechs Kilometer von der Gedenkstätte entfernt in Weimar die Wiege deutscher Hochklassik mit Goethe und Schiller vorfindet, die sich die Nationalsozialisten interpretatorisch für ihre Ideologie zurechtgebogen hatte. Hermann Bertling, der einen Abitur-Deutschkurs betreut, führte die Schüler in einem kurzen Rundgang durch Weimar; hiermit endete die für ihre Bewusstseins- und Persönlichkeitsbildung so wichtige Exkursion.

Zuvor war das Thema Nationalsozialismus im Pädagogikunterricht bei Ludger Reker unter psychologischen Aspekten und im Geschichtskurs bei Franz-Josef Risse behandelt worden. Dabei stand besonders die Frage nach dem "Wie konnte es dazu kommen?" im Vordergrund.


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