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Schaumburger Zeitung , 11.02.2002 :

Demonstration gegen NPD-Stand: "Die Anfänge sind längst vorbei"

Von Wolf Kasse

Barsinghausen. In der Deisterstadt soll die NPD keine Chance bekommen – darin sind sich alle demokratischen Parteien einig. Das bewiesen sie mit einer eindrucksvollen Demonstration gegen einen Info-Stand, den die Nachwuchsorganisation der NPD am Sonnabend zwischen Thie und Klosterkirche aufgebaut hatte.

Schulter an Schulter standen SPD und CDU, FDP und Grüne, Jungdemokraten, Jungsozialisten und die AntiFa zusammen in der Thie-Mulde und machten ihrer Abscheu gegenüber der "braunen Soße" Luft. Gegen Gewalt und gegen Extremismus, das einte die rund 350 Männer und Frauen, Jugendliche und Kinder in einem festen, großen Block. Dagegen wirkte die rund 13 Köpfe zählende Gruppe am NPD-Stand wie ein verlorener Haufen, ohnehin kaum sichtbar durch die massive Abschirmung der 23 Bereitschaftspolizisten aus Lüneburg und der zehn Beamten aus Barsinghausen, die eine undurchdringliche Kette zwischen Standbetreibern und Gegendemonstranten bildeten.

Bürgermeister Klaus D. Richter ergriff als erster das Megafon, sprach deutliche Worte "gegen Gewalt" und zeigte sich "glücklich darüber, dass hier so viele Menschen gemeinsam zusammenstehen". "Wehret den Anfängen", rief Richter der Menge zu. Darauf ging auch Gerhard Bornemann ein, Sprecher des Verbandes der Verfolgten des Naziregimes und des Bundes der Antifaschisten (VVN-BdA). "Die Anfänge sind längst vorbei", mahnte er. Einige der "Herren" am NPD-Stand kenne und beobachte er nun schon seit zwölf Jahren. Sie kämen zum jetzigen Zeitpunkt keinesfalls wie der Phönix aus der Asche hervor: "Die NPD hätte längst verboten werden können", wetterte Bornemann.

Mit einer deutlichen Ansage wandte sich auch die Ratsvorsitzende Dr. Kerstin Beckmann an die Menge. Alle demokratischen Gremien hätten sich hier eindeutig positioniert. "Wir sind da, wir sind einig, und wir sind wehrhaft – nicht mit Gewalt, sondern mit unserer Stimme und unseren Ideen", stellte Beckmann unter großem Applaus fest. Frank Glaubitz von der Jungen Union wies darauf hin, dass er hier mit Leuten zusammen stehe, die der Jungen Union sonst nicht sehr wohlgesonnen seien. "Wir sind gegen alle radikalen Richtungen, seien sie nach rechts oder links ausgerichtet", stellte er klar. Er appellierte an die Anwesenden, auch weiterhin im Kampf gegen den Extremismus zusammenzuarbeiten.

Juso-Vorsitzender Markus Hugo, der Hauptorganisator der Gegendemonstration, wandte sich direkt an die NPD-Standbesetzung. "Wir werden zur Not jeden Tag demonstrieren, und wir werden die NPD verbieten, das ist sicher." Hugo freute sich, dass es zu diesem "überregionalen Bündnis" in Barsinghausen gekommen sei. Er sagte aber auch, dass der Widerstand erst begonnen habe. So sei ihm bekannt geworden, dass die rechtsradikale "Vereinigung Weserbergland" im März einen Demo-Zug durch Barsinghausen veranstalten wolle. Hugo kündigte an, dass man auch dagegen massiv protestieren werde.

Josef Michael Samol, Schulleiter der Goetheschule KGS Barsinghausen und Vorsitzender des Europavereins, richtete das Wort direkt an die jungen Leute. "Ihr wollt keine Nazis, das weiß ich aus meiner täglichen Arbeit als Lehrer", rief Samol den jungen Menschen zu. Und das gelte für alle rund 4.000 Schülerinnen und Schüler in Barsinghausen, die 14 Jahre und älter sind, da sei er sicher: "Die wollen keine braune Soße in ihrer Stadt." Samol dankte den jungen Leuten für ihren Mut, offen gegen Gewalt und Rechtsextremismus zu demonstrieren. Das sei ein Mut zur Demokratie, den viele Erwachsene nicht aufbrächten. "Liebe Freunde, seid wachsam – wir werden es auch sein", lautete Samols Ansage in Richtung NPD-Stand.

Der Protestmarsch hatte kurz nach 10 Uhr begonnen, er führte durch die Bahnhof- und Marktstraße zum Thie. In der Mittagszeit war der Spuk vorbei. Die JN-Kameradschaft hatte ihren Stand geräumt und die Gegendemonstranten gingen nach Hause.


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