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Lippische Landes-Zeitung , 08.03.2003 :

Jenseits der Polemik? / Internationales Beratungszentrum stellt Strafanzeige gegen CDU-Ratsherrn Stephan Grigat

Von Stefan Derschum

Detmold. Drei Mitarbeiter des Internationalen Beratungszentrums (ibz) haben gestern beim Detmolder Landgericht Strafanzeige gegen den CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Stephan Grigat gestellt. Der Detmolder Anwalt Günter Meyners, der die Flüchtlingsberatungsstelle juristisch vertritt, nannte gegenüber der LZ als Grund eine Pressemitteilung Grigats vom vergangenen Januar, die die Haushaltsplanberatungen im Rat und Hauptausschuss kommentieren sollte, aber dabei nach Meyners ein Einschätzung den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt hat.

Während der Ratssitzung am 19. Dezember hatten SPD, Bündnisgrüne und FWG eine Reihe von Sparmaßnahmen, Abgaben- und Steuererhöhungen beschlossen. Die CDU war dagegen mit ihren vorgeschlagenen Kürzungen für die Kulturinitiative "alte Pauline" und das ibz an der Ratsmehrheit gescheitert. In einer öffentlichen Stellungnahme, die auf der Hompage der CDU Detmold noch abgerufen werden kann, kritisierte Stephan Grigat diese Entscheidungen und bezeichnete das ibz dabei als "eine Einrichtung, deren Arbeit erklärtermaßen gegen die Arbeit der städtischen und staatlichen Behörden und gegen die Durchsetzung des Ausländergesetzes gerichtet ist."

Auf diesen Passus stützt sich nun die Strafanzeige. Er enthalte, so die schriftliche Erklärung Meyners ein für die Staatsanwaltschaft, zwei unrichtige Tatsachenbehauptungen bezüglich des ibz, dessen Personalkosten in vollem Umfang durch das Land NRW getragen würden. Unrichtig sei, dass die Arbeit des ibz gegen die Arbeit der städtischen und staatlichen Behörden und gegen die Durchsetzung des Ausländergesetzes gerichtet sei. Unrichtig sei auch, dass dies auch noch erklärtermaßen geschehe. Meyners argumentiert, dass die Parteinahme des ibz im Interesse der Flüchtlinge nicht die Behauptungen Grigats rechtfertige: "Herrn Grigat dürfte als Rechtsanwalt die Grenze zwischen einem von dem Recht auf Meinungsäußerung gedeckten Werturteil und einer von diesem Recht nicht gedeckten unrichtigen Tatsachenbehauptung bekannt sein."

Erschwerend käme hinzu, dass der CDU-Ratsherr behaupte, das ibz selbst habe erklärt, wogegen die Ziele seiner Arbeit gerichtet seien. "Beim Leser entsteht zwangsläufig der Eindruck, dass die Richtigkeit der von Herrn Grigat aufgestellten Behauptung ( ... ) zweifelsfrei feststeht", schreibt Meyners und erkennt darin den Straftatbestand der üblen Nachrede.

"Jetzt wird die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren einleiten und die Anzeige prüfen", erklärte Günter Meyners gestern auf Anfrage. Das Strafmaß im Fall eines Verfahrens und einer Verurteilung wegen übler Nachrede reiche von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Meyners: "Ich rechne dann mit einer Geldstrafe. Aber eines ist klar - auch für die Polemik von Herrn Grigat gelten strafrechtliche Grenzen, und er sollte aufpassen mit seinen Äußerungen."

Stephan Grigat selbst erfuhr erst durch die Anfrage der LZ von der Strafanzeige und zeigte sich "fassungslos": "Das ist ja haarsträubend. Wir haben Meinungsfreiheit, und das war nichts anderes als eine Meinungsäußerung - nämlich unsere Wertung der Arbeit des ibz." Grigat beurteilte die Anzeige als "Retourkutsche für die CDU-Vorschläge im Rat und sieht dem weiteren Verfahren "gelassen" entgegen, denn: "Juristisch ist da gar nichts dran." Und er bekräftigte seine Stellungnahme: "In Detmold entzieht sich die Mehrheit der Flüchtlinge der Abschiebung durch Untertauchen. Die Tätigkeit des ibz fördert das."


Detmold@lz-online.de

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