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Schaumburger Zeitung , 22.11.2001 :

Verwaltungsgericht verbietet Neonazi-Aufmarsch in Rinteln

Rinteln (wer). Bis jetzt dürfen die Rechtsradikalen, die für Samstag eine Demonstration mit 350 Teilnehmern in Rinteln angemeldet haben (wir berichteten), nicht marschieren. Das Verwaltungsgericht hat gestern ein von der Stadt verfügtes Versammlungsverbot bestätigt. Fraglich ist allerdings, ob damit schon das letzte Wort im Rechtsstreit gesprochen wurde. Die Polizei bereitet sich weiter auf einen Großeinsatz vor: Immer intensiver hatten rechtsradikale Kreise in den letzten Tagen im Internet die Werbetrommel gerührt.

Mindestens einen juristischen Teilerfolg hat die Stadt gestern aber erzielt: Die Verwaltungsrichter lehnten einen per Eilantrag eingereichten Widerspruch des Veranstalters gegen die Untersagungsverfügung der Stadt ab. Damit bleibt das von der Stadt verhängte Versammlungsverbot bestehen. Allerdings können die Veranstalter gegen den Beschluss Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen oder versuchen, erneut eine Kundgebung anzumelden. Endgültige Klarheit, ob der Aufmarsch stattfinden darf oder nicht, wird es deshalb wohl erst am Freitag geben. Einem Verbot derartiger Demonstrationen steht mit der grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit eine hohe rechtliche Hürde entgegen. Die Stadt führte dagegen das Vorstrafenregister des Antragstellers Marcus W. ins Feld, eines erst vor einem Jahr aus der Haft entlassenen Rintelner Rechtsradikalen, dessen Demonstrationsleitung gewalttätige Ausschreitungen befürchten lasse. Das Verwaltungsgericht folgte der Einschätzung der Stadt: "Aufgrund der Person des Antragstellers" drohten Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichtes. Die Persönlichkeit von Marcus W. wird darin (unter Berufung auf ein Urteil des Bückeburger Amtsgerichtes von 1998) mit den Worten skizziert: "Freude an Machtausübung – auch Schwächeren gegenüber –, an Provokationen und an Missachtung anderer – auch staatlicher Funktionsträger –, hohe Gewaltbereitschaft." Organisator des Aufmarsches dürfte aber nicht nur die rechte Szene aus Rinteln sein, sondern bundesweit bekannte Rechtsextremisten wie der Hamburger Christian Worch, der auch als Redner erwartet wird. Worch ist einer der führenden Köpfe der deutschen Neonazi-Szene – er gilt als Führungskader und bundesweiter Koordinator von Aufmärschen der "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front". Im Internet rufen sowohl überregionale "Freie Kameradschaften" als auch das parteipolitische Spektrum der Rechtsradikalen, die NPD und Jungen Nationaldemokraten, zu der Demonstration auf. Um 10 Uhr sollte der Marsch vom Weseranger durch die Innenstadt zum Marktplatz beginnen. Schaumburger Schüler werben mit Plakaten in Schulen für eine Gegendemonstration ab 8.30 Uhr am Bahnhof. Auch die "Antifa" ruft im Internet zur Gegendemonstration auf.


sz@schaumburger-zeitung.de

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