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Neue Westfälische Online , 05.09.2023 :

In Handschellen zum Gericht: Mutmaßlicher Reichsbürger aus Enger erneut zu Haftstrafe verurteilt

05.09.2023 - 12.00 Uhr

Ein polizeibekannter Engeraner, der im Verdacht steht, der Reichsbürger-Szene anzugehören, steht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vor Gericht.

Claus Frickemeier

Enger / Herford. In Hand- und Fußfesseln wird ein polizeibekannter 42-Jähriger aus Enger dem Herforder Amtsgericht überführt und in den Gerichtssaal gebracht. Der mutmaßliche Reichsbürger hält Polizei und Justiz seit Jahren in Atem und wird nun abermals zu einer Haftstrafe verurteilt - ohne Bewährung.

Mit einem Arbeitskombi bekleidet nimmt der Mann auf der Anklagebank vor Amtsrichter Tobias Bergmann Platz. Dass er an diesem Tag überhaupt zum Prozess erschienen ist, dürfte daran liegen, dass er einige Tage vorher festgenommen wurde. In der Vergangenheit hatte sich der Angeklagte nämlich mehrfach geweigert, zu seinen Prozess-Terminen zu erscheinen. Um das neu angesetzte Verfahren sicherzustellen, hatte sich das Gericht dazu entschlossen, den mutmaßlichen Reichsbürger aus der Haft vorführen zu lassen.

Die aktuelle Anklage lautet auf vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis. Am 26. Oktober 2022 sei der Engeraner von der Polizei dabei erwischt worden, als er in Enger mit einem Motorroller unterwegs war - ohne dazu die nötige Fahrerlaubnis zu haben. Auch seien die Kennzeichen für das Kraftrad nicht ausgegeben worden, so dass auch noch eine Urkundenfälschung im Raum stand. Während der letzte Punkt nicht mehr zur Debatte stand und auf das zu erwartende Strafmaß keinen nennenswerten Einfluss gehabt habe, - da waren sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht einig - blieb der Vorwurf des vorsätzlichen Fahrens ohne Führerschein.

Der Vorwurf: Fahren ohne Fahrerlaubnis

Vor Gericht zeigt sich der Angeklagte reumütig und räumt die Vorwürfe über seinen Rechtsbeistand ein. Vorsätzlich will er die Tat aber nicht begannen haben, vielmehr habe er das Fahrzeug aus Versehen falsch versichert und sei sich nicht im Klaren darüber gewesen, dass er den Motorroller nicht hätte fahren dürfen. Der Engeraner, der sich nach eigenen Angaben erst kürzlich mit einem Hausmeisterservice selbstständig gemacht haben will, sei zu seinen zahlreichen Verhandlungsterminen in ähnlich gelagerten Fällen nicht erschienen, da er den Kopf in den Sand gesteckt habe.

Für Polizei und Justiz ist der 42-Jährige indes kein Unbekannter: Zwölf Eintragungen in seinem Führungszeugnis hat er bereits wegen einschlägiger Taten erhalten. Neben zigfachen Fahrens ohne Fahrerlaubnis wurde er auch wegen gefährlicher Körperverletzung, Steuerhinterziehung und Urkundenfälschung verurteilt und hat eigenen Angaben zufolge bislang schon eineinhalb Jahre in Haft verbracht.

Am 24. August dieses Jahres gerät der mutmaßliche Reichsbürger dann erneut ins Visier der Polizei. Im Rahmen einer Polizeikontrolle sei er erneut ohne Fahrerlaubnis unterwegs gewesen und habe schließlich Widerstand gegen Polizeibeamte geleistet, nachdem er nicht aus dem Fahrzeug aussteigen wollte, teilte die Polizei in der vergangenen Woche mit.

42-jähriger Angeklagter mit langem Vorstrafenregister

Als ein Durchsuchungsbeschluss seines Grundstückes vollstreckt werden sollte, drohte der Engeraner damit, Stromfallen mit einer Stromspannung von bis zu 230 Volt auf seinem Grundstück installiert zu haben. Die Stromfallen entpuppten sich jedoch als normaler Weidezaun, wie die Polizei feststellte (die NW berichtete).

Doch dieses Verfahren war nicht Gegenstand der jetzigen Verhandlung vor dem Herforder Amtsgericht, in der es ausschließlich um die unerlaubte Fahrt mit dem Motorroller geht. Auf Grund der Vorgeschichte des Engeraners beantragt die Staatsanwaltschaft trotz des Geständnisses eine Haftstrafe von neun Monaten - und zwar ohne Bewährung. Rechtsanwalt Sven Peters hingegen bittet das Gericht um eine milde Geldstrafe. Schließlich passiere so eine Tat nahezu tagtäglich, da sei eine Haftstrafe - noch dazu ohne Bewährung - weder tat- noch schuldangemessen.

Das sieht Amtsrichter Tobias Bergmann anders und verurteilt den 42-Jährigen zu einer Haftstrafe von drei Monaten ohne Bewährung. Zwar habe sich der Angeklagte relativ einsichtig gezeigt und auch geständig eingelassen, allerdings sei er strafrechtlich umfangreich und erheblich vorbelastet, so dass eine Haftstrafe, die auch verbüßt werden muss, unabdingbar sei. Die Chance, das letzte Wort zu nutzen, ergriff der Angeklagte nicht.

Seine Begründung: "Mir fällt einfach nichts ein, ich bin noch desorientiert von der letzten Haftwoche." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Bildunterschrift: Der Angeklagte mit seinem Rechtsanwalt, Sven Peters, auf dem Weg in Saal 001 des Herforder Amtsgerichts.

Bildunterschrift: Vor dem Herforder Amtsgericht wurde der 42-jährige Engeraner zu einer dreimonatigen Haftstrafe verurteilt.

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Am 4. September 2023 verurteilte das Amtsgericht Herford wegen Fahrverstößen den am 24. August 2023 in Hauptverhandlungshaft genommenen (42 Jahre alten) "Reichsbürger", zu drei Monaten Freiheitsstrafe.

Am 4. September 2023 fand vor dem Amtsgericht Herford ein Prozess gegen einen (am 24. August 2023) in Hauptverhandlungshaft genommenen 42-jährigen "Reichsbürger" aus Enger wegen Fahrverstößen statt.

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