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Westfalen-Blatt / Bielefelder Zeitung , 04.12.2021 :

Forschungsprojekt gegen Juden-Hass im Netz

FH Bielefeld arbeitet mit anderen Hochschulen und der Jüdischen Gemeinde in Berlin zusammen

Bielefeld (W). Antisemitische Hass-Rede nimmt insbesondere in den Sozialen Medien zu - oft anonym. Wie sollen junge Menschen damit umgehen? Diese Frage steht im Fokus des Forschungsprojekts "Respond!", das gemeinsam von der Fachhochschule (FH) Bielefeld, der Universität Potsdam und dem Touro College Berlin ins Leben gerufen wurde. Im Kern des Projekts geht es um die Entwicklung eines Trainings zur Bekämpfung antisemitischer Hass-Rede in Sozialen Medien. Trainiert werden sollen 600 Schülerinnen und Schüler sowie 600 Lehrkräfte. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt rund 1,2 Millionen Euro über eine Laufzeit von vier Jahren gefördert.

In dem wissenschaftlichen Team arbeiten Antisemitismus-Forscher, Medien- und Kulturpsychologinnen mit Fachleuten aus der Inklusionspädagogik, der Linguistik, der Rassismus-Prävention und dem Sozialwesen zusammen. Sie kooperieren engmaschig mit der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, der größten jüdischen Gemeinde Deutschlands.

Das Expertenteam möchte vor allem junge Leute in die Lage versetzen, antisemitische Hass-Rede in sozialen Medien auch in subtileren Erscheinungsformen zu erkennen und medienkompetent auf sie zu reagieren. "Wir wollen eine nachhaltige Gegenstimme junger Menschen zur Bekämpfung von Juden-Hass im deutschsprachigen Netz verbreiten", erklärt Prof. Dr. Gudrun Dobslaw, die den Part der FH Bielefeld leitet. Dobslaw ist Professorin für Psychosoziale Intervention und Beratung am Fachbereich Sozialwesen. Sie ist federführend für das Teilprojekt "Respond! interaktiv und intersektional" zuständig: Zunächst will sie gemeinsam mit Justine Kohl, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt, an Hand linguistischer Methoden judenfeindliche Interaktionsverläufe auf einigen der relevantesten Social-Media-Plattformen, die von jungen Menschen in Deutschland genutzt werden, analysieren. Facebook, Instagram, Snapchat und YouTube stehen dabei im Fokus. Außerdem möchten sie herausfinden, wie anfällig junge Menschen in Deutschland für antisemitische Hass-Rede sind und inwiefern sie fähig sind, medienkritisch darauf zu reagieren.

Dobslaw erläutert, warum hier Forschungsbedarf besteht: "Die internationale Forschung hat bisher insbesondere islamophobe Formen der Hass-Rede systematisch untersucht. Antisemitischen Online-Diskursen wurde weniger Beachtung geschenkt. Wobei beide Themen insgesamt weniger Aufmerksamkeit erhalten als das Thema Cybermobbing bei Jugendlichen." Zahlreiche Wissenschaftler würden zwar auf potenzielle Gefahren der Allgegenwärtigkeit von Online-Hass-Rede hinweisen, weiß Dobslaw. "Untersuchungen zu den Personengruppen, die diese Materialien sehen oder hören, gibt es jedoch nur wenige", so die Professorin. "Wir möchten daher herausfinden, wie Hass-Rede auf die Nutzerinnen und Nutzer wirkt", sagt Dobslaw. In diesem ersten Teilvorhaben wird antisemitische Hass-Rhetorik in Beiträgen oder Kommentaren auf den jeweiligen Plattformen mit qualitativen Methoden analysiert und ausgewertet. Zudem sollen Fokus-Gruppen-Interviews mit betroffenen und nicht-betroffenen Jugendlichen geführt werden.

In einem nächsten Schritt sollen dann Trainings zur Stärkung von Medienkompetenz im Umgang mit antisemitischer Hass-Rede in Sozialen Medien entwickelt und umgesetzt werden.

Bildunterschrift: Projektleiterin Prof. Dr. Gudrun Dobslaw, wissenschaftliche Mitarbeiterin Justine Kohl und der Dekan des Fachbereichs Sozialwesen, Prof. Dr. Michael Stricker, wollen mit dem Projekt "Respond!" Antisemitismus im Internet bekämpfen.

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In der ersten Augustwoche 2021 startete das Verbundvorhaben "Respond! - Nein zu Juden-Hass im Netz!" (Fachhochschule Bielefeld, Universität Potsdam, "Touro College Berlin" und Jüdische Gemeinde zu Berlin).

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www.fh-bielefeld.de/presse/pressemitteilungen/fh-arbeitet-mit-an-forschungsprojekt-gegen-judenhass-im-netz

www.geistes-und-sozialwissenschaften-bmbf.de/de/Aktuelle-Dynamiken-und-Herausforderungen-des-Antisemitismus-2292.html


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