12 Artikel ,
04.12.2021 :
Pressespiegel überregional
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Übersicht:
Neue Westfälische, 04./05.12.2021:
Ein neuer Historikerstreit
Neue Westfälische, 04./05.12.2021:
Antisemitismus: Deutsche Welle leitet Untersuchung ein
Mitteldeutscher Rundfunk, 04.12.2021:
Rund 2.000 Menschen protestieren gegen Corona-Politik
RedaktionsNetzwerk Deutschland, 04.12.2021:
Angriffe auf Journalisten bei verbotener Corona-Demo in Berlin
tagesschau.de, 04.12.2021:
Proteste gegen Corona-Politik / Entsetzen nach Fackel-Aufzug vor Wohnhaus
Frankfurter Allgemeine Zeitung Online, 04.12.2021:
Verstöße gegen Auflagen / Polizei löst Querdenker-Versammlungen auf
t-online.de, 04.12.2021:
Polizei greift ein / Corona-Demonstration in Berlin eskaliert
Zeit Online, 04.12.2021:
Mehrere hundert Demonstranten bei Corona-Demonstrationen
Welt Online, 04.12.2021:
Sachsen / Fackel-Protest vor dem Haus von Gesundheitsministerin Köpping
RedaktionsNetzwerk Deutschland, 04.12.2021:
Polizei beendet nicht genehmigten Corona-Protest im sächsischen Freiberg
Mitteldeutscher Rundfunk, 04.12.2021:
"Alte Bekannte" mobilisieren für Anti-Corona-Proteste
Zeit Online, 04.12.2021:
Neun Demonstrationen zum Thema Corona an diesem Wochenende
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Neue Westfälische, 04./05.12.2021:
Ein neuer Historikerstreit
Die Debatte um die Rolle der Hohenzollern in der NS-Zeit geht weiter / Derweil betreiben einige Forscher fleißig Geschichtspolitik im Sinne des Ex-Herrscherhauses
Jan Sternberg
Bielefeld. Es gibt wieder einen Historikerstreit in Deutschland. Der Differenzen sind eher marginal, die Fronten dennoch maximal verhärtet. Vordergründig geht es um die Rolle des einstigen Kronprinzen Wilhelm, Sohn des letzten Kaisers Wilhelm II., und sein Anbiedern an die antidemokratischen Kräfte der Weimarer Republik und die Parteinahme für die Nazis in der Phase um die Machtübernahme Hitlers 1933. Doch dahinter tobt ein Streit, in dem wie bei anderen vergifteten Debatten auf der einen Seite Totschlag-Begriffe wie "politische Korrektheit" fallen und auf der anderen eine "Kontinuitätsfurcht" vor vermeintlich wieder erstarkenden revanchistischen Netzwerken herrscht.
Die Kollaboration des Ex-Kronprinzen und seiner Familie mit den Nazis ist belegt und wird von niemandem ernstlich bestritten. Der Historiker Stephan Malinowski hat in seinem vor Kurzem erschienenen fulminanten Werk "Die Hohenzollern und die Nazis" das Nötige breit auf 784 Seiten aufgeschrieben. Er hält sich damit seit Wochen auf der Sachbuch-Bestenliste.
Auch Lothar Machtan kommt in seiner vom aktuellen Familienoberhaupt finanziell geförderten Studie "Der Kronprinz und die Nazis" zum Schluss, Wilhelm habe sich den Nazis angedient, um die Republik zu stürzen und die Monarchie wieder einzuführen. "Die meisten seiner Machtoptionen erweisen sich als aussichtslos, wozu er selbst einiges beiträgt - durch Unvorsichtigkeit und Fehlentscheidungen, aber auch mangelnde Integrität", schreibt Machtan allerdings.
Über die politischen Sympathien des ehemals herrschenden Hauses gibt es keinen Zweifel. Ex-Kronprinzessin Cecilie amtierte als Schirmherrin des antisemitischen, rechtsextremen "Luisenbundes", dem 1933 200.000 Frauen angehörten. Im Mai 1933 unterstellte sie diese Organisation unaufgefordert "bedingungslos der Führung Adolf Hitlers", den sie zuvor als "den starken Beschützer des wahrhaft deutschen Wesens und aller nationaler Kräfte im Volk" bezeichnet hatte. Cecilies Wirken, das die Historikerin Birte Förster erforscht hat, spielt in der Debatte bisher keine Rolle.
"Rechtsextremer Influencer oder unfähiger Trottel?"
Die Urteile über ihren Mann schwanken vereinfacht zwischen den Polen "gefährlicher rechtsextremer Influencer" und "unfähiger Trottel". Schmeichelhaft ist beides nicht, doch der Unterschied macht Millionen aus.
Denn die Hohenzollern-Erben um den aktuellen Familienchef Georg Friedrich fordern Entschädigungen für enteigneten Immobilienbesitz und Kunstschätze - die ihnen aber versagt bleiben, wenn das Verwaltungsgericht Potsdam und seine Folgeinstanzen zum Schluss kommen, dass ihre Vorfahren dem Nationalsozialismus "erheblich Vorschub geleistet" haben.
Dafür werden mit Sicherheit neue Gutachten in Auftrag gegeben werden. Zunächst einmal hat die Familie eine Fristverlängerung für ihre Stellungnahme bis Herbst 2022 beantragt. Was die Kaiser-Erben damit bezwecken, ist unklar. Dass die neue Bundesregierung und die beteiligten Länder Berlin und Brandenburg wieder über eine außergerichtliche Einigung verhandeln wollen, ist unwahrscheinlich - auch die designierte Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat keinerlei Sympathien in eine royale Richtung erkennen lassen.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete und Kulturpolitiker Erhard Grundl sagte dieser Zeitung dazu: "Ich möchte der künftigen Kulturstaatsministerin nicht vorgreifen. Aber aus meiner Sicht sollte der Bund seine Bereitschaft beenden, mit den Hohenzollern zu verhandeln. Über die Frage einer Entschädigung müssen die Gerichte entscheiden." Grundl weist darauf hin, dass die entscheidende "Unwürdigkeitsklausel" im Gesetz auf eine CDU-Initiative von 1994 zurückgeht. Er findet diese Einschränkung für Entschädigungen gut: "Sie legt einen moralischen Anspruch fest, der darin gründet, wie wir uns als Land verstehen. Eine Familie, die dem Nationalsozialismus den Weg geebnet hat, soll dafür nicht belohnt werden und ist nicht entschädigungswürdig."
Er wünsche sich "von den Hohenzollern eine ehrliche Bestandsaufnahme" ihrer Familiengeschichte“ und kritisiert: "Die sehe ich bis heute nicht. Die Familie stellt sich nach wie vor nicht ihrer historischen Verantwortung."
Unterdessen arbeiten konservative Historiker und Juristen am Versuch einer Rehabilitierung der Hohenzollern - und scheuen vor wenig edlen Attacken nicht zurück. Frank-Lothar Kroll, Professor in Chemnitz, bezeichnet seine Kontrahenten Malinowski und Karina Urbach als "Stubenjakobinerinnen", die Vorsitzende des Historikerverbandes Eva Schlotheuber, eine Mittelalterhistorikerin, als "Klosterforscherin", den Marburger Professor Eckart Conze als "mittelhessischen Mainstreamhistoriker" und alle zusammen als "Enteignungsapologeten".
Jetzt weiß man, wie man sich unter Professoren so richtig beleidigt, im Hip-Hop würde es "dissen" heißen. Anlass für Krolls Furor war ein offener Brief von Schlotheuber und Conze an die am Entschädigungsstreit beteiligten Regierungen, in dem sie von einem "Konsens im Fach" schreiben, was die politischen Aktivitäten des Ex-Kronprinzen angeht.
"Verachtung für die Kollegen im Mainstream"
Diesen Konsens gebe es keineswegs, betonen Kroll und seine Mitstreiter in ihrem neuen Sammelband "Die Hohenzollerndebatte". Das ist richtig, schließlich gibt es auch Forscher, die den menschlichen Beitrag zum Klimawandel anzweifeln. Dieser allerdings ist empirisch beweisbar - ob Ex-Kronprinz Wilhelm, wie er selbst prahlte, Hitler zwei Millionen Stimmen bei der Reichspräsidenten-Wahl 1932 einbrachte, können noch so viele Gutachten nicht klären.
Krolls Mitherausgeber Michael Wolffsohn zeigte sich bei der Vorstellung des Sammelbandes "voll Verachtung für die Kollegen, die im politisch korrekten Mainstream mitlaufen" und fand es "höchst bedenklich, dass gegen die Hohenzollern so etwas wie Sippenhaft oder Sippenhaftung verhängt wird". Wie sehr sich der Münchner Historiker vergaloppiert, zeigt seine Gleichsetzung des zum Teil skandalösen Umgangs mit jüdischen Entschädigungsforderungen nach 1945 und den Forderungen der Hohenzollern: "Sowohl in der frühen Bundesrepublik als auch jetzt wird Raub legalisiert. Damals der Raub an uns Juden und seit 1990 am Adel."
Die Sonderwegsthese wird wieder aufgewärmt
Ähnlich polemische, schiefe Deutungen finden sich im Band auch an anderer Stelle. Die Debatte um die Rolle der Ex-Kaiserfamilie in der Weimarer Republik wärme "die längst widerlegte Sonderwegsthese" auf. Die Gegenseite - also Malinowski, Schlotheuber und Kolleginnen - würden ideologische Geschichtspolitik betreiben, lautet der Vorwurf der Kaiser-Verteidiger.
Stephan Malinowski konterte vergangene Woche in einer Diskussionsreihe des Potsdamer Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF): Die "Hohenzollern-Apologeten" säßen in einem "Glashaus, aus dem sie mit relativ großen Steinen werfen" - schließlich seien sie es, die sich für die Agenda der Familie einspannen und im Falle Machtans finanziell fördern ließen.
Und was macht die Familie selbst? Georg Friedrich von Preußen begrüße eine "echte Debatte", sagte er noch im August. Dennoch sagte er für das Finale der ZZF-Forschungsreihe zum Hohenzollern-Erbe kommende Woche ab. Wie diese Zeitung aus dem Ministerium erfährt, hat der Hohenzollern-Erbe eine Teilnahme an dem Forum abgelehnt.
Sein persönlicher Referent bestätigt das. Georg Friedrich schätze "die Debatte der Experten und hat angeboten, auch bei der Besetzung fachkundiger Diskutanten zu vermitteln". Selbst, quasi als Anwalt seiner Vorfahren, wolle der Unternehmer jedoch nicht auftreten.
Bildunterschrift: Stephan Malinowski, Historiker, bei der Vorstellung seines Buches "Die Hohenzollern und die Nazis".
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Neue Westfälische, 04./05.12.2021:
Antisemitismus: Deutsche Welle leitet Untersuchung ein
Bonn (dpa). Die Deutsche Welle hat eine unabhängige Untersuchung von Antisemitismus-Vorwürfen gegen mehrere Mitarbeiter eingeleitet. Die Mitarbeiter, gegen die sich die Vorwürfe richten, seien für den Zeitraum der Prüfung freigestellt, teilte der deutsche Auslandssender am Freitag in Bonn mit. Die Süddeutsche Zeitung hatte vor Tagen einen Artikel mit dem Titel "Ein Sender schaut weg" veröffentlicht. Demnach sollen mehrere Mitarbeiter in den vergangenen Jahren im Internet antisemitische und antiisraelische Äußerungen gepostet haben. Später seien diese Einträge gelöscht worden.
DW-Intendant Peter Limbourg sagte zur externen Untersuchung gegen einige Mitarbeiter der Arabisch-Redaktion sowie freischaffende Mitarbeiter der Deutschen Welle im Ausland: "Zur Durchführung der unabhängigen Untersuchung konnte die DW mit der ehemaligen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und dem Psychologen Ahmad Mansour zwei für diese Aufgabe besonders profilierte Persönlichkeiten gewinnen."
Bildunterschrift: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.
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Mitteldeutscher Rundfunk, 04.12.2021:
Rund 2.000 Menschen protestieren gegen Corona-Politik
04.12.2021 - 21.14 Uhr
Von MDR Thüringen
In Thüringen sind am Samstag etwa 2.000 Menschen aus Protest gegen die Corona-Regeln auf die Straße gegangen. Die aktuelle Corona-Verordnung erlaubt allerdings im Freien nur Versammlungen an einem festen Ort mit maximal 35 Menschen. Diese Zahlen wurden in Greiz und Eisenach deutlich überschritten.
Stummer Protest in Eisenach
In Eisenach haben am Samstag ab etwa 19 Uhr rund 500 Menschen auf dem Karlsplatz gegen die Corona-Politik protestiert. Nach Angaben der Polizei war es ein überwiegend stummer Protest mit nur wenigen Transparenten. Ältere und junge Menschen waren demnach darunter, vereinzelt auch Kinder.
Die Versammlungsbehörde der Stadt hat sich ursprünglich zusammen mit der Polizei entschieden, die Protestierenden unter Auflagen gewähren zu lassen. Allerdings trug ein Großteil trotz Aufforderung per Lautsprecher keine Schutzmasken und hielten nicht Abstand zueinander, teilte die Polizei mit. Deshalb wurde die Kundgebung gegen 20 Uhr doch aufgelöst.
Demonstranten in Greiz verweigern Infektionsschutz
In Greiz protestierten am Samstagabend seit etwa 19 Uhr deutlich mehr als eintausend Menschen gegen die Corona-Politik. Informationen von MDR Thüringen zufolge hat die Polizei zuvor die Innenstadt abgeriegelt und dort auch Platzverweise ausgesprochen. Der Demonstrationszug bewegte sich deshalb außerhalb der Greizer Innenstadt. Die Menschen trugen keine Schutzmasken und hielten keinen Abstand, obwohl die Polizei sie dazu per Lautsprecher aufforderte.
Es liefen Senioren, jüngere Menschen sowie Familien mit Kindern mit. In Sprechchören riefen die Protestler unter anderem "Freiheit", "Wir sind das Volk" und "Hände weg von unseren Kindern". Die aktuelle Thüringer Corona-Verordnung erlaubt im Freien lediglich Versammlungen an einem festen Ort mit maximal 35 Menschen.
Demo in Sondershausen nicht aufgelöst
In Sondershausen haben am Samstagnachmittag rund 50 Menschen gegen die Pandemie-Politik protestiert. Ein Sprecher der Landeseinsatzzentrale der Polizei sagte, sie hätten Schutzmasken getragen und Abstand gewahrt, deshalb sei die Demonstration nicht aufgelöst worden. Es seien keine Verstöße geahndet worden. Etwa eine Stunde habe der Protest gedauert.
In Bad Liebenstein waren etwa 250 Menschen einem Aufruf zu einem Protest gegen die Corona-Politik gefolgt. Die aktuelle Corona-Landesverordnung erlaubt Versammlungen und Kundgebungen unter freiem Himmel nur bis zu einer Teilnehmerzahl von 35 Menschen. Demonstrationszüge sind nicht gestattet.
Stadt Jena hält Proteste für unverantwortlich
Die Stadt Jena will bei unangemeldeten und derzeit unzulässigen Demonstrationen und Kundgebungen konsequent durchgreifen. Das teilte Ordnungsdezernent Benjamin Koppe am Samstag mit. Koppe verweist auf Straf- und Bußgelder und die Möglichkeit solche Veranstaltungen zusammen mit der Polizei aufzulösen.
Hintergrund seien Aufrufe zu Protesten, ohne dass die Organisatoren die Versammlungen anmeldeten. Bei einer Protestversammlung vor einigen Tagen in Jena hätten die Teilnehmer trotz mehrfacher Aufforderung zudem keine Schutzmasken getragen und Abstände zueinander nicht eingehalten, so der Ordnungsdezernent. Koppe sagte, anonyme Versammlungsaufrufe seien "angesichts der jetzigen Lage, einer außer Kontrolle geratenen Pandemie, schlichtweg unverantwortlich".
Bildunterschrift: Gegen 20 Uhr wurde die Demo in Eisenach aufgelöst.
Bildunterschrift: Die aktuelle Thüringer Corona-Verordnung erlaubt im Freien lediglich Versammlungen an einem festen Ort mit maximal 35 Menschen (Archivbild).
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RedaktionsNetzwerk Deutschland, 04.12.2021:
Angriffe auf Journalisten bei verbotener Corona-Demo in Berlin
04.12.2021 - 18.39 Uhr
Am Samstag demonstrierten erneut Corona-Leugner und Impf-Gegner in mehreren Städten in Deutschland.
In Berlin griffen Teilnehmer einer verbotenen Demonstration Journalisten an.
Dabei wurden mehrere Pressevertreter verletzt.
Felix Huesmann, Jan Sternberg
Berlin / Potsdam. Bei einer verbotenen Demonstration von Corona-Leugnern in Berlin kam es am Samstagnachmittag zu zwei gewaltsamen Angriffen auf Journalistinnen und Journalisten. Ein Demonstrationsteilnehmer raubte einem Reporter des Berliner "Tagesspiegel" sein Smartphone. Der Reporter hatte zuvor gefilmt, wie rechtsextreme Demonstranten offenbar einen Angriff auf einen anwesenden Vertreter der Journalisten-Gewerkschaft "dju in ver.di" planten.
Daraufhin entriss ihm ein junger Mann das Mobiltelefon und begann, damit zu flüchten. Beim Versuch, sein Telefon zurückzubekommen, wurde der Reporter von dem Demonstranten körperlich angegriffen. Andere Demonstranten attackierten weitere Journalisten, die ihrem Kollegen unterstützend zur Hilfe kamen, teilweise mit Faustschlägen.
Beamte der Berliner Bereitschaftspolizei nahmen den Angreifer vor Ort fest und fertigten eine Anzeige wegen versuchten räuberischen Diebstahls. Kurz später kam es nur wenige Hundert Meter entfernt zu einem zweiten Angriff auf Pressevertreter. Eine Gruppe junger Neonazis stürmte auf mehrere Journalistinnen und Journalisten zu. Nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) wurden dabei mindestens zwei Personen verletzt.
Hundert Teilnehmer ziehen trotz Verbot durch Berlin
Zuvor waren mehrere Hundert Teilnehmer einer zuvor von der Berliner Polizei verbotenen Demonstration von radikalen Corona-Leugnern und Impf-Gegnern durch mehrere Stadtteile der Hauptstadt gezogen. Dabei lieferten sich die Demonstranten mehrfach ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei, die versuchte, größere Ansammlungen zu verhindern. Noch bis in die Abendstunden zogen unterschiedlich große Gruppen von Demonstranten durch das Stadtgebiet. Auch ein Autokorso von Impf-Gegnern fuhr ab Samstagmittag durch Berlin.
Auch in mehreren anderen Städten kamen am Samstag bundesweit Impf-Gegner zu Demonstrationen zusammen. In Potsdam nahmen rund 100 Unterstützerinnen und Unterstützer der AfD an einer Kundgebung "gegen Impf-Zwang und Corona-Wahnsinn" teil. Sie wurden von einer halb so großen Gegen-Demo aus dem linken Spektrum mit Sprechchören wie "Lasst euch impfen!" empfangen.
AfD-Parteichef Tino Chrupalla sagte in einer Rede, es würden diejenigen ausgegrenzt, "die ihr verbrieftes Recht wahrnehmen möchten, über ihren Körper und ihre Entscheidung individuell zu entscheiden". Er unterstellte dem designierten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), dieser habe vor, einen "Impf-Zwang mit Hilfe der Bundeswehr durchzusetzen". Chrupalla bezog sich dabei auf den Krisenstab, der vom Bundeswehr-Generalmajor Carsten Breuer geleitet wird und logistische Hilfe bei der Impf-Kampagne leisten soll.
In Frankfurt am Main löste die Polizei zwei Demonstrationen wegen Verstößen gegen die Masken-Pflicht auf. An beiden Versammlungen hatten laut Polizeiangaben je etwa 500 Menschen teilgenommen. Zwischenzeitlich brachte die Polizei bei der der Demonstrationen auch einen Wasserwerfer in Stellung, setzte ihn aber zunächst nicht ein. In Hamburg nahmen mehrere Tausend Menschen an einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen teil, an einer weiteren Demonstration der AfD in Hannover beteiligten sich etwa 500.
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tagesschau.de, 04.12.2021:
Proteste gegen Corona-Politik / Entsetzen nach Fackel-Aufzug vor Wohnhaus
04.12.2021 - 16.44 Uhr
Mit Fackeln sind Gegner der Corona-Politik vor das Haus von Sachsens Gesundheitsministerin Köpping gezogen. Der Aufmarsch sorgt für Entsetzen, von einem "faschistoiden" Auftritt ist die Rede - und weitere Radikalisierung wird befürchtet.
Ein Aufmarsch von Gegnern der Corona-Politik vor dem Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping ist parteiübergreifend verurteilt worden. Politiker auch auf Bundesebene kritisierten den Protest scharf als Einschüchterungsversuch und Grenzüberschreitung und bekundeten Solidarität mit der SPD-Politikerin.
"Was wir da in der Nähe von Grimma gesehen haben, ist kein legitimer Protest", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) der "Bild am Sonntag". "Dieser Fackelumzug ist organisierte Einschüchterung einer staatlichen Repräsentantin. Das erinnert mich an die dunkelsten Kapitel unserer deutschen Geschichte." Er sei sich sicher, dass die sächsischen Behörden das Geschehen nach diesem Maßstab bewerteten und angemessen Konsequenzen zögen.
Staatsschutz ermittelt
Gegner der Corona-Politik hatten am Freitagabend laut rufend mit Fackeln und Plakaten vor Köppings Haus in Grimma protestiert. Nach Angaben der Polizei versammelten sich dabei etwa 30 Menschen, demnach war die Ministerin zu dem Zeitpunkt zu Hause. Als die Beamten eintrafen, seien die Protestierenden in mehreren Fahrzeugen geflüchtet.
Die Polizei hielt 15 Autos an und stellte die Identitäten von 25 Personen fest. Sie erstattete Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und prüft Verstöße gegen die Corona-Verordnung. "Alle rechtlichen Schritte sowie in Betracht kommenden Straftatbestände" gegen die Protestierenden würden geprüft, demnach übernahm das Staatsschutz-Dezernat der Polizeidirektion Leipzig die Ermittlungen.
In einem im Internet verbreiteten Video ist zu sehen, wie die Menschen lärmend vor Köppings Haus stehen und "Friede, Freiheit, keine Diktatur" rufen. Köpping selbst schrieb bei Instagram, sachliche Kritik an den Corona-Maßnahmen sei "völlig legitim" und sie sei auch "immer gesprächsbereit". "Fackel-Proteste vor meinem Haus sind aber widerwärtig und unanständig."
Walter-Borjans: "Faschistoider" Auftritt
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sprach mit Blick auf den Vorfall in Grimma von einem "faschistoiden" Auftritt. Er bezeichnete den Aufzug als "absolut erschütternd" und zog im Deutschlandfunk Vergleiche zu einer Zeit, in der Menschen schon einmal "vor Häusern mit Trommeln und Fackeln" gestanden hätten. Auf dem Sonderparteitag in Berlin sagte er, was vor Köppings Haus passiert sei, habe "mit demokratischer Meinungsäußerung nichts mehr zu tun".
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte, die Grenzen seien überschritten, wenn "Schwurbler sich mit Fackeln vor dem Haus einer Politikerin versammeln". Das brauche "eine Antwort mit der vollen Härte des Rechtsstaats". SPD-Chefin Saskia Esken schrieb an Köpping gerichtet: "Die Vernunftbegabten und Verantwortungsbereiten sind die große Mehrheit, und die steht an Deiner Seite."
Zuspruch bekam die sächsische Politikerin auch parteiübergreifend von den sächsischen Grünen und Linken. Diese sprachen von einem Tabubruch und erklärten, ein solcher Aufzug passiere nicht in friedlicher Absicht.
Weitere Radikalisierung durch Impf-Pflicht befürchtet
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thomas Strobl (CDU), sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes sei davon auszugehen, dass eine Impf-Pflicht die "aggressive Haltung der Querdenker-Bewegung" noch verstärke. Die Bewegung glaube, eine voranschreitende Diktatur zu erkennen, die Widerstand rechtfertige. Sie sei "gefährlich für unsere freiheitliche Demokratie, und sie wird noch gefährlicher".
Auch Bundesinnenminister Seehofer befürchtet mit der geplanten Impf-Pflicht eine weitere Radikalisierung. "Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass eine Impf-Pflicht gegen Corona in der Bevölkerung zu Reaktionen führen kann", sagte er. Niemand könne ausschließen, dass sich aus dem Kreise der Impf-Gegner Einzelpersonen oder Gruppen radikalisierten und im schlimmsten Fall Gewalttaten verübten. "Die Sicherheitsbehörden müssen hoch wachsam sein."
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Frankfurter Allgemeine Zeitung Online, 04.12.2021:
Verstöße gegen Auflagen / Polizei löst Querdenker-Versammlungen auf
04.12.2021 - 15.50 Uhr
Von Thorsten Winter
Trotz mehrfacher Aufforderung durch die Polizei haben sich Teilnehmer der "Querdenker"-Demonstrationen in Frankfurt nicht an Auflagen gehalten. Das hat Konsequenzen.
Die Polizei hat binnen weniger Minuten zwei Versammlungen von so genannten Querdenkern und Impf-Gegnern in Frankfurt aufgelöst. Die Begründung ist stets dieselbe gewesen: "Wegen wiederholter und andauernder Auflagenverstöße". Zunächst schritten Beamte auf dem Reuterweg und danach auf dem Opernplatz ein, wie die Polizei auf Twitter mitteilte.
"Nachfolgende Versammlungen mit thematisch gleichem Inhalt sind nicht zulässig. Ehemals Teilnehmende haben sich vom Ort der aufgelösten Versammlungen zu entfernen", twitterte die Polizei. Anschließend begann sie die Versammlungsflächen zu räumen und brachte einen Wasserwerfer auf dem Reuterweg in Stellung.
Viel Zuspruch für die Polizei auf Twitter
Nach ihren Angaben hatte sich die Versammlungsleitung auf dem Opernplatz zuvor geweigert, für die Einhaltung der Auflagen zu sorgen. Darunter waren die Masken-Pflicht und das Abstandsgebot. Auf beides hatte die Polizei zuvor auf ihren Social-Media-Kanälen hingewiesen.
Am Opernplatz und auf einer zentralen Einfahrtsstraße im Westend hatten sich jeweils rund 500 Menschen versammelt, um gegen die Corona-Politik zu demonstrieren.
Im Tagesverlauf hatte die Polizei eine Person festgenommen. Grund:"Sie trug eine Jacke mit einem angebrachten Davidstern, in dem "ungeimpft" stand, wie es hieß. Laut Auflagen-Verfügung war und ist auch verboten, Davidsterne etwa mit den Aufschriften "Impfen macht frei" und "Dr. Mengele" sowie "Zion" zu tragen.
Auf Twitter bekommt die Polizei viel Zuspruch für ihr Einschreiten. "Bitte beendet das - das ist nicht Frankfurt" oder auch "Beendet doch dieses Schmierentheater", lauten Kommentare von Nutzern. Andere danken den Beamten für ihre Arbeit.
Bildunterschrift: Mit Kreuz, aber ohne Maske: Impf-Gegnerin bei einer Demonstration in Frankfurt.
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t-online.de, 04.12.2021:
Polizei greift ein / Corona-Demonstration in Berlin eskaliert
04.12.2021 - 15.32 Uhr
In Berlin ist es bei einer verbotenen Großdemonstration gegen die Corona-Maßnahmen zu Ausschreitungen gekommen. Die Polizei ist vor Ort.
In Berlin findet am Samstag eine Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen statt, die zuvor von den Behörden untersagt worden war. Dabei kommt es offenbar zu Ausschreitungen und Angriffen auf Journalisten.
In Gruppen der Querdenken-Bewegung in den Sozialen Medien wird laut t-online-Informationen zudem zum Stürmen der Ringbahn aufgerufen. Zwischen 18 und 20 Uhr solle demnach die Ringbahn an "jedem Bahnhof, in jedem Zug, in beide Richtungen" gestürmt werden.
Wie auf Videos in den Sozialen Medien zu sehen ist, ist die Polizei mit einem Großaufgebot an Einsatzkräften vor Ort. Die Beamten versuchen, die Demonstrierenden teils mit Absperrungen zu stoppen.
Berliner Behörden hatten Demonstration untersagt
Die Veranstaltung wurde unter dem Motto "Unspaltbar - Nein zum Impf-Zwang" mit etwa 1.000 Teilnehmern angemeldet, jedoch nicht genehmigt. Hinter der Anmeldung stand eine Initiative, die extremistischen Einstellungen nahesteht.
Zu der Entscheidung für das Verbot hätten die "Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit" beigetragen, wie ein Sprecher der Polizei am Freitag mitteilte. So hätten sich Teilnehmer früherer Versammlungen regelmäßig nicht an die gesetzlichen Infektionsschutzregelungen gehalten und etwa das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen verweigert. Auch seien die Verantwortlichen nur selten bereit, bei entsprechenden Verstößen regulierend gegenzusteuern.
Bildunterschrift: Demonstrantinnen und Demonstranten gegen die Corona-Impfungen und -Regelungen rennen auf die Karl-Marx-Allee: Die Veranstaltung war von den Behörden untersagt worden.
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Zeit Online, 04.12.2021:
Mehrere hundert Demonstranten bei Corona-Demonstrationen
04.12.2021 - 14.44 Uhr
Hannover (dpa/lni). Wegen der Corona-Politik sind am Samstag mehrere hundert Demonstranten zu Kundgebungen in der Innenstadt von Hannover auf die Straße gegangen. Zu einer Versammlung des AfD-Landesverbandes Niedersachsen am Mittag vor dem Landtag kamen rund 500 Menschen, wie eine Polizeisprecherin mitteilte. Eine weitere Kundgebung des Linken-Kreisverbandes Hannover zog bis zum Mittag rund 100 Demonstrantinnen und Demonstranten an. Beide Versammlungen verliefen bis zum Mittag laut der Sprecherin "friedlich und störungsfrei". Die Demonstrationen sollten noch bis zum Nachmittag dauern.
Die AfD-Demonstration war unter dem Titel "Schluss mit dem 2G-Diktat - Freiheit und Selbstbestimmung für die Bürger in unserem Land" angemeldet worden. Das Motto der Demonstration der Linken lautete "Maske auf und Spritze rein. Solidarisch durch die Krise!" Die Polizei erwartete wegen der Demonstrationen in der hannoverschen Altstadt Verkehrsbehinderungen.
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Welt Online, 04.12.2021:
Sachsen / Fackel-Protest vor dem Haus von Gesundheitsministerin Köpping
04.12.2021 - 10.53 Uhr
Am Freitagabend haben Gegner der aktuellen Corona-Politik vor dem Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin nahe Grimma protestiert. Die Polizei erstattete Anzeige. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans bezeichnete die Demo als "faschistoid".
Gegner der Corona-Politik haben am Freitagabend vor dem Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) protestiert. Das teilte eine Sprecherin der Polizei am Samstagmorgen mit. Ihren Angaben zufolge versammelten sich etwa 30 Menschen laut rufend mit Fackeln und Plakaten vor dem Haus in Grimma. Als die Polizei eintraf, seien die Menschen in mehreren Fahrzeugen geflüchtet. 15 Autos wurden demnach von der Polizei angehalten, die Identitäten von 25 Menschen wurden festgestellt.
Die Polizei erstattete Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und prüft Verstöße gegen die Corona-Verordnung. Wegen der dramatischen Pandemie-Lage sind gemäß der sächsischen Corona-Notfallverordnung in dem Bundesland derzeit nur Versammlungen mit höchstens zehn Menschen erlaubt - und nur an einem festen Ort.
Die SPD Sachsen sowie die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans verurteilten den Protest vor Köppings Haus. Esken schrieb auf Twitter: "Auch wenn die paar Hansel da versuchen, Angst und Schrecken zu verbreiten: die Vernunftbegabten und Verantwortungsbereiten sind die große Mehrheit, und die steht an Deiner Seite!"
Walter-Borjans twitterte am Samstagmorgen: "Was sich gestern vor dem Haus von Petra @Koepping zugetragen hat, hat mit mit Sorge und Freiheitsdrang nichts zu tun. Das ist in Art und Auftritt faschistoid." Weiter schrieb er: "Spätestens jetzt müssen auch alle, in deren Namen dieser Mob zu handeln behauptet, sich klar gegen die abgrenzen, die an den Grundfesten unserer Demokratie rütteln. Es sind schon lange nicht mehr die Anfänge, derer wir uns erwehren müssen."
Am Freitagabend hatte es in mehreren sächsischen Orten Proteste gegen den Corona-Kurs gegeben. Nach einer Demo in Freiberg drohe 30 Personen drohe ein Bußgeld in Höhe von je 250 Euro, teilte die Polizei mit. Die Polizei in Dresden bereitet sich auf einen Großeinsatz vor. Am Montag wird vor dem Landtag eine Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen erwartet. Die Polizei kündigte eine "härtere Gangart" an. Zuletzt war sie in die Kritik geraten, weil Aufmärsche von Corona-Leugnern trotz Polizeipräsenz nahezu unbehelligt stattfinden konnten.
Der Landtag will am Montag über die Feststellung der epidemischen Lage im Freistaat entscheiden. Damit will die Regierung Rechtssicherheit für eine Fortsetzung bestehender Schutzmaßnahmen und ihre mögliche Erweiterung erlangen. Die aktuelle Notfallverordnung gilt bis 12. Dezember. Sie schreibt bereits stärkere Einschränkungen als in vielen anderen Bundesländern vor. Sachsen ist von der vierten Welle der Pandemie besonders hart getroffen.
Bildunterschrift: Nun kontrolliert die Polizei bundesweit, inwieweit die verschärften Auflagen zur Eindämmung der Pandemie eingehalten werden. Während die einen dankbar sind, dass ihr Schutz abgesichert wird, reagieren die anderen mit Ablehnung. In Sachsen erreichen die Proteste eine neue Qualität.
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RedaktionsNetzwerk Deutschland, 04.12.2021:
Polizei beendet nicht genehmigten Corona-Protest im sächsischen Freiberg
04.12.2021 - 10.22 Uhr
Immer wieder war es zuletzt in Freiberg (Sachsen) zu unangemeldeten Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen gekommen.
Auch am Freitag versammeln sich Dutzende Personen.
Die Polizei beendet den nicht genehmigten Protestzug und verhängt Bußgelder.
Freiberg. In Freiberg hat es am Freitag erneut Proteste gegen die aktuelle Corona-Politik gegeben. 30 Personen drohe nun jeweils ein Bußgeld in Höhe von 250 Euro, teilte die Polizei mit. Wegen der dramatischen Lage im Freistaat sind gemäß der sächsischen Corona-Notfallverordnung derzeit nur Versammlungen mit höchstens zehn Menschen erlaubt - und nur an einem festen Ort.
Gegen 17.45 Uhr habe sich eine mittlere zweistellige Anzahl von Teilnehmern am Albertpark versammelt, teilte die Polizei mit. "Die Polizisten sprachen diese an und wiesen sie auf die geltenden Beschränkungen, die sich aus der Sächsischen Corona-Notfallverordnung ergeben, hin." Ungeachtet dessen hätten sich einige von ihnen gegen 18 Uhr in Bewegung gesetzt und seien über die Gehwege in Richtung Bahnhof gelaufen. Gegen 18.15 Uhr stoppten die Einsatzkräfte den Aufzug und umschlossen die Teilnehmer, wie es weiter hieß.
Demonstration gegen Corona-Maßnahmen in Dresden geplant
Bereits am vergangenen Montag hatten sich vielerorts in Sachsen wiederholt Gegner der Corona-Politik bei nicht angemeldeten Demonstrationen versammelt. In Chemnitz und Freiberg (Landkreis Mittelsachsen) etwa waren Hunderte von ihnen durch die Straßen gezogen.
Die Polizei in Dresden bereitet sich derweil auf einen Polizeieinsatz wegen einer geplanten Demonstration am Montag gegen die Corona-Maßnahmen vor dem sächsischen Landtag vor.
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Mitteldeutscher Rundfunk, 04.12.2021:
"Alte Bekannte" mobilisieren für Anti-Corona-Proteste
04.12.2021 - 05.00 Uhr
Spazieren gehen gegen Corona-Maßnahmen. Das klingt harmlos. Allerdings: Oft mobilisieren Akteure aus rechtsextremen Kreisen für die Proteste. Zum Teil sind sie schon vor der Pandemie aufgefallen, auch dem Verfassungsschutz - etwa mit Hass und Hetze gegen Flüchtlinge. Wer sind die Köpfe, denen Corona neuen Aufwind verspricht - und wie verbreiten sie ihre Botschaften?
Fast täglich gehen derzeit in irgendeiner mitteldeutschen Stadt Menschen spazieren. Nicht zufällig, um sich die Beine zu vertreten, hier versammelt sich eine Mischung aus Corona-Leugnern, mit der Pandemie-Bewältigung Unzufriedenen, Reichsbürgern, Rechtsextremen. Oft ist die Teilnehmerzahl überschaubar, manchmal sind es ein paar hundert Menschen. Die öffentliche Wirkung auch über Mitteldeutschland hinaus ist dennoch groß.
Die Unzufriedenheit mit den Corona-Maßnahmen kann derzeit wohl am besten die Kleinstpartei "Freie Sachsen" für sich nutzen. Seit dem Sommer beobachtet der sächsische Verfassungsschutz die Partei um den Chemnitzer Martin Kohlmann. Aus Sicht der Behörde hat sich die rechtsextremistische Gruppierung als "Mobilisierungsmaschine der Protest-Szene in Sachsen fest etabliert". Sie stehe zudem für die zunehmende Gewaltbereitschaft der Proteste.
"Freie Sachsen" mobilisieren bei Telegram
Ihre Wirkung entfaltet die Partei vor allem über den Messenger-Dienst Telegram. Neben dem Hauptkanal mit rund 90.000 Mitgliedern gibt es mehrere Unterkanäle für die verschiedenen Regionen, beispielsweise das Erzgebirge (rund 7.700 Mitglieder), Mittelsachsen (rund 3.300 Mitglieder) oder das Vogtland (rund 1.600 Mitglieder). Wobei die Mitgliederzahl nur ein Indikator ist. Denn die Kanal-Inhalte kann jede Person mit einem Telegram-Account sehen.
Wie weit sich die Posts zu den "Spaziergängen" verbreiten, zeigt eine Liste vom 28. November, auf der Protest-Veranstaltungen in sächsischen Orten zusammen gefasst sind. Der Eintrag wurde von rund 260.000 Nutzern alleine auf dem Hauptkanal angeschaut. In dem Post heißt es zwar, dass "Freie Sachsen" nicht die Organisatoren seien, durch die Veröffentlichung erzeugten sie aber eine enorme Öffentlichkeit. Zudem kursierten Listen zu einzelnen "Spaziergängen" in regionalen Telegram-Kanälen, etwa für Mittelsachsen. In anderen regionalen Kanälen wurden im Nachgang Videos oder Berichte der "Spaziergänge" geteilt.
Kulturbüro: Auch Pegida dabei
Dass die Kleinstpartei ihren Einfluss zuletzt ausbauen konnte, beobachtet auch Michael Nattke vom Kulturbüro Sachsen. "Noch im Frühjahr waren die Freien Sachsen lokal auf das Erzgebirge beschränkt. Inzwischen mobilisiert die Gruppe erfolgreich in ganz Sachsen zu Anti-Corona-Protesten." Neben den rechtsextremen "Freien Sachsen" beobachtet Nattke, dass sich auch einflussreiche Pegida-Anhänger auf die Seite der Protestbewegung geschlagen haben.
"Anfangs war es sogar eher so, dass Pegida strengere Maßnahmen gegen Corona gefordert hat. Inzwischen verbreiten auch bekannte Pegida-Akteure die Aufrufe zu den Protesten." Auffallend aus seiner Sicht: Dass die meisten Wortführer "alte Bekannte" seien.
"Pro Chemnitz"-Mitglieder steuern "Freie Sachsen"
So wie etwa Martin Kohlmann, der Vorsitzende der "Freien Sachsen". Der Rechtsanwalt sitzt seit Jahren für die rechtsextremistische Wählervereinigung "Pro Chemnitz" im dortigen Stadtrat. Bundesweit bekannt wurde er 2018 - damals führte er die Proteste in Chemnitz nach dem tödlichen Streit auf dem Stadtfest mit an. Der Verfassungsschutz attestierte ihm, tief in der rechtsextremistischen Szene verwurzelt und dort schon langjährig aktiv zu sein.
Kohlmann tritt oft bei Veranstaltungen als Redner auf. Zusammen mit Stefan Hartung, dem stellvertretenden Vorsitzenden von "Freie Sachsen", nimmt er zudem regelmäßig Videos auf - die wiederum bei YouTube und in anderen Sozialen Netzwerken verbreitet werden.
Auch Hartung ist in der rechten Szene schon lange aktiv: Für die NPD sitzt er im Stadtrat von Aue / Bad Schlema und ist auch Kreisrat im Erzgebirgskreis. Hartung hat einen eigenen Telegram-Kanal, auf dem er Termine von Corona-Protesten verbreitet. Hartung trat bereits früher in Erscheinung, damals allerdings zu einem ganz anderen Thema. 2013 organisierte er in Schneeberg Fackelläufe gegen die Unterbringung von Geflüchteten - und erregte mit den Demonstrationen bundesweit Aufmerksamkeit.
Etwas aus der Reihe fällt der Plauener Busunternehmer Thomas Kaden. Er war bis zum vergangenen Jahr nicht öffentlich mit Rechtsextremisten in Berührung gekommen. Doch dann fing er an, Querdenker mit seinen Bussen zu Demos in ganz Deutschland zu fahren - bis ihm das von den Behörden untersagt wurde. Kohlmann vertrat Kaden dann als Anwalt. Und Kaden wurde Anfang des Jahres zweiter stellvertretender Vorsitzender von "Freie Sachsen".
Wendler, Schiffmann, Compact: Prominente Unterstützung
Auch überregional bekommen die "Freien Sachsen" Unterstützung - von prominenter Seite: So teilte der ehemalige Schlagersänger und spätere Impf-Gegner und Verschwörungstheoretiker Michael Wendler die Liste der Partei zu den einzelnen "Spaziergängen". Allein dieser Post erreichte mehr als 35.000 Nutzer. Wendler teilt regelmäßig Posts der rechtsextremistischen Gruppierung "Freie Sachsen". Gleiches bei Bodo Schiffmann, der vielleicht prominenteste Querdenker - er teilte die Versammlungsliste, die alleine im Kanal "Alles außer Mainstream" fast 50.000 Nutzer sahen.
Und auch im Telegram-Kanal des rechten Magazins Compact wurde der Post geteilt. Compact schickte nach eigenen Angaben zudem ein Reporter-Team zu den Protesten in Sachsen, Compact-Chef Jürgen Elsässer schrieb später den entsprechenden Artikel.
Lutz Bachmann teilt die Freien Sachsen
Und auch ein anderer bekannter Akteur der rechten Szene verbreitet inzwischen Aufrufe zu Corona-Protesten und geht auch selbst spazieren - etwa am letzten Novembermontag durch Dresden: Lutz Bachmann, der Gründer der rassistischen Organisation Pegida. Der wegen Volksverhetzung verurteilte Bachmann ist durch seine Tätigkeit als "Kopf" von Pegida enorm bekannt und gut vernetzt. Seinen Telegram-Kanal haben knapp 9.000 Nutzer abonniert. Darin teilte Bachmann jüngst auch Beiträge der "Freien Sachsen", etwa das Video eines Spaziergangs im erzgebirgischen Zwönitz. In geteilten und selbst verfassten Beiträgen zieht der gebürtige Dresdner Corona-Maßnahmen und die Spitzen der etablierten Parteien ins Lächerliche und erklärt, wir lebten in einer Diktatur.
Noch weiter östlich sind ebenfalls Corona-Skeptiker unterwegs. Schon im Winter 2020, als die Corona-Zahlen vor allem im Landkreis Bautzen durch die Decke gingen, machte der Bautzener Spielwarenhändler Veit Gähler klar: In seinem Laden sind auch all jene ohne Masken willkommen. Im Schaufenster seines Spielwarenladens liegen auch eindeutig rechtsgerichtete Literatur und Magazine. Bei Anti-Corona-Protesten tritt er als Redner auf.
Politisch aktiv sind Gähler und seine Ehefrau schon länger: 2015, das Jahr in dem die meisten Geflüchteten nach Deutschland kamen, riefen sie unter dem Motto "Wir sind Deutschland" nach dem Vorbild der gleichnamigen Plauener Bürgerinitiative zu einer Veranstaltung auf dem Bautzener Postplatz auf. Um über die "Hintergründe" der Flüchtlingsströme aufzuklären, so Gähler. Etwa zur selben Zeit erschien das rechtsgesinnte Magazin "Denkste?!". Im Impressum wird Veit Gähler als Herausgeber genannt.
Rechtsextreme kapern auch Proteste in Sachsen-Anhalt und Thüringen
Auch in den weiteren Bundesländern rufen "alte Bekannte" zu Anti-Corona-Protesten auf. Ein Beispiel: Sven Liebich in Sachsen-Anhalt. Der Rechtsextremist aus Halle wurde 2020 wegen Volksverhetzung verurteilt, zudem wird er seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet, der ihn als Agitator und Aufstachler beschreibt.
Als solcher tritt er auch in der Corona-Pandemie auf. Über seine Internetseite Halle Leaks und seinem Telegram-Kanal (mehr als 10.000 Abonnenten) ruft er zu Anti-Corona-Demos in Halle und anderen Städten in Sachsen-Anhalt auf. Zudem teilt er Inhalte der "Freien Sachsen".
Tommy Frenck, ehemaliger NPD-Politiker aus Südthüringen, heute Kreistagsabgeordneter fürs Bündnis Zukunft Hildburghausen, macht sich als neonazistischer Aktivist weiterhin einen Namen. Bevor sein Lokal "Goldener Löwe" im Ort Kloster Veßra im Mai 2021 brannte, konnte man dort, immer am 20. April (Hitlers Geburtstag), ein "Führerschnitzel" bestellen - zum Preis von 8,88 Euro. Die Zahl 88 steht als Symbol für Heil Hitler. Neben offensichtlich rechtsradikalen Ansichten werden auf dem Telegram-Kanal des Thüringers auch Aufrufe zu Warnstreiks, "Spaziergängen" oder Protesten gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesrepublik geteilt - gerne auch Inhalte der "Freien Sachsen".
Bildunterschrift: Die "Freien Sachsen" mobilisieren für ihre Demos bei Telegram (Archivbild).
Bildunterschrift: Stefan Hartung organisierte Fackelläufe gegen die Unterbringung von Geflüchteten.
Bildunterschrift: Lutz Bachmann behauptet, Deutschland sei eine Diktatur.
Bildunterschrift: Sven Liebich wirbt lautstark für Anti- Corona-Proteste.
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Zeit Online, 04.12.2021:
Neun Demonstrationen zum Thema Corona an diesem Wochenende
04.12.2021 - 03.00 Uhr
Frankfurt / Main (dpa/lhe). Gegner der Corona-Maßnahmen wollen an diesem Samstag (15.00) mit einem "Stadtspaziergang" in Frankfurt demonstrieren. Insgesamt sind am Wochenende neun Demonstrationen geplant - darunter auch drei Gegendemonstrationen. Das Ordnungsamt erließ umfangreiche Auflagen, um Verstöße gegen Corona-Schutzvorschriften auszuschließen. Im gesamten Frankfurter Innenstadtbereich werden Verkehrsbehinderungen und Auswirkungen auf den ÖPNV erwartet.
"Mit den verfügten Auflagen kommt das Ordnungsamt seiner Aufgabe nach, das hohe Verfassungsgut der Versammlungsfreiheit zu schützen und zu gewährleisten und gleichzeitig Gefahren abzuwehren", sagte Sicherheitsdezernentin Annette Rinn (FDP). Durch die Anordnung einer Masken-Pflicht und von Mindestabständen sowie durch die Änderung der Demo-Routen werde den Regeln zur Eindämmung der Pandemie Rechnung getragen. Die Polizei werde gegen etwaige Auflagenverstöße verhältnismäßig und konsequent vorgehen. Bei ähnlichen Versammlungen an den beiden vergangenen Samstagen waren Verstöße gegen die Abstands- und Masken-Pflicht festgestellt worden.
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