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Lippische Landes-Zeitung , 07.09.2000 :

Den Yeziden ein sicheres Bleiberecht bieten / Demonstration am Samstag in Detmold

Detmold (mah). "Meine Eltern haben keine Bleibe, ihnen wurde die Staatsbürgerschaft entzogen, sie sind schwer krank. Dennoch sollen sie nun abgeschoben werden." Alexander Mirzoev hofft inständig, dass seine Eltern, Yeziden aus Georgien, nicht am Samstag im Flugzeug von Frankfurt nach Tiflis sitzen. Das Ticket haben sie schon.

Das Schicksal der in Höxter lebenden Aziz und Azui Mirzoev ist beispielhaft für das der 200 yezidischen Familien im Regierungsbezirk Detmold: Sie sind von Abschiebung nach Georgien bedroht. Von dort, auch aus anderen Staaten wie Syrien oder dem Irak, sind die Yeziden - Angehörige einer alten religiösen Minderheit der Kurden - in den vergangenen Jahren geflohen, nach Russland, nach Westeuropa, 35.000 nach Deutschland. Im Gegensatz zu den türkischen Yeziden werden georgische nicht als religiös Verfolgte anerkannt.

Verschiedene Organisationen und Einzelpersonen - darunter das Internationale Beratungszentrum (ibz), Fraktionen der Grünen, das Ökumenische Forum Flüchtlinge und die Bielefelder Bundestagsabgeordnete Annelie Buntenbach - haben nun zu einer Demonstration aufgerufen. Sie beginnt am Samstag, 9. September, um 12 Uhr am Kaiser-Wilhelm-Platz und führt übers Rosental und die Bezirksregierung zurück. "Wir fordern die Ausländerämter auf, den Aufenthalt der Yeziden zu dulden, bis der Rechtsweg völlig erschöpft ist. Weiterhin fordern wir, Yeziden aus Georgien anzuerkennen und ihren Aufenthalt zu sichern", heißt es in dem Aufruf, in dem ziviler Ungehorsam wie Kirchenasyl nicht ausgeschlossen wird.

"Die Kreise und Kommunen nutzen ihre Ermessensspielräume nicht", beklagte Ferhat Akman vom ibz. Bielefeld warte die Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Münster ab. Dieses hatte eine Gruppenverfolgung von Yeziden in Georgien verneint. Der Kreis Lippe habe die Duldung bis Ende Oktober verlängert, Höxter wolle abschieben, andere Kreise haben sich noch nicht geäußert.

"Die Yeziden hier haben schon Anrufe aus Georgien bekommen, nicht zur Demo zu gehen. Die Menschen haben unheimliche Angst", sagte Gudrun Lagemann vom IBZ. Und diese Angst sei berechtigt: Yeziden erlebten Vertreibung, Entführung, Mord und Repressionen. "Nach Abschiebung gelten die Menschen als verschollen." Dies befürchtet auch Alexander Mirzoev von seinen 63 und 67 Jahre alten Eltern, deren Ärzte ihnen Transportunfähigkeit attestiert haben. Fünf Jahre leben sie in Deutschland, der Vater hat eine schwere Operation hinter sich. "Sie haben in Tiflis niemanden", so der Sohn, der selbst bis Ende Oktober bleiben darf. Er weist auf das Schicksal der Kinder hin. "Sie haben Freunde, sind im Sportverein, sprechen kaum kurdisch. Sie haben in Georgien keine Zukunft."


Detmold@lz-online.de

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